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Städte und Gemeinden im (Klima-)Wandel

Was brauchen Städte und Gemeinden um Klima, Menschen und Jobs zu schützen?


„Mehr Geld!“ wäre eine naheliegende und auch zutreffende Antwort. Ganz so einfach machen wir es uns aber nicht. Im Rahmen einer Veranstaltung der younion _ Die Daseinsgewerkschaft wurde kürzlich eine Studie der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung präsentiert. Diese hat sich intensiv mit den Bedürfnissen der österreichischen Städte und Gemeinden sowie ihrer Beschäftigten in Sachen Klimakrise auseinandergesetzt.

Am 27. November fand in der younionHALL die Präsentation der ÖGPP-Studie zur Rolle der österreichischen Städte und Gemeinden in der Klimakrise statt. Moderatorin Anna Maria Reich-Kellnhofer führte durch den spannenden Abend. Nach einer Begrüßung durch Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, machten die Studienautor:innen auf die Dringlichkeit des Handelns aufmerksam. Demnach haben Städte und Gemeinden zwar zahlreiche Handlungsmöglichkeiten, finden aber oftmals nicht die richtigen Rahmenbedingungen vor. Zudem fehlt es an finanziellen Mitteln. Auf die Rahmenbedingungen ging auch Bundesministerin Leonore Gewessler in ihrem Statement ein und forderte Haus- und Sachverstand bei der Bekämpfung der Klimakrise ein. An der anschließenden Diskussion nahmen neben Thomas Kattnig und Leonore Gewessler auch Stadtrat Jürgen Czernohorszky, Lukas Oberndorfer von der Arbeiterkammer Wien und Alexander Maimer vom KDZ-Zentrum für Verwaltungsforschung teil. Im Rahmen der Diskussion war man sich einig, dass den Beschäftigten in der öffentlichen Daseinsvorsorge eine zentrale Rolle in der Transformation unserer Wirtschaft eingeräumt werden muss – schließlich werden 70% der Klimaschutzmaßnahmen und 90% der Klimawandelanpassungsmaßnahmen auf der lokalen und regionalen Ebene umgesetzt.

Nachhaltige Jobs müssen auch gute Jobs sein!

Thema im Rahmen der Veranstaltung war auch die Qualität der Arbeitsplätze. Viele Berufsbilder in der öffentlichen Daseinsvorsorge – von Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, öffentlicher Verkehr und Energie über Müllbeseitigung, Pflege, Gesundheit bis zu Bildung – sind schon jetzt nachhaltige, sogenannte „Green Jobs“. Nachhaltige Jobs sind jedoch nicht automatisch auch gute Jobs. Als Gewerkschaften müssen wir uns dafür einsetzen, dass Nachhaltigkeit immer auch mit guten Arbeitsbedingungen einhergeht. Auf der europäischen Ebene wurde daher das Konzept der Just Transition, des gerechten Übergangs, geschaffen. Damit ist gemeint, dass bei den Veränderungen am Arbeitsmarkt niemand zurückgelassen werden darf und bei allen klimapolitischen Handlungen die Beschäftigten im Mittelpunkt stehen müssen. Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft und Mitglied des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) setzt sich seit Jahren auch auf europäischer Ebene für einen solchen gerechten Übergang ein. „Die Beschäftigen in den Städten und Gemeinden setzen sich täglich für ein gutes Leben und ein klimaneutrales Europa ein. Es ist unsere Aufgabe, ihnen qualitätsvolle Arbeitsplätze zu bieten, mit anständiger Entlohnung und guten Perspektiven. Dafür brauchen wir sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene entsprechende Rahmenbedingungen“, so Kattnig

Strukturen schaffen

Tatsächlich gibt es unzählige Beschäftigte in den Städten und Gemeinden, die motiviert sind, Maßnahmen zu setzen. Sie stoßen aber oftmals an ihre Grenzen. Was es daher braucht, sind geeignete Rahmenbedingungen, die die kommunale Ebene handlungsfähig machen. Dazu zählt neben einem wirksamen Klimaschutzgesetz auch die Schaffung von klaren Kompetenz- und Aufgabenverteilungen. In vielen Bereichen wie dem öffentlichen Verkehr, aber auch dem Management von Naturkatastrophen ist die Aufteilung der Aufgaben komplex und unübersichtlich. Hier wäre der im November neu verhandelte Finanzausgleich, der die Verteilung von Mitteln und Kompetenzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden regelt, eine Chance gewesen. Schon lange raten Expert:innen, die Kompetenzen neu zu ordnen und die Verteilungsschlüssel anzupassen. Gemeinden haben in den letzten Jahren unzählige neue Aufgaben übertagen bekommen, und nun sollen sie auch noch den Klimaschutz stemmen. Dass dafür nicht ausreichend Mittel vorhanden sind, liegt auf der Hand.

Investitionen für die Zukunft

Erst kürzlich hat eine Studie im Auftrag der AK ergeben, dass alleine für die Umrüstung des bestehenden öffentlichen Vermögens (beispielsweise für die Modernisierung von Schul- und Amtsgebäuden, Spitälern und öffentlichen Fuhrparks) zusätzlich rund 37 Milliarden Euro notwendig sind. Und darin ist noch nicht einmal der außerdem dringend notwendige weitere Ausbau, bspw. des öffentlichen Verkehrs, berücksichtigt. Ein großer Teil der anstehenden Investitionen wird auf der kommunalen Ebene stattfinden. Das betrifft zum Beispiel den Bereich des energieeffizienten Bauens und Sanierens. In Österreich werden etwa 33 Prozent des Endenergieverbrauchs im Gebäudebereich verursacht, wobei die größten Einsparungen in Altbauten möglich sind. Die gerade in Verhandlung befindliche europäische Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden wird besonders für öffentliche Gebäude neue Vorgaben für Sanierungen, aber auch für Neubauten bringen. Diese Maßnahmen sind wichtig, um die nationalen und europäischen Klimaziele zu erreichen und zeigen, wie eng die lokale mit der nationalen und europäischen Ebene zusammenhängt.

Für ein grünes Europa

Auf europäischer Ebene wurde bereits vor längerer Zeit der sogenannte „Green Deal“ ausgerufen, der Europas Weg zu einem klimaneutralen Kontinent vorgibt. Zahlreiche Maßnahmen konnten bereits umgesetzt werden, doch gerade wenn keine Profitinteressen im Spiel sind, stockt die Umsetzung. Das sieht man aktuell auch an den Verhandlungen zum EU-Renaturierungsgesetz, welches inzwischen deutlich verwässert wurde. Die im Juni 2024 stattfinden Wahlen zum Europäischen Parlament sind daher auch eine Weichenstellung in Sachen sozial verträglichem Klimaschutz. Sie entscheiden darüber, wie schnell und umfangreich die Maßnahmen erfolgen und welche Rolle den Beschäftigten eingeräumt wird. Denn nur wenn wir die Transformation aktiv mitgestalten, können wir sicherstellen, dass sie nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer:innen und wirtschaftlich Benachteiligten ausgetragen wird.

Als younion _ Die Daseinsgewerkschaft haben wir auf Basis der präsentierten Studie nun 15 Forderungen ausgearbeitet, um Städte und Gemeinden zukunftsfit zu machen und ihren Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen zu bieten. Eine ausreichende Finanzierung der kommunalen Ebene sowie Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, um den Personalnotstand zu bekämpfen, sind dabei genauso wichtig wie ausreichende Investitionen und ein Ausbau der Leistungen der Daseinsvorsorge insgesamt (bspw. im Bereich öffentlicher Verkehr, erneuerbare Energie, Klimaanpassung). Um die Auswirkungen der Klimakrise wirksam bekämpfen zu können, braucht es zudem eine ambitionierte Klimapolitik, die einen sozial gerechten Übergang sicherstellt, niemanden zurücklässt und die kommunale Ebene stärkt. Dafür werden wir auch weiterhin kämpfen.