Infomailing 25.09.2023
Warum wir uns mit der Klimakrise beschäftigen
Vergangene Woche fand der 14. Weltklimastreik statt. Tausende Menschen gingen auf die Straße, um sich für eine ambitioniertere Klimapolitik einzusetzen und die Regierung in die Pflicht zu nehmen. Schließlich verfehlt Österreich regelmäßig seine Klimaziele und hat bis heute kein wirksames Klimaschutzgesetz. Was in der aktuellen Diskussion jedoch oftmals untergeht ist die wichtige Rolle, die Städte und Gemeinden und ihre Beschäftigten bei der Bekämpfung der Klimakrise spielen.
Städte und Gemeinden brauchen mehr Mittel für Klimaschutz
70 Prozent der Klimaschutzmaßnahmen und 90 Prozent aller Anpassungsmaßnahmen werden auf lokaler und regionaler Ebene umgesetzt. Der Schutz unserer Lebensgrundlagen und die Anpassung an die Auswirkungen der Klimakrise betreffen Entscheidungen und Handlungen in nahezu allen Zuständigkeitsbereichen der Städte und Gemeinden. „Vom öffentlichen Verkehr über die Wasserversorgung bis zu einer nachhaltigen Raumplanung liegen viele Kompetenzen bei der kommunalen Ebene. Um diese wichtigen Aufgaben zu erfüllen und notwendige Investitionen zu tätigen, braucht es aber eine entsprechende Finanzierung, die bisher nicht sichergestellt ist“, mahnt Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft. In einer aktuellen Studie im Auftrag der Arbeiterkammer Wien haben Forscher:innen berechnet, dass für den Umbau unserer Wirtschaft öffentliche Investitionen von rund 68 Milliarden Euro notwendig sind. Ein großer Teil dieser Investitionen wird von der kommunalen Ebene zu stemmen sein. Bei den aktuell laufenden Finanzausgleichsverhandlungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden muss dieser Umstand berücksichtigt und mehr Mittel für die Bekämpfung der Klimakrise zur Verfügung gestellt werden.
Beschäftigte müssen geschützt werden
Klimapolitische Maßnahmen lassen oftmals die Beschäftigten außer Acht. Viele Arbeitsplätze in der öffentlichen Daseinsvorsorge sind nachhaltige, sogenannte „Green Jobs“. Daher ist es wichtig, Städte, Gemeinden und ihre Beschäftigten in ihrer wichtigen Funktion zu stärken. Es braucht ausreichend Ausbildungsplätze und neue Arbeitsplätze. Gleichzeitig müssen vorhandene Arbeitsplätze an die Klimakrise angepasst werden. Gerade in größeren Städten nimmt die Zahl der Hitzetage kontinuierlich zu. Dies bedeutet auch ein höheres Krankheitsrisiko, denn steigende Temperaturen führen zu vermehrten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, psychischen Beeinträchtigungen und reduzierter Leistungsfähigkeit. In Österreich wurden im Sommer 2022 über 400 Hitzetote verzeichnet, in ganz Europa waren es rund 60.000. Die genannten Belastungen beeinflussen wiederum die Arbeit von Berufsgruppen in den Sozial- und Gesundheitsdiensten massiv. Höherer Arbeitsdruck und Stress sind die Folge. Die verstärkt auftretenden Naturkatastrophen wie Hochwasser, Lawinen und Murenabgänge werden mehr und mehr zur Normalität und führen so zu einer höheren Arbeitsbelastung für Menschen, die im Katastrophendienst arbeiten. Auch alle Berufsgruppen, die ihren Dienst vorrangig im Freien ausüben, erfahren durch die steigenden Temperaturen eine höhere Belastung. Hier braucht es Maßnahmen wie hitzefrei ab gewissen Temperaturen und eine genaue Überwachung, dass solche Vorgaben eingehalten werden.
Die Klimakrise betrifft uns alle – aber nicht alle gleich stark
Reiche schaden durch ihren Lebensstil dem Klima deutlich mehr als Arbeitnehmer:innen. Zugleich bietet ihr Reichtum ihnen die Möglichkeit, sich besser vor den negativen Folgen der Klimakrise zu schützen. Wer es sich leisten kann, aus von Naturkatastrophen bedrohten Gegenden einfach wegzuziehen oder in den Luxusurlaub zu „fliehen“, kommt leichter mit den Folgen der Krise klar. Es sind vor allem die Arbeitnehmer:innen, die unter den Folgen der Krise leiden. Damit auch sie vom notwendigen Umbau unseres Wirtschaftssystems profitieren, brauchen wir eine Just Transition, also einen gerechten Übergang, der von Beschäftigten und ihren Gewerkschaften aktiv mitgestaltet wird.
Letztlich müssen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise die Arbeitnehmer:innen in den Mittelpunkt stellen. „Die Klimakrise stellt uns vor noch nie dagewesene Herausforderungen, die einen Umbau unserer Wirtschaft erfordern. Als Gewerkschaft setzen wir uns für einen gerechten Übergang ein. Das bedeutet, dass wir die Klimakrise als Chance sehen, die Arbeits- und Lebenssituation der Arbeitnehmer:innen zu verbessern. Durch Maßnahmen wie Aus- und Weiterbildungsoffensiven, Jobgarantien und Umschulungen müssen wir sicherstellen, dass niemand zurückgelassen wird. Zugleich müssen wir darauf achten, dass es nicht die Arbeitnehmer:innen sind, die die Kosten der Klimakrise tragen. Da das kein Selbstläufer ist, müssen wir als Gewerkschaft diesen Prozess unter Einbindung aller Betroffenen aktiv begleiten“, meint Thomas Kattnig.
Gerechter Übergang gefordert
Der Bundesvorstand der younion _ Die Daseinsgewerkschaft hat daher am 1. Dezember 2022 einen umfassenden Forderungskatalog zum Umgang mit der Klimakrise beschlossen. Darin wird klar festgehalten, dass Klimapolitik sozial gerecht sein muss und Arbeitnehmer:innen in den Mittelpunkt stellt. Dabei sollen die Maßnahmen auch helfen, die Arbeits- und Lebenssituation der Arbeitnehmer:innen zu verbessern. Unser Anspruch ist es, die Politik so mitzugestalten, dass die entstehenden Kosten und Chancen gerecht verteilt werden. Diese Verteilung muss auch einen dringend notwendigen Ausbau der Daseinsvorsorge zur Folge haben. Nur wenn Städte und Gemeinden die nötigen Mittel erhalten, um diesen Ausbau zu leisten, können die notwendigen Fortschritte erzielt werden. Zu unseren Forderungen zählen beispielsweise eine klare Strategie der Bundesregierung zur Erreichung der Klimaziele, eine ausreichende finanzielle Basis für Städte und Gemeinden, die Kopplung öffentlicher Investitionen an soziale und ökologische Kriterien, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Ausstattungen der öffentlich Bediensteten sowie der Ausbau der öffentlichen Personenverkehre. Klar ist, dass wir als Gewerkschaft niemanden zurücklassen und für einen sozial gerechten Übergang kämpfen. Denn Klimapolitik und Sozialpolitik sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Um dich über unsere Aktivitäten zu informieren haben wir nun auch eine eigene Klima-Website (www.younion.at/klima) gestartet. Dort werden unsere gewerkschaftlichen Forderungen dargestellt und Informationsmaterial für Betriebsrät:innen, Personalvertreter:innen und Mitglieder zur Verfügung gestellt. Diese Website stellt zukünftig eine dynamische Anlaufstelle dar, die sich laufend weiterentwickeln und wachsen wird.
Quellen:
AK Wien, younion _ Die Daseinsgewerkschaft, zeit.de;
Neue EU-Online-Gesetzgebung – Was bedeutet sie für Nutzer:innen?
In der heutigen digitalen Welt ist es von entscheidender Bedeutung, die Grundrechte der Nutzer:innen auch im digitalen Raum zu schützen. Zu diesem Zweck hat die Europäische Union bereits im vergangenen Jahr ein wichtiges Gesetzespaket auf dem Weg gebracht. Das Gesetz über digitale Dienste und das Gesetz über den digitalen Markt, kurz DSA und DMA, sollen einen sichereren digitalen Raum in der EU schaffen und zugleich gleiche Wettbewerbsbedingungen im Internet sicherstellen. In diesem Artikel werfen wir einen näheren Blick darauf, was diese neuen Regeln bedeuten und wie sie sich auf die Nutzer:innen auswirken.
DSA – Transparenz und Verantwortung für Online-Plattformen
Das Gesetz über digitale Dienste (DSA) ist laut der EU-Kommission das „wirksamste Transparenzgesetz der Welt“. Ziel der seit August geltenden Maßnahmen ist es, große Online-Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzer:innen besser zu regulieren – darunter fallen etwa Instagram, Tiktok oder Facebook. Eine vollständige Liste der betroffenen Plattformen findet ihr hier. Für diese Websites gilt zukünftig eine Reihe von neuen Regeln:
- Offenlegung von Algorithmen: Unternehmen müssen die Funktionsweise ihrer Algorithmen offenlegen.
- Einschränkung personalisierter Werbung: Websites müssen sicherstellen, dass sensible Daten wie politische Einstellungen nicht für personalisierte Werbung verwendet werden.
- Kennzeichnung von Werbung: Werbung muss eindeutig als solche gekennzeichnet sein. Zudem ist Werbung, die sich an Minderjährige richtet und auf personenbezogenen Daten basiert, künftig verboten.
- Löschen von Hassrede: Plattformen müssen illegale Hassinhalte innerhalb von 24 Stunden entfernen. Zudem müssen neue Schnittstellen für die Zusammenarbeit mit nationalen Behörden geschaffen werden.
- Risikoanalyse: Plattformen müssen jährlich eine verpflichtende Risikoanalyse durchführen, um systemische Gefahren zu finden und diese zu beseitigen.
Verstoßen Plattformen gegen die neuen Regelungen, können Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes verhängt werden. Obwohl die Regelungen im DSA gleichermaßen notwendig wie wichtig sind, gibt es auch Kritik an der Rechtssetzung. So gibt es Bedenken darüber, dass der DSA dazu führen könnte, dass Inhalte, die in einem EU-Land als illegal angesehen werden, europaweit entfernt werden müssen, was potenziell zu Konflikten führen könnte. Wenn beispielsweise die ungarische Orbán-Regierung einen regierungskritischen Inhalt aus dem Netz verbannen will, könnte diese Regelung zum Problem werden. Dennoch überwiegt bisher die Freude darüber, dass die EU in ihrer Vorreiterinnenrolle bei digitaler Gesetzgebung einen guten ersten Schritt zur Regulierung von Online-Plattformen gemacht hat.
DMA – Regulierung von „Gatekeeper“-Plattformen
Die großen Digitalkonzerne haben Grund zu feiern. 757 Milliarden Euro Umsatz haben die Online-Händler in der Europäischen Union 2020 gemacht, Tendenz weiter steigend. Bereits etwa 73 Prozent der Internetnutzer:innen in der EU kaufen über das Internet ein. Vor dem Hintergrund solcher Daten war es dringend notwendig, diesen „digitalen wilden Westen“ auf EU-Ebene zu regulieren. Das Gesetz über digitale Märkte, kurz DMA, schafft Regelungen für die so genannten „Gatekeeper-Online-Plattformen“ wie Google oder Amazon, die eine entscheidende Rolle im Binnenmarkt spielen. Diese Plattformen fungieren als wichtige Verbindungspunkte zwischen Unternehmen und Verbraucher:innen für digitale Dienste. Einige Dienste, die von Gatekeeper-Plattformen angeboten werden, sind auch im DSA geregelt, jedoch aus verschiedenen Gründen und mit anderen Arten von Bestimmungen. Die wichtigsten Regeln aus dem DMA auf einen Blick:
- Zugang: Die „Gatekeeper“ müssen fairen, diskriminierungsfreien Zugang zu den Diensten von großen Tech-Konzernen sicherstellen.
- Interoperabilität: Nachrichtenübermittlungen müssen künftig auch zwischen unterschiedlichen Kurznachrichtendiensten wie WhatsApp oder Signal möglich sein. Gleiches gilt für die Übertragungen von Bildern, Videos und Dateien zwischen Online-Portalen.
- Nutzer:innen müssen in der Lage sein, alle Apps auf ihren Geräten zu deinstallieren, die für das Betriebssystem und das Produkt nicht unbedingt erforderlich sind.
- Keine unfaire Bevorteilung: Suchmaschinen wie Google oder Bing dürfen bei Suchanfragen nicht die eigenen Konzern-Produkte automatisch vorreihen. Gleiches gilt auf Websites wie Amazon und Co. bei eigenen Produkten.
- Verwendung von Nutzer:innendaten: Personenbezogene Daten von Nutzer:innen, die Dritte erhalten, dürfen nicht von „Gatekeepern“ selbst genutzt werden.
In einer Zeit, in der der Online-Handel in der EU floriert und immer mehr Menschen digitale Dienste nutzen, sind DSA und DMA wichtige Schritte, um die Rechte der Nutzer:innen im Internet zu schützen. Unser Ziel muss nämlich klar sein: Wir brauchen ein sichereres, transparenteres und demokratischeres Internet für alle.
Quellen:
AK, Bundesministerium für Justiz, derstandard.at, Europäische Kommission, insideprivacy.com, tagesschau.de;
Plenartagung des Europäischen Parlaments – Wie wurde abgestimmt?
Die vergangene Plenartagung des Europäischen Parlaments hat von 11. bis 14. September 2023 stattgefunden. Welche Themen dabei auf der Tagesordnung standen, ist hier nachzulesen.
Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Stärkere Nutzung erneuerbarer Energiequellen
- Stärkung der EU-Verteidigungsindustrie
- Luftverschmutzung: Strengere Grenzwerte
- Europawahl 2024: 15 zusätzliche Sitze für 12 Länder
- Kritische Rohstoffe: Sicherung der eigenen Versorgung
Stärkere Nutzung erneuerbarer Energiequellen
Das Parlament sprach sich dafür aus, den Einsatz erneuerbarer Energiequellen im Einklang mit dem Grünen Deal und dem „REPowerEU“-Plan voranzubringen. So soll der Anteil erneuerbarer Energiequellen am EU-Energieverbrauch bis 2030 auf 42,5 Prozent steigen. Die Mitgliedstaaten sollten sich bemühen, den Anteil sogar auf 45 Prozent zu steigern. Durch die neuen Vorschriften werden auch die Verfahren zur Erteilung von Genehmigungen für neue Kraftwerke zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen, wie Solaranlagen oder Windkraftwerke, oder für die Anpassung bestehender Anlagen beschleunigt. Darüber hinaus sollen neue Biokraftstoffe im Verkehrsbereich die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 14,5 Prozent verringern.
Stärkung der EU-Verteidigungsindustrie
Das Parlament nahm das Gesetz für ein Instrument zur Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie durch gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsgütern an. Das Instrument wird mit einem Budget von 300 Millionen Euro finanziert und soll bis 2025 zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeiten der EU und ihrer Mitgliedstaaten beitragen. An gemeinsamen Käufen von Verteidigungsgütern muss ein Konsortium von mindestens drei Mitgliedstaaten beteiligt sein. Aus dem EU-Haushalt wird die Auftragsvergabe bis zu 15 bzw. 20 Prozent finanziert, wenn KMU oder Unternehmen mit mittlerer Kapitalisierung beteiligt sind bzw. wenn die Ukraine und die Republik Moldau Empfänger von Waffenlieferungen sind.
Luftverschmutzung: Strengere Grenzwerte
Luftverschmutzung ist nach wie vor die häufigste umweltbedingte Ursache für frühzeitige Todesfälle in der EU mit etwa 300.000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr. Vor diesem Hintergrund hat das Parlament seine Verhandlungsposition zur Verbesserung der Luftqualität angenommen. Vorgesehen sind strengere Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid. Darüber hinaus sollen die Luftqualitätsindizes europaweit harmonisiert werden und die EU-Länder Fahrpläne für bessere Luftqualität erstellen.
Europawahl 2024: 15 zusätzliche Sitze für 12 Länder
Vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen in der EU seit der Europawahl 2019 stimmten die Abgeordneten für den Beschluss des Europäischen Rates, die Zahl der Sitze im Europäischen Parlament für die nächste Wahlperiode von 705 auf 720 zu erhöhen. Die zusätzlichen Sitze werden wie folgt aufgeteilt: Zwei zusätzliche Sitze für Frankreich, die Niederlande und Spanien Je ein Sitz mehr für Belgien, Dänemark, Finnland, Irland, Lettland, Österreich, Polen, die Slowakei und Slowenien.
Kritische Rohstoffe: Sicherung der eigenen Versorgung
Elektroautos, Sonnenkollektoren und Smartphones – sie alle enthalten kritische Rohstoffe, von denen die EU derzeit abhängig ist. Darum sprach sich die Mehrheit der Abgeordneten für die Sicherung der Versorgung mit kritischen Rohstoffen aus. Die neuen Vorschriften sollen die EU wettbewerbsfähiger und unabhängiger machen und zielen darauf ab, Bürokratie abzubauen, Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern, KMU sowie die Forschung und Entwicklung zu unterstützen. Die Abgeordneten betonten darüber hinaus die Wichtigkeit von strategischen Partnerschaften zwischen der EU und Drittländern bei kritischen Rohstoffen, um die Versorgung der EU zu diversifizieren. Außerdem wollen sie Kreislaufwirtschaftsziele festlegen, um das Recycling von Rohstoffen aus Abfällen zu fördern.
Weitere Höhepunkte
In ihrer diesjährigen Rede zur Lage der Union betonte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, dass die EU seit der ersten Vorstellung ihres Programms im Jahr 2019 einen grundlegenden Wandel durchlaufen habe. In Bezug auf den Green Deal, die Dekarbonisierung der europäischen Industrie bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, kündigte sie eine Untersuchung subventionierter chinesischer E-Autos an. Außerdem soll künftig für jede neue Gesetzesinitiative eine Prüfung der Wettbewerbsfähigkeit durch ein unabhängiges Gremium durchgeführt werden. In Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI) sagte sie, dass diese die Gesundheitsversorgung verbessern, die Produktivität steigern und zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen werde. Darum müsse sichergestellt werden, dass sich KI auf menschenzentrierte, transparente und verantwortungsvolle Weise entwickle. In Bezug auf die Ukraine kündigte sie an, die Ausweitung des vorübergehenden Schutzes der EU für Ukrainer:innen und zusätzliche 50 Milliarden Euro über vier Jahre für Investitionen und Reformen vorzuschlagen. Weitere Themen, die von der Leyen in ihrer Rede ansprach, waren die Erweiterung der EU, der Umgang mit Migration, die Beziehungen zwischen der EU und Afrika, die Global-Gateway-Initiative, der Klimawandel, die Ernährungssicherheit sowie ein bevorstehender Sozialpartnergipfel im Jahr 2024.
© ÖGfE
Die nächste Plenarsitzung findet von 2. bis 5. Oktober 2023 statt.
Quellen:
Europäische Kommission, Europäisches Parlament, Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE);
UNI Global Union-Kongress 2023
Unter dem Motto „Rising Together“ fand der 6. Weltkongress des internationalen Gewerkschaftsverbandes UNI Global Union von 27. – 30. August 2023 in Philadelphia, USA, statt. Dabei kamen Gewerkschafter:innen aus insgesamt 109 Ländern zusammen, um dringende Fragen zu erörtern, die Arbeitnehmer:innen weltweit betreffen. Als Mitgliedsorganisation des Verbandes war auch younion _ Die Daseinsgewerkschaft mit einer Delegation vor Ort vertreten.
Im Rahmen des Kongresses wurden folgende Themenbereiche in zahlreichen Redebeiträge und Panel-Diskussionen erörtert und die entsprechenden Anträge allesamt angenommen:
- Strategieplan 2023-2027 – Aufbau starker Gewerkschaften für alle
UNI setzt sich für die neue Kongressperiode u.a. folgende Ziele: Gewerkschaftswachstum durch Organisierungsarbeit, Aufbau von Gewerkschaftsmacht in multinationalen Unternehmen, Schutz und Ausweitung von Kollektivverhandlungen; - Gemeinsam erheben für Frieden, Demokratie und Menschenrechte
Zu den zentralen Aktionspunkten zählen Frieden und Achtung der Menschenrechte (inkl. Arbeitnehmer:innen- und Frauenrechte), Verteidigung und Ausbau des demokratischen Raums und militärische Abrüstung; - Gemeinsam erheben gegen Ungleichheit, Rassismus und Diskriminierung
Im Fokus stehen der Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung sowie die Verteidigung und der Ausbau der Rechte von LGBTIQ+-Beschäftigten; - Änderungen der Regeln für die Rechenschaftspflicht von Unternehmen
Unternehmen müssen überall auf der Welt die Menschenrechte von Arbeitnehmer:innen respektieren, wobei Gewerkschaften im Mittelpunkt der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichtprozesse stehen; die Entwicklung von Handelsabkommen, die den Handel an verbindliche Standards knüpfen, soll unterstützt werden; - Änderungen der Regeln für eine gerechte und inklusive Weltwirtschaft
Eine nachhaltige Zukunft erfordert ein neues, inklusives und klimagerechtes Wirtschaftsmodell, mit fairer Beschäftigung und Sozialschutz für alle; dies umfasst u.a. qualitativ hochwertige Arbeitsplätze, Sozialschutz für alle, eine inklusivere Weltwirtschaft, eine faire Besteuerung der Reichen und der Unternehmen, regulierte Finanzmärkte sowie ein neues Handels- und Investitionsmodell; - Gemeinsam erheben für die Gleichstellung von Frauen durch Kollektivverhandlungen
Kollektivvereinbarungen und eine höhere Tarifabdeckung sind entscheidend für faire Arbeitsbedingungen und verringern das geschlechtsspezifische Lohngefälle; zu den Aktionspunkten zählen u.a. die Beseitigung des Lohn- und Pensionsgefälles zwischen Männer und Frauen, die Stärkung der Aus- und Weiterbildung, die Umsetzung der IAO-Übereinkommen Nr. 190 sowie der IAO-Empfehlung Nr. 206 sowie der geschlechtsspezifische Arbeits- und Gesundheitsschutz - Gemeinsam erheben für die Jugend
Im Mittelpunkt stehen insbesondere der Ansatz des lebenslangen Lernens, die Förderung der Ausbildung für die Beschäftigungsfähigkeit, der Einbezug von Jugendthemen in Verhandlungen sowie das Vorantreiben gewerkschaftlicher Teilhabe und Mitbestimmung seitens junger Menschen; - Gemeinsam erheben für menschenwürdige Arbeit in einem digitalen Zeitalter
Dabei geht es darum, die Auswirkungen der digitalen Transformation auszuhandeln, Technologiegewinne zu verteilen, Arbeitszeiten zu verkürzen, Algorithmen und digitale Prozesse transparent und frei von Diskriminierung zu gestalten, sowie um den Schutz der Privatsphäre am Arbeitsplatz und persönlicher Daten, lebenslanges Lernen und verhandelte Telearbeitsbedingungen (inkl. Zugangsrecht und psychologische Risiken); - Gemeinsam erheben für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
Betont wird die hohe Priorität der von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, das Recht auf Nichterreichbarkeit für alle Beschäftigten sowie die Notwendigkeit, geschlechtsspezifische Gewalt zu berücksichtigen; - Kräfte bündeln für eine nachhaltige Welt
Beim Übergang hin zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft müssen Gewerkschaften im Zentrum stehen – es müssen qualitativ hochwertige und sichere „grüne“ Arbeitsplätze geschaffen werden, niemand darf zurückgelassen werden; gefordert wird die vollständige Umsetzung der Pariser Klimaziele; reiche Länder sind in die Pflicht zu nehmen, die Finanzierung und Exploration fossiler Brennstoffe einzustellen;
Streiks in Hollywood: Solidarität mit Schauspieler:innen, Fernseh- und Filmautor:innen
Die UNI Global Union, die neben zahlreicher weiterer Branchen im Rahmen der UNI MEI auch Arbeitnehmer:innen aus dem Kunst-, Medien- und Unterhaltungsbereich organisiert, steht an der Seite der streikenden Unterhaltungs- und Medienschaffenden, mit denen sich auch younion _ Die Daseinsgewerkschaft bereits im Vorfeld des Kongresses in einem Schreiben solidarisch erklärt hatte.
Währen des Kongresses kam schließlich der Geschäfts- und Verhandlungsführer der SAG-AFTRA, Duncan Crabtree-Ireland, zu Wort. Er sprach v.a. über Künstliche Intelligenz (KI), die die Existenz der Schauspieler:innen zunehmend bedrohe, und forderte, dass diese explizit zustimmen müssen, wenn Aufnahmen von ihnen mittels KI weiterbearbeitet und -verwendet werden.
Auch US-amerikanische Fernseh- und Filmautor:innen streiken für eine faire Industrie im digitalen Zeitalter. Eines ihrer Hauptthemen ist die Frage, wie KI für die Produktion von Inhalten genutzt werden kann. Lowell Peterson, Executive Director der Writers' Guild of America, East, brachte es auf den Punkt, als er sagte: „Wir sollten die Technologie kontrollieren, die Technologie sollte nicht uns kontrollieren!“
Im Rahmen einer Kundgebung wurde die Solidarität mit den streikenden Schauspieler:innen, Fernseh- und Filmautor:innen weiter bekräftigt.
Auch Überarbeitung und überlange Arbeitszeiten sind in der Unterhaltungsindustrie weit verbreitet. In diesem Zusammenhang sprach Matthew Loeb, Internationaler Präsident der US-Gewerkschaft IATSE, über die innovative Vertragskampagne seiner Gewerkschaft, die mehr Ruhezeiten für die Beschäftigten erkämpft und auch durchgesetzt hat. „Da der Druck der Branche die Gesundheits- und Sicherheitsrisiken für die Beschäftigten in der Unterhaltungsindustrie weiter erhöht, müssen die Gewerkschaften durch globale Koordinierung und Tarifverhandlungen zurückschlagen und die Arbeitgeber in die Pflicht nehmen, ihrer Hauptverantwortung für einen sicheren Arbeitsplatz nachzukommen“, sagte er.
Hochkarätige Redner:innen
Neben führenden US-amerikanische Gewerkschaftsvertreter:innen sowie dem Bürgermeister von Philadelphia, Jim Kenney, wandte sich im Rahmen der Eröffnungszeremonie auch der US-Senator Bernie Sanders an die Delegierten des Kongresses.
In seiner Rede prangerte Sanders die zunehmende Ungleichverteilung von Wohlstand und Einkommen, die Eigentumskonzentration sowie die Gier und Verantwortungslosigkeit von Unternehmen und der Reichsten in unserer Gesellschaft an – in den USA besäßen drei Personen mehr Reichtum als die gesamte restliche Bevölkerung zusammen. Es sei inakzeptabel, dass so Wenige so viel haben und so Viele so wenig, und um das zu ändern, brauche es die Gewerkschaften. Er forderte ein neues Wirtschaftssystem, ein Ende der Korruption sowie dringend notwendige Maßnahmen in Hinblick auf die Klimakrise, die die Arbeitnehmer:innen weitaus härter treffe als die Reichen. Im Zusammenhang mit der Klimakrise, aber auch mit Blick auf neue Technologien und Künstliche Intelligenz müssten Arbeitsplätze weltweit transformiert werden. Ob diese Transformationsprozesse, die vor uns liegen, uns in den Autoritarismus führen oder ob sie auf internationaler Solidarität, wirtschaftlicher und sozialer Gerechtigkeit basieren werde, liege auch maßgeblich an der Gewerkschaftsbewegung und ihrer Beteiligung an diesen Prozessen. Zur vollständigen Rede.
Ruben Cortina, scheidender Präsident von UNI Global Union, verlas einen an den Kongress gerichteten Brief des US-Präsidenten Joe Biden, in dem dieser u.a. die zentrale Bedeutung der Gewerkschaften betonte, die dafür sorgten, dass Arbeitnehmer:innenrechte allen offen stehen. Die Arbeitsministerin der USA, Julie Su, wandte sich persönlich an den Kongress – sie betonte, dass die Regierung Biden hinter der Gewerkschaftsbewegung sowie dem Ziel stehe, eine Wirtschaft aufzubauen, in dem die Arbeitnehmer:innen im Zentrum stehen und niemand zurückgelassen wird. Auch eine Botschaft des brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva, der während des letzten UNI-Kongresses 2018 noch inhaftiert war und dessen Freilassung der Kongress damals forderte, wurde verlesen. Lula betonte darin die Zusammenhänge zwischen dem Kampf für Arbeitnehmer:innenrechte, gegen den Klimawandel und Ungleichheit, und hob die Bedeutung eines globalen Schulterschlusses für eine neue soziale Ordnung hervor.
Wahl des UNI-Führungsteams
Christy Hoffman wurde einstimmig als Generalsekretärin wiedergewählt, der Australier Gerard Dwyer wurde – ebenso einstimmig – zum neuen Präsidenten der UNI Global Union gewählt.
„Zu viele Menschen auf dieser Welt werden zurückgelassen. Und das werden wir ändern“, versicherte Hoffman. „Wir müssen weiterhin die Forderung nach gemeinsamem Wohlstand, nicht nach grotesker Ungleichheit, nach Frieden und Demokratie, nicht nach Faschismus oder Krieg, nach Würde am Arbeitsplatz, sicheren, grünen Arbeitsplätzen und Gewerkschaften für alle wiederholen.“
Mit Blick auf die vor ihm liegende Amtszeit sagte Dwyer: „Wir müssen uns organisieren, Unternehmen zur Rechenschaft ziehen, arbeitende Menschen bei der Bewältigung des Klimawandels unterstützen und menschenwürdige Arbeit schaffen. Eine menschenwürdige Arbeit sollte ausreichen, um unsere materiellen und sozialen Bedürfnisse zu befriedigen, z. B. die Möglichkeit, für die Menschen zu sorgen, die wir lieben.“
Quellen:
UNI Global Union, younion _ Die Daseinsgewerkschaft;