Zwei-Klassen-Daseinsvorsorge verhindern
Europäisches Sozialmodell sichern und ausbauen
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) fordert in einer neuen Stellungnahme, dass die Rolle der öffentlichen Daseinsvorsorge für sozialen Zusammenhalt, Demokratie und Wettbewerbsfähigkeit anerkannt und gestärkt wird.
„Von der sicheren Energieversorgung über kommunale Dienste bis zum öffentlichen Verkehr sind wir alle jeden Tag auf diese Leistungen angewiesen. Nur durch ausreichende, langfristige Finanzierung und klare Rahmenbedingungen sichern wir den gleichberechtigten Zugang zu erschwinglicher und qualitativ hochwertiger Daseinsvorsorge. Öffentliche Dienste sind keine Konsumausgaben – sie sind Investitionen in das Vertrauen der Menschen, in soziale Gerechtigkeit und in wirtschaftliche Stabilität“, ist Thomas Kattnig, Mitglied im Bundespräsidium der younion _ Die Daseinsgewerkschaft und im EWSA, überzeugt.
Angesichts der unflexiblen fiskalpolitischen Steuerung besteht in Europa die Gefahr, dass Budgetsanierung und Sparpolitik den Blick auf wichtigere Aspekte wie Demokratie, Menschenrechte und Lebensqualität verstellen. Der EWSA zeigt auf, wo öffentliche Dienste funktionieren, Lebenshaltungskosten niedriger sind, die Demokratie stabiler und der gesellschaftliche Zusammenhalt stärker. Auch die Wettbewerbsfähigkeit und die Attraktivität des Standorts profitieren.
Deshalb dürfen Haushaltsregeln nicht zum Sparhebel gegen soziale Infrastruktur werden. „Wenn Verteidigungsausgaben mit Ausnahmeregeln finanziert werden können, dann müssen wir diese Logik auch für Investitionen in Bildung, Gesundheit, Pflege, Wohnen und Mobilität anwenden. Es ist eine Frage des politischen Willens – nicht des Spielraums. „Die Diskussion über die Zukunft der Daseinsvorsorge darf nicht zu einem Wettsparen werden, das eine zwei-Klassen-Daseinsvorsorge schafft und den sozialen Zusammenhalt gefährdet“, so Kattnig.
Die Folge wäre, dass sich die Qualität der Grundversorgung verschlechtert und qualitativ hochwertige Leistungen, jenen mit den dicksten Bankkonten vorbehalten wären. Diese Marktlogik darf keinesfalls in der öffentliche Daseinsvorsorge Einzug halten. „Wer bei den grundlegenden Leistungen für alle spart, riskiert das Vertrauen in unsere Demokratie. Daher fordern wir einen Aktionsplan der öffentliche Dienstleistungen sichert und stärkt“, betont Kattnig.
Die wichtigsten Punkte des Berichts zusammengefasst:
- Bedeutung öffentlicher Daseinsvorsorge: Der EWSA fordert einen ganzheitlichen Ansatz, der der zentralen Bedeutung moderner öffentlicher Dienstleistungen für die Förderung nachhaltigen Wohlstands und der Wettbewerbsfähigkeit Rechnung trägt.
- Zugang für alle: Daseinsvorsorge soll für alle EU-Bürger:innen unabhängig von Einkommen und Region qualitativ hochwertig verfügbar sein.
- Nachhaltige Finanzierung: Öffentliche Investitionen in die Daseinsvorsorge sind zukunftsorientiert, brauchen Flexibilität im Haushaltsrahmen und dürfen nicht durch ideologische Sparmaßnahmen gefährdet werden.
- Digitale Infrastruktur als öffentliche Pflichtaufgabe: Internet, soziale Medien und digitale Dienstleistungen müssen ausgebaut und geregelt werden, auch zur Stärkung der Demokratie. Das schafft Souveränität, Sicherheit und universellen Zugang.
- Vertrauen in Demokratie stärken durch Daseinsvorsorge: Gute öffentliche Dienste fördern Vertrauen in den Staat und stärken Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe.
- Sinnvoller Einsatz öffentliche Gelder: Vergaberechtsreformen, mit Fokus auf Qualität, Nachhaltigkeit und soziale Kriterien – statt Preisdumping.
- Faire Arbeitsbedingungen: Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind systemrelevant – sie verdienen Respekt, faire Löhne und gute Bedingungen.
Wenn Europa handlungsfähig, gerecht und zukunftsfähig bleiben soll, dann braucht es starke öffentliche Dienste. Investieren wir in die Menschen. Investieren wir in Europa.