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Was braucht es mehr denn je, Herr Scheuba?

Demokratie und soziale Sicherheit müssen verteidigt werden, meint Kabarettist Florian Scheuba im younited -Interview

younited: Sie sind einer der Staatskünstler, müssen sich also um nichts Sorgen machen. Wobei: Wäre es nicht doch besser, wenn sie allmählich Konzern-Künstler werden?

Florian Scheuba: Na ja, da muss man vielleicht ein prinzipielles Missverständnis klären. Die Rolling Stones sind keine rollenden Steine, die toten Hosen sind keine verstorbenen Beinkleider und die Ärzte sind auch keine Mediziner. Wir sind leider nicht im Eigentum des Staates, wir sind nicht mal subventioniert. Man kann nicht mal mehr sagen über Umwege, da es die Fernsehsendung „Wir Staatskünstler“ nicht mehr gibt.

Aber vielleicht wird es noch was. Der Pressesprecher von Udo Landbauer hat mir über X, ehemals Twitter, ausgerichtet, dass ich 2024 nur noch beim AMS auftreten kann. Daraufhin hat sich der AMS-Chef bei mir gemeldet und mich zu einem Auftritt eingeladen. Vielleicht komme ich da ja noch darauf zurück.

younited: Unser Heft steht unter dem Motto „Mehr denn je“. Was braucht die Gesellschaft momentan mehr denn je?

Florian Scheuba: Es braucht definitiv mehr Besinnung darauf, um was es geht. Um die Werte, die wir erschaffen haben, um Demokratie und die soziale Sicherheit. Denn die sind definitiv in Gefahr. Es gibt eine Partei, die dieses sogenannte System beseitigen will. Jeder, der mit einer illiberalen Demokratie liebäugelt, sollte sich sehr genau überlegen, was er da aufs Spiel setzt.

younited: Eine Seite weiter berichten wir über die Schuldenberatung der Stadt Wien. Es gibt immer mehr, die sich ihr Leben nicht mehr leisten können.

Florian Scheuba: Das liegt natürlich auch an der Inflation. Die ist teilweise weltweit bedingt, teilweise aber auch hausgemacht. Unsere extreme Energieabhängigkeit von Russland war ein schwerer politischer und wirtschaftlicher Fehler. Es ist keine fünf Jahre her, dass der Rene Benko, der Sigi Wolf, der Sebastian Kurz und der damalige OMV-Chef Rainer Seele nach Russland zu Putin aufgebrochen sind. Seele hat in einem SMS dazu geschrieben: „Wir fahren zum großen Chef.“ Ich kann nur hoffen, dass man aus solchen Dingen gelernt hat.

younited: Viele glauben, dass Österreich nicht besonders lernfähig ist.

Florian Scheuba: Es wäre unfair zu sagen, dass sich gar nichts tut. In Sachen Korruptionsbekämpfung ist schon einiges passiert. Ich habe ja viele, viele Wetten mit Bekannten gewonnen, die mir gesagt haben, dass Karl Heinz Grasser nie vor Gericht stehen wird. Und dann habe ich auch gewonnen, als er verurteilt wurde.

younited: Sind Sie schon einmal verurteilt worden?

Florian Scheuba: Der oberste Polizist Österreichs hat mich geklagt, weil ich mich über seine Ermittlungen beim Ibiza-Video lustig gemacht habe. Da findet bald wieder ein Prozess statt.

younited: In ihrem Podcast machen Sie politische Analysen und führen Interviews. Warum müssen Kabarettisten jetzt die Arbeit von Journalisten übernehmen?

Florian Scheuba: In meinem Fall ist das einfach Spaß. In der Regel suche ich mir Leute aus, die ich irgendwie auch interessant finde oder gerne mag. Mein Zugang ist ein satirischer, das ist in der Übersetzung der Dinge ganz gut. Durch Satire kann man Leute erreichen, die gewisse Sachverhalte sonst vielleicht nicht wahrnehmen würden.

younited: Wie groß ist das Team für Ihren Podcast?

Florian Scheuba: Mich unterstützt ein Techniker bei der Aufnahme, sonst mache ich alles alleine. Das ist sehr viel Arbeit, darum kann ich es auch nicht durchgehend machen. Es ist aber eine schöne Ergänzung zu meinem Hauptberuf.

younited: Warum kennen Sie eigentlich so viele Details zu den Skandalen?

Florian Scheuba: Ich bin da sehr altmodisch, schneide mir Zeitungsartikel aus und lege sie in Ordnern ab. Oft kristallisieren sich Dinge erst im Nachhinein heraus, wie wichtig sie waren. Nehmen wir den Fall Pilnacek. Es wurde bekannt, wie versucht wurde Einfluss auf ihn zu nehmen. Da muss ich daran erinnern, was im Jahr 2015 passiert ist. Da hat der Herr Pilnacek die Ermittlungen gegen Herbert Kickl unterbunden. Er hat unterbunden, dass der Herbert Kickl im Zuge der Korruptionsaffäre rund um dessen Werbeagentur „ideen.schmiede“ als Beschuldigter einvernommen wird. Die Mitarbeiter:innen von Herbert Kickl wurden verurteilt bzw. gab es Diversionen. Kickl wurde nicht einmal einvernommen.

younited: Werden Sie eigentlich oft angefeindet?

Florian Scheuba: Man darf sich nicht verschrecken lassen. Es gibt auch Versuche der Einschüchterung, klar. Manchmal ist es mühsam und unangenehm, aber Einschüchterungen wirken bei mir nicht. Es gibt ja auch sehr viele positive Reaktionen.

younited: Auch der Song zum Thema Bodenversiegelung ist sehr gut angekommen …

Florian Scheuba: Das haben wir mit sehr bescheidenen Mitteln gemacht, zum Beispiel hat meine Frau das Video mit ihrem Handy gefilmt. Wir konnten damit aber sehr viele Menschen erreichen und auf das Thema aufmerksam machen. Bei der Diskussion über Bodenversiegelung habe ich mir auch angeschaut, wer da am meisten blockiert. So bin ich auch auf Bürgermeister Alfred Riedl gestoßen. Schon vor zwei Jahren haben das Profil und die Kronen Zeitung gut recherchiert, wie er Grundstücke gekauft, ersteigert und auch geerbt hat. Durch Umwidmung und Verkauf hat er eine Million Euro verdient. Als ich darüber erneut erzählt habe, haben dann die „Presse“ und die „Wiener Zeitung“ noch mehr darüber herausgefunden.

younited: Warum engagieren Sie sich eigentlich so gegen die Bodenversiegelung?

Florian Scheuba: Da geht es um unsere Lebensgrundlage. Dort wo alles zubetoniert wird, ist der Boden für Jahrzehnte zerstört. Natürlich geht es auch um die ausgestorbenen Ortskerne, und wir wollen auch den ästhetischen Aspekt einbringen. Es ist einfach schiach.

Interessant ist auch ein Interview mit dem REWE-Boss. Er hat die viel höheren Supermarktpreise mit den vielen Supermärkten in Österreich argumentiert. Aber wozu? Österreich hat die höchste Supermarktdichte in ganz Europa. Das ist nicht notwendig, kana braucht des.

 

Über Florian Scheuba

Florian Scheuba (58) wurde als „Hektiker“ bekannt. Er steht als Solokabarettist und mit den „Staatskünstlern“ auf der Bühne (z. B. am 28.12. und 30.12. im Wiener Rabenhof). Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

 

Interview: Marcus Eibensteiner