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Pflegedienst bei 48 Grad Celsius

Auf der Intensivstation für Brandverletzte im Universitätsklinikum AKH Wien ist es das ganze Jahr lang heiß.

Verwinkelt im 13. Stock des Universitätsklinikums AKH Wien befindet sich die Intensivstation für Brandverletzte. Am Gang ist es noch ruhig, doch in der Station wuselt es schon. Das Pflegepersonal tauscht sich aus, geht von einem Raum zum nächsten. „Wir stehen in der Erstversorgung, also dem Bereich, wo Patientinnen und Patienten im Idealfall vom Unfallort direkt herkommen und erstversorgt werden. Sie werden stabilisiert, abgeduscht, die Wunden beurteilt und, wenn notwendig, direkt im Nebenraum operiert“, erzählt Gunther Fuchs und zeigt hinüber zum OP-Raum.

Seit 20 Jahren arbeitet er als Pfleger auf der Intensivstation für Brandverletzte im AKH Wien auf der Station 13i1. Sein Kollege, Matthias Bruckner, ist seit 17 Jahren an seiner Seite. An ihrem Arbeitsplatz hat es bis zu 48 Grad. Das ganze Jahr über.

Heilung im Sandbett

Bruckner erklärt: „Wenn Patientinnen und Patienten großflächig brandverletzt sind, kühlt der Körper aus und das kann vital bedrohlich werden. Deshalb braucht es diese hohen Temperaturen.“

Kommt es zu großflächigen Verbrennungen auf der Rückseite des Körpers, werden Patient:innen im Sandbett auf einer der vier Laminar-Airflow-Positionen behandelt. 700 kg Quarzsand zirkulieren durch einen Motor, wodurch ein Sandsturm entsteht. Dieser befindet sich in einer großen Wanne, die mit einem Goretex-Laken bespannt ist, worauf die Patient:innen flach liegen. „Sie brauchen einen gesicherten Atemweg. Ziel bei der Sandbett-Therapie ist, den Rücken konservativ zur Abheilung zu bringen, ohne Operation“, beschreibt Gunther.

Das Bett hat den Vorteil, dass die Wundflüssigkeit abfließt und von den Sandkügelchen aufgesaugt wird. Doch besonders wichtig ist, dass Patient:innen schmerz- und stressfrei sind.

Vier Personen benötigt

Beim Verbandwechsel werden bis zu vier Personen benötigt. Ein:e plastische:r Chirurg:in, drei Pflegepersonen und bei Bedarf ein:e Anästhesist:in. Auf jeder Seite arbeiten sie zu zweit. Sobald die Wundheilung einsetzt und es zur Deckung der Hautdefekte kommt, werden die Patientinnen und Patienten stabiler und die 48 Grad können gesenkt werden. Der Verbandwechsel dauert mit Vorbereitung bis zu zwei Stunden.

Gunther und Matthias tragen bei ihrer Arbeit in der Hitze OP-Haube, Kittel und Handschuhe. „Wenn wir bei den Patient:innen unter dem Bett stehen, ist es für den Kreislauf schon anstrengend. Wir werden aber abgelöst, wenn wir eine Pause brauchen“, erzählen die Intensivpfleger. Sobald man sich vom Bett wegbewegt, hat es wieder normale Raumtemperatur.

Offizieller Hitzearbeitsplatz

Die vier Laminar-Airflow-Positionen kommen in einer gewissen Regelmäßigkeit zum Einsatz. Die gesamte Intensivstation für Brandverletzte ist auch ein Hitzearbeitsplatz. Das heißt, dass alle zwei Jahre die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Leistungsergometrie müssen. Hier wird darauf geachtet, ob das Personal die Hitze gesundheitlich verträgt.

Strom- und Säureunfälle

„Wir haben das Privileg, so viel Mineralwasser zu trinken, wie wir wollen“ scherzt Gunther. Bei ihm und Matthias rennt eindeutig der Schmäh, „das brauchen wir auch zum Kompensieren, da wir schwerstverletzte Patientinnen und Patienten haben“, erklären die beiden.

Die Verletzungen entstehen durch Verbrennungen, Verbrühungen, aber auch durch Stromunfälle oder Kontakt mit Säuren und Laugen. Auch Patient:innen mit allergischen Reaktionen wie dem Lyell-Syndrom müssen öfter aufgenommen werden. Matthias erklärt, dass sich hierbei die oberste Schicht der Haut zu 100 % ablösen kann.

Ein starkes Team

Ein Sandbett wiegt eine Tonne. In Wien gibt es zwei davon. Eines ist immer auf Stand-by, damit die Station für den Akutfall vorbereitet ist. „Die Therapie an sich hat viele Nebenwirkungen für den Organismus, aber wir haben so viel Erfahrung damit, dass wir diese gut kompensieren können und die Kosten-Nutzen-Rechnung für Patient:innen stimmt“, verrät Gunther.

Das ganze Team ist mit vielen Schicksalen konfrontiert. „Natürlich gibt es Patientinnen und Patienten, die man nie vergisst. Da hilft vor allem das Reden mit den Kolleg:innen immens. Wir sind ein starkes Team und unterstützen einander. Darauf sind wir auch stolz“, so die Zwei.

Text:Sophie Brandl