Mama auf Zeit
Kathrin Raab ist immer in Bereitschaft. Zu ihr kommen Kinder, die schnell ein zuhause brauchen.
Ich betreue gerade Kind Nummer 18 und 19.“ Kathrin Raab ist seit viereinhalb Jahren Krisenpflegemama. Sie betreut Kinder, die schnell ein neues zuhause brauchen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, von Gewalt in der Familie bis hin zu einer Drogensucht der Eltern. „Ich bekomme einen Anruf von der MA 11, Kinder- und Jugendhilfe, und kurze Zeit später ist das Krisenpflegekind bei mir. Dementsprechend muss alles griffbereit sein, also Gewand für Null- bis Dreijährige, Spielzeug und Essen“, erklärt Kathrin Raab.
Die 37-Jährige hat auch eine leibliche Tochter und einen Langzeitpflegesohn: „Eine Voraussetzung für den Job ist, dass man selbst schon Kinder hat oder eine pädagogische Ausbildung für Kinder von 0 bis 3 Jahre vorweisen kann.“ Was man aber definitiv braucht, ist viel Geduld und Spaß mit Kindern zu spielen. Ihr Mann und sie haben gemeinsam die Ausbildung zu Krisenpflegeeltern gemacht. Ihre leibliche Tochter hat die beiden zu diesem Job gebracht: „Sie hat uns von einer Mitschülerin erzählt, die in einer WG wohnte. Daraufhin haben wir uns gleich über die Ausbildung informiert und alle Kurse besucht.“
Neben der Förderung der Krisenpflegekinder stehen viel Dokumentation sowie Besuchskontakte am Programm. Einmal in der Woche sehen die Kinder ihre leiblichen Eltern im Referat für Adoptiv- und Pflegekinder und unter Betreuung von Sozialarbeiter:innen. Vorgesehen ist, dass die jeweiligen Krisenpflegeeltern für eine Dauer von maximal zwei Monaten maximal zwei Kinder betreuen. Doch die Realität sieht oft anders aus. „Meist sind die Kinder länger hier, eines war etwa acht Monate bei mir“, erinnert sich Kathrin Raab. Das ist abhängig davon, ob die leiblichen Eltern oder weitere Verwandte die Kinder aufnehmen können. Dementsprechend sind Krisenpflegeeltern als Zwischenstation zu sehen. Im ersten Schritt soll vermieden werden, dass die Kinder direkt in einer Wohngemeinschaft untergebracht werden.
Ein Job für starke nerven
„Manche Pflegekinder machen selbst einen Drogenentzug durch und da muss die gesamte Familie mitspielen“, erzählt Raab. Schlafmangel ist hier vorprogrammiert.
Die MA 11 nimmt Rücksicht auf solche Situationen, indem sie darauf achtet, dass das darauffolgende Krisenpflegekind leichter zu betreuen ist. „Uns wird auch Supervision angeboten und die Sozialarbeiter:innen haben ein offenes Ohr für uns und unsere Familie. Daneben gibt es auch Reflexionsgespräche und bei Bedarf kann auch psychologische Unterstützung in Anspruch genommen werden“, verrät die 37-Jährige.
Kathrin Raab macht ihren Job mit Leidenschaft. „Mein Mann sagt, wir haben zwei Kinder, aber vier wohnen bei uns“, lacht sie. So kommt es auch, dass Mama, Papa, Kinder und Krisenpflegekinder gemeinsam bei der Geburtstagsfeier von Oma auftauchen. „Das Gute ist, dass ich quasi im Dauer-Home-Office bin, viel draußen unterwegs sein kann. Vor allem hat man durch den Job die Zeit, das Kind zu fördern und fordern."
Abschied mit lächeln
Wie bei jedem Job gibt es auch bei diesem Urlaubsanspruch, nur wird hier von fünf Wochen kinderfreier Zeit gesprochen. „Mittlerweile freuen wir uns, wenn die Kinder wieder bei uns ausziehen. Denn das heißt, dass sie wieder zurück zu ihrer Familie kommen, sich die Eltern stabilisiert haben oder eine Pflegefamilie gefunden wurde“, betont Raab.
Ihre Familie hat sich ein kleines Abschiedsritual ausgedacht: „Wir machen immer einen Hand- und Fußabdruck und dazu noch ein Foto von dem Kind.“
Es gibt auch jedes Jahr ein Pflegefamilien-Picknick, wo sich alle wieder treffen.
Seit zwei Jahren handelt es sich bei dem Beruf um ein Anstellungsmodell, von dem man auch finanziell leben kann. www.wien.gv.at/menschen/kind-familie/pflegefamilie www.efk.at/de/anstellungsmoeglichkeiten