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Kollege Roboterhund

Im Wiener Kraftwerk Simmering versieht ein Roboterhund seinen Dienst. Das wirft viele gewerkschaftliche Fragen auf.

Zwischen Dampf und pulsierenden Maschinen steht der smarte Roboterhund, namens „Energy Dog“ auf seinen vier Beinen und hat das Kraftwerk mit 15 Augen im Visier. „Der Roboter liefert uns ein neues Verständnis und schafft Möglichkeiten, die wir zuvor nicht hatten“, sagt Matthias Kahr, Data Scientist der Wien Energie, und öffnet uns die Tür zu einer Welt, in der Mensch und Maschine eng zusammenarbeiten. 

SCHAUT DAS US-MILITÄR MIT?

„Wenn der Roboter wie in einem Science-Fiction-Film auf einen zugeht, kann das anfangs schon Angst machen“, erzählt Kahr. Bis zu einer Reichweite von vier Metern können die Kameras des Roboters rein- und rauszoomen. 

Da kann man sich schnell bei der Arbeit beobachtet fühlen – nicht nur vom Roboter, sondern auch von der Firma Boston Dynamics, die den „Energy Dog“ entwickelt hat. Das Robotik-Unternehmen ist vor allem für seine Zusammenarbeit mit dem US-amerikanischen Militär bekannt. Der Roboter selbst wurde eigentlich für den Militäreinsatz entwickelt. Kann das US-Verteidigungsministerium oder die CIA also auf die Fotos zugreifen? Und was nehmen die Kameras genau auf? 

„Die Kameras sind auf einzelne Punkte ausgerichtet, sodass hier keine Personen fotografiert oder gefilmt werden“, versichert Alexander Hoor, Pressesprecher der Wien Energie. Laut ihm hat der Hersteller auch keinen Zugriff auf die erfassten Daten, da alle Aufnahmen verschlüsselt in der Wiener-Stadtwerke-Cloud abgelegt werden.

Die Mitarbeiter:innen im Kraftwerk haben ihre Angst verloren, als sie gesehen haben, was der Roboter tatsächlich kann, und wie man ihn selbst unter Kontrolle hält. Sie haben ihm dann sogar eine Wasserstelle und einen Schlafplatz hergerichtet“, erzählt Matthias mit einem Schmunzeln im Gesicht.

WAS DER ROBOTER SO MACHT

Matthias Kahr ist so etwas wie der Hundetrainer des „Energy Dogs“. Er kommt aus dem wissenschaftlichen Bereich und hat sich in den vergangenen Jahren auf KI und Algorithmusentwicklung spezialisiert. „Alles, was der Roboter macht, weiß er vom Menschen“, erklärt Matthias. Und weiter: „Gemeinsam mit der Belegschaft entwickeln wir Ideen, wo der Roboter helfen kann.“

Zum Beispiel hatte ein Mitarbeiter die Idee, dem „Energy Dog“ alle Standorte der Feuerlöscher beizubringen, damit er im Notfall den Weg zeigen kann. Die Funktion wurde auch bereits umgesetzt.

„Ziel ist, dass der Energy-Dog in Zukunft autonom Kraftwerksrundgänge absolvieren und Anomalien melden kann“, sagt Michaela Killian, Leiterin der Kraftwerksbetriebsführung Simmering und Donaustadt.

„Wir verwenden den Roboter zurzeitzu 80 bis 90 Prozent, um Thermographie-Bilder aufzunehmen, also Fotografien, die uns farblich zeigen, wie heiß wo etwas ist“, erklärt Matthias Kahr. Genau in diesem Moment kommt der „Energy Dog“ vorbei. Er ist mit einer Geschwindigkeit von 4 km/h selbstständig in der Anlage unterwegs. Er kann auch Stufen steigen und andere Hindernisse überwinden.

THERMOGRAPHISCHE BILDER

Der Trainings- und Arbeitsplatz des „Energy Dogs“ ist eine Anlage mit großen Hallen, in denen lange Rohrleitungen verlaufen. In ihnen strömt Dampf mit 150 bis 400 Grad. 

Der Roboter wird eingesetzt, um zu überprüfen, ob Lecks in den Rohrleitungen sind, und ob die Regelventile auch richtig arbeiten, etwas klemmt oder ausgetauscht werden muss. So liefert er kontinuierlich den Messwert, den Temperaturwert und benachrichtigt einen menschlichen Kollegen bei Abweichungen. Selbst macht er nichts.

Die Entscheidungsmacht liegt bei den menschlichen Kolleg:innen, wann und ob Anlageteile getauscht werden müssen oder, ob es repariert werden kann.

„Der Energy Dog ist ein AssistenzSystem und dient zur Unterstützung der Kolleg:innen, er ersetzt aber keinen“, versichert Pressesprecher Alexander Hoor.

Laut ihm werden im Gegenteil sogar neue Arbeitsplätze geschaffen: Data Scientists, Data Engineers und Expert:innen im Bereich Robotics gehören nun zum festen Bestandteil im Kraftwerk.

Genau das fordert younion _ Die Daseinsgewerkschaft. Denn der Digitalisierungsprozess muss sozial gerecht stattfinden. Konkret dürfen Arbeitsplätze durch Maschinen nicht ersetzt werden. Stattdessen muss der Fokus darauf liegen, bestehende Arbeitsplätze und -bedingungen zu verbessern und Arbeit zu erleichtern. Der Mensch und nicht die Maschine muss finale Entscheidungen treffen.

„Wir müssen sicherstellen, dass die Beschäftigten und die Belegschaftsvertretung bei allen Digitalisierungsschritten aktiv miteinbezogen werden. Eine erfolgreiche betriebliche Digitalisierung kann nur gelingen, wenn die Beschäftigten diese mittragen und mitgestalten“, sagt Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft.

Amazon bringt Roboter „Astro“ als Geschäftsüberwacher auf den Markt 
Auch Amazon steigt in den Markt der Überwachungsroboter ein. Der bisherige Haushaltsroboter „Astro“ soll in Zukunft als mobile Sicherheitskamera für kleine und mittlere Unternehmen dienen. 
Der Roboter lässt sich mit Sprachbefehlen steuern, kann mit einer Ausfahrhöhe von einem Meter Möbel überwinden und erfasst Flächen von 460 Quadratmetern. Schon In absehbarer Zeit könnten also mehr Überwachungsroboter zum Einsatz kommen.