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In der Sonne für den Schatten arbeiten

Wenn die Stadt flimmert, suchen viele Abkühlung im Grünen. Fabian und Petra von den Wiener Stadtgärten arbeiten in der Sonne am Schatten der Zukunft.

Der Kies knirscht unter Petra Holzschuhs Schritten, während sie mit gleichmäßigem Schwung das Laub vom Weg recht. Ein älterer Herr mit Walking-Stöcken grüßt aus der Ferne. Ihr Kollege Fabian Kühmayer winkt zurück. „Unsere Stammkundschaft. Viele interessieren sich wirklich dafür, was wir hier machen.“ Zwischen Hecken und Stauden wird getratscht, gelobt, manchmal auch genörgelt – der Türkenschanzpark ist öffentlicher Raum, Platz für jede und jeden.

Gegen den Hitzekollaps

In einer Stadt, in der die Sommertage zunehmend unerträglich werden, sind Grünanlagen längst mehr als nur Erholungsraum. „Die Stadtgärten sind das verlängerte Wohnzimmer der Wiener:innen“, betont Franz-Ferdinand Harrant, Gartenregionsleiter der Wiener Stadtgärten und zeigt auf die Wiese gegenüber.

„Früher haben wir die Rasenflächen auf fünf Zentimeter gestutzt“, erzählt Harrant. „Heute lassen wir zehn stehen – das verbessert die Verdunstung und stärkt die Biodiversität.“ Auch die Baumwahl folge dem Klima: Orientalische Säulenplatanen oder Japanische Zelkove stehen auf dem Pflanzplan, während Ahorn und Kastanie kaum mehr zum Einsatz kommen.

Nebenan bearbeitet Kollege Fabian Kühmayer eine Grünfläche mit dem Handmähgerät. „Kurze Kleidung wäre im Sommer schon angenehmer, aber beim Mähen haut‘s einem den Schmutz bis ins Gesicht“, lacht er. Fabian ist frisch ausgelernt und seit neun Monaten im Türkenschanzpark.

Achtsamer Umgang

Besonders gern schneidet er Sträucher oder setzt Sommerblumen: „Alles, was ein bisschen gestalterischer ist, macht am meisten Spaß.“ Was ihn dagegen ärgert: „Die Leute sollten mehr Rücksicht nehmen. Ihren Mist wieder mitnehmen, achtsamer mit dem umgehen, was wir pflegen."

Lange war die Arbeit der Wiener Stadtgärten unsichtbar. Parks waren einfach da – sauber, gepflegt, sicher. Doch das Bewusstsein ändert sich. „Die Menschen verstehen heute besser, dass Natur nicht steril und gestutzt aussehen muss“, sagt Petra. Der wilder wachsende Rasen, die seltener gemähten Flächen – all das wird von der Bevölkerung immer mehr begrüßt.

Schatten und Erholung

Doch was viele als entspannendes Grün erleben, bedeutet für die Gärtner:innen intensive Arbeit: Unkraut jäten, Müll einsammeln, Sträucher schneiden, Jungbäume bewässern. Letztere sind besonders empfindlich und benötigen in etwa 170 Liter Wasser pro Gießgang. Ihr Schatten wird erst in einigen Jahren zu sehen und zu spüren sein. „Wir pflanzen jetzt schon für eine Stadt, wie sie einmal sein soll“, sagt Petra.

In einer Zeit, in der Städte überhitzen und Lebensqualität zur sozialen Frage wird, ist Wien in einer privilegierten Lage: Die Wiener Stadtgärten pflegen über 1.000 Parkanlagen, die Erholung, Abkühlung, Begegnung bieten – und das täglich. Dass das so bleibt, ist dem Einsatz der Stadtgärtner:innen zu verdanken.

Doch auch bei den Wiener Stadtgärten trifft Personalmangel das Team spürbar. Wien wächst rasant, die Grünflächen, die gepflegt werden müssen ebenso – das Team hingegen nicht im gleichen Maß.

Schutzkleidung ist Pflicht

Überstunden sind Alltag, besonders in Hitzewochen. „Unsere Leute machen Schwerarbeit“, betont Harrant. „Baumschnitt mit Hebebühne, Schutzkleidung bei über 30 Grad – eine echte Herausforderung für den Körper.“

Für die Stadt der Zukunft

„Trotzdem ist es die schönste Arbeit, die ich mir vorstellen kann“, sagt Petra. Ihr Arbeitsplatz sind seit 1996 die Wiener Stadtgärten. Neben einem Haufen Erfahrung wächst dabei auch immer mehr die Verantwortung für die Zukunft.

Denn Bäume werden entscheidend sein, damit sich die Stadt nicht unbewohnbar aufheizt. Und dass man in einer Millionenstadt künftig weiterhin im Schatten großkroniger Bäume sitzen kann, ist nicht selbstverständlich. Es ist ein Privileg, das ohne engagierte Hände schnell verwelken könnte.

Text: Katrin Kastenmeier