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Gezielt suchen!

Wer gutes Personal will, muss auch etwas tun!

Bei Barbara Mühl und Thorid-Viktoria Popovits hat es bestens funktioniert.

Der Wiener Töchtertag brachte Barbara als Technikerin in die Verbrennungsanlage.

Wir schreiben zwar das 21. Jahrhundert, trotzdem sind Frauen in technischen Berufen noch in der Unterzahl. Doch was genau macht eine Karriere in einem doch noch männerdominierten Feld so spannend?

Barbara Mühl ist erst 28 Jahre alt und arbeitet seit 13 Jahren bei Wien Energie. Als Schichtarbeiterin in der Müllverbrennungsanlage Spittelau hat sie eine Lehre als  Elektroanlagen- und Betriebstechnikerin gemacht. Sie ist eine von zwei Frauen im Schichtbetrieb. „Es ist anstrengend, ich werde es nicht schönreden“, sagt die Wienerin. Mühl ist für den Erhalt der Anlage zuständig sowie dessen Steuerung und, dass der Müll korrekt verbrannt wird.

„Wir steuern die komplette Müllverbrennungsanlage“, verrät sie. In der Warte sieht sie sich die ganzen Prozessleitbilder durch. Dazu gehören auch Rundgänge der drei Stationen: Müllkessel, Heißwasserkessel und die ARA/RRA (Abwasser - und Rauchgasreinigungsanlage).

Ein Job, wie kein anderer
Wer wie Mühl in der Spittelau arbeitet, braucht definitiv einen guten Orientierungssinn, da die Anlage wie ein Labyrinth aufgebaut ist. Das Herzstück vom in der Luft hängenden Kessel ist die Trommel, die sich im 13. Stock befindet.

Im Schichtbetrieb arbeitet die Wienerin in der Früh von 6.30 bis 18.30 Uhr, nachts dann umgekehrt. Dazu kommen Arbeitstage am Wochenende und Feiertag, das ist „also nicht sehr familienfreundlich“. Doch das hält Mühl nicht ab, denn sie liebt ihren Beruf über alles. 

Vom Papa inspiriert
Darauf aufmerksam wurde sie durch den Wiener Töchtertag, der jedes Jahr stattfindet. „Da mein Papa hier schon gearbeitet hat, konnte ich daran teilnehmen. Schon als kleines Mädchen konnte ich hier reinschnuppern und fand es so interessant“, erinnert sie sich.

Dass sie einen technischen Beruf erlernt hat, macht ihren Papa ganz stolz. Doch auch ihre Mutter ist voll begeistert. „Die meisten in meinem Freundes- und Bekanntenkreis sind voll beeindruckt, weil es eben kein mädchentypischer Beruf ist“, lächelt Barbara Mühl.

Bis man wirklich alles über den Beruf weiß, dauert es acht Jahre lang. Darunter zählen Ausbildungen zum Turbinenwärter, um das Kraftwerk zu bedienen, oder eben auch kleinere Kurse wie Stapel- und Kranschein.

Durch die Schnuppertage entdeckt Thorid-Viktoria ihren Traumberuf.

Thorid-Viktoria Popovits ist 19 Jahre alt und hat vor kurzem ihre dreieinhalbjährige Lehre als Elektroenergietechnikerin bei den Wiener Linien absolviert. Nun arbeitet sie als Facharbeiterin im Schichtbetrieb am Bahnhof Favoriten der Wiener Linien. Ihr Tätigkeitsfeld umfasst Revisionen (Wartungen), Reparaturen und Rüstwageneinsätze im Bereich der Straßenbahn.

Vom Büro in die Technik
„Ich würde mich immer wieder aufs Neue für diesen Beruf entscheiden. Es ist genau meins“, erzählt Thorid. In der Schule dachte sie, dass es einfacher wäre, wenn sie sich eher für weiblich dominierte Berufe entscheiden würde. Sie hat eine Polytechnische Schule besucht und entschied sich für die Bereiche Handel, Tourismus und Büro. Nachdem sie ein Praktikum als Bürokauffrau gemacht hatte, wusste sie sofort, dass das nicht der richtige Weg für sie ist.

Berufung liegt in der Technik
Durch einen Freund hat sie von der Lehre erfahren. Nach drei Schnuppertagen war es für sie klar: Sie möchte Elektroenergietechnikerin werden. „Meine Mama hat mich nie in einem Bürojob gesehen. Als ich die Lehre begonnen habe, hat sie mich sehr unterstützt und sich für mich gefreut.“ Thorid hat von ihrem Umfeld nur positive Reaktionen erhalten. Die Gleichstellung von Frauen und Männern erlebt sie nicht nur privat, sondern auch beruflich.

„Wir leben Kultur bei uns so, wie wir sie auch nach außen repräsentieren“, sagt Irene Stefka, Betriebsrätin bei den Wiener Linien. Thorid bestätigt die Aussage. Wie divers die Wiener Linien tatsächlich sind, zeigen die Zahlen, Menschen aus 45 verschiedenen Nationen sind in Dutzenden Berufsgruppen tätig. Insgesamt sind es 9.000 Mitarbeiter:innen, die für den öffentlichen Verkehr zuständig sind.

Auf der Suche nach Personal
Der Fachkräftemangel ist in technischen Berufen stark ausgeprägt. Auch die Wiener Linien haben damit zu kämpfen. Deswegen bieten sie neue Möglichkeiten an: Mit Herbst 2023 wird der Bau einer weiteren Lehrwerkstätte abgeschlossen,  somit werden in den nächsten Jahren die Lehrlingszahlen verdoppelt. Auch für Quereinsteiger:innen wird in der Erwachsenenbildung einiges geboten, das Programm FiT (Frauen in der Technik) ist speziell für Kolleg:innen eine gute Möglichkeit, neue  Perspektiven in einem technischen Beruf kennenzulernen. Der Frauenanteil bei den Wiener Linien nimmt jährlich zu.

Wie ist es eigentlich in einem männlich dominierten Beruf zu arbeiten?
Barbara Mühl: Ich war auch im Lehrjahr das einzige Mädchen und habe mir angewöhnt, Kommentare an mir abprallen zu lassen.
Thorid-Viktoria Popovits: Ich verstehe mich grundsätzlich sehr gut mit meinen männlichen Kollegen. Ich habe durch die Lehre auch neue Freunde dazugewonnen. 

Welche Tipps hast du für junge Frauen, die einen technischen Beruf ausüben wollen?
Barbara Mühl: Ich habe mir angewöhnt, eine dicke Haut zuzulegen. Ich ziehe die meisten Kommentare gedanklich ins Lächerliche, etwa wenn meine Kollegen sagen, dass ich zu schwach bin, denn es gibt Hilfsmittel.
Thorid-Viktoria Popovits: Es ist absolut machbar, als Frau einen technischen Beruf auszuüben. So lange es einem gefällt und zu einem passt, spielt das Geschlecht keine Rolle. Es ist wichtig, dass man Spaß am Beruf hat.

Welchen Wunschberuf hattest du als Kind?
Barbara Mühl: Als Kind wollte ich Prinzessin werden. Dann dachte ich mir, ich werde Webdesignerin, aber nach einer Schnupperwoche bin ich draufgekommen, dass das doch nicht meins ist. Und durch die Töchtertage habe ich meinen heutigen Beruf gefunden.
Thorid-Viktoria Popovits: Ich wollte als Kind natürlich ein Rockstar werden. Dann Lokführerin und als Jugendliche wollte ich unbedingt Sport studieren, wurde dann aber nicht in die Schule aufgenommen. Zum Glück – sonst wäre ich jetzt nicht bei den Wiener Linien.

Und wie verbringst du eigentlich deine Freizeit?
Barbara Mühl: Ich schlafe sehr gerne (lacht). Ich bin sehr gerne in der Natur, häkle und lese gerne und verbringe viel Zeit in meinem Garten mit meinem kleinen schwarzen Fellknäuel Kater Jack.
Thorid-Viktoria Popovits: Ich gehe gerne im Fitnessstudio trainieren, verbringe gerne Zeit in der Natur und gehe wandern. Außerdem verbringe ich viel Zeit mit meine:n Freund:innen und meiner Familie.

Text: Sophie Brandl & Celeste-Sarah Ilkanaev