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Gemeinsam im Einsatz

Paul und Pia helfen in der Not und sich gegenseitig.

Wer Pia Stepanek und Paul Brauner trifft, spürt es sofort: Da haben sich zwei gefunden. Kolleg:innen, die alles füreinander machen. Egal, was kommt.

Und passieren tut viel. Denn Pia und Paul arbeiten bei der Berufsrettung Wien (MA 70) als Notfallsanitäter:innen mit Notfallkompetenz für Venenzugang.

„Ein paar unserer Kolleginnen und Kollegen nennen uns auch Arbeitsehepaar, obwohl Pia meine Tochter sein könnte“, lacht Paul. Seit 2019 fahren die zwei gemeinsam zu den unterschiedlichsten Einsätzen.

„Sobald wir einen Alarm bekommen, haben wir zwei Minuten Zeit um im Auto zu sitzen. Je nach Einsatz sprechen wir auf dem Weg noch über mögliche Medikamente, die der Patientin oder dem Patienten helfen können“, erzählt Pia.

Einsätze, die in Erinnerung bleiben

Die zwei sind durch und durch ein eingespieltes Team. „Ich kann mich beim Einsatz darauf verlassen, dass Paul sich um die Vitalwerte kümmert, und ich die Daten der Patientinnen und Patienten aufnehme, sobald sie wieder stabil sind“, schildert Pia.

In stressigen Situationen ist Kommunikation das Um und Auf. Bei den beiden funktioniert sie bereits nonverbal. Gemeinsam stehen sie auch Einsätze durch, die an die psychische Belastungsgrenze gehen oder sogar schon darüber liegen.

So wie der Einsatz mit drei leblosen Kindern. Sie wurden von ihrer Mutter erstickt. „Wir haben sofort mit der Reanimation begonnen. Es war auch noch ein zweites Team sowie ein Notarzt vor Ort“, erinnert sich Paul. Für ihn sind Reanimationen bei Kindern besonders belastend, „sie waren bisher immer im gleichen Alter wie meine“.

Die Einsatzleitung hatte vorsorglich auch eine Peer-Gruppe, also Sanitäterinnen und Sanitäter mit psychologischer Ausbildung zum Tatort geschickt. Diese haben sich auch nach dem Notfall bei Paul und Pia gemeldet, denn der Einsatz verlief erfolglos.

Je nach Bedürfnis werden nach so tragischen Einsätzen auch Psychologinnen und Psychologen zur Verfügung gestellt.

Danke per Video

Hört man Pia und Paul bei ihren Erzählungen zu, merkt man sofort, wie gut sie sich verstehen. Sie muntern sich gegenseitig auf, besonders wenn sie über ihre tragischen Fälle reden. Aber es dauert nicht lange, bis ihnen wieder positive Erlebnisse einfallen. „Einmal wollte sich die Tochter eines Patienten mit Motorrad-Unfall bei mir bedanken“, erinnert sich Paul.
Das Danke belief sich nicht nur auf eine Nachricht, sondern die Familie traf sich mit dem Notfallsanitäter und es entstand ein Video für die Sozialen Medien. „Da merkst du halt die Wertschätzung direkt und das ist am schönsten“, meint Paul. Pia stimmt zu: „Wenn du schwerkranke Patientinnen und Patienten hast oder Schwerverletzte, die deine Hand nehmen, dich ansehen und einfach Danke sagen, dann weißt du, wofür du den Job machst.
Übrigens: Offizielles Lob kann man auch per Mail senden: post@ma70.wien.gv.at

Gemeinsame Rituale

Pia und Paul sind Lieblingskolleg:innen und haben auch ihre kleinen Rituale. Sie kaufen sich zum Beispiel gegenseitig Essen und Trinken. Da gibt es dann im Dienst einen Energydrink, Wurstsemmel, Obst und Nüsse. „Wenn ich nicht mit Pia fahren würde, würde ich wahrscheinlich jeden Tag Junk-Food essen“, lacht Paul.

Auch privat unternehmen sie gerne etwas zusammen, sie gehen etwa Nachtrodeln, gemeinsam etwas Trinken oder unternehmen mit dem Team etwas.

Playlists für die Nacht

„Voriges Jahr hatten wir unsere Weihnachtsfeier in Bratislava, und da habe ich Paul Socken mit seinem Namen drauf gekauft“, lächelt Pia. Denn auch das ist ein Ritual, welches die beiden teilen. Sie kaufen sich gegenseitig lustige (Themen-) Socken.

Eine weitere Gewohnheit der beiden ist es, dass sie für ihre Nachtdienste eigene Playlists erstellen. „Ohne dich wäre der Dienst halt echt langweilig, und ich hätte niemanden, den ich ärgern könnte“, lacht Pia zu Paul.

Über Umwege zur Rettung

Beide sind froh, dass sie sich in der Arbeit kennengelernt haben. Und das, obwohl beide über Umwege in den Gesundheitsbereich gekommen sind.

Paul hat bei der ÖBB Maschinenschlosser gelernt, war dann beim Grundwehrdienst beim Bundesheer und hat danach wieder bei der ÖBB als Geselle gearbeitet, bevor er seinen Traumjob bei der MA 70 Berufsrettung Wien gefunden hat.

Pia hingegen hat eine Lehre als Zahntechnikerin abgeschlossen. Ihr Onkel hat sie dann auf die Rettung gebracht und „dann bin ich hiergeblieben“, so Pia.

Schauts auf Euch!

Beide sind in einem Beruf tätig, der tagtäglich aufs Neue herausfordernd ist. Sowohl Paul als auch Pia finden, dass es mehr Anerkennung im Gesundheitsbereich braucht und das österreichische Gesundheitssystem überarbeitet gehört.

„Das fängt schon bei den Spitälern an, da sehe ich noch viel Verbesserungspotenzial in vielen Bereichen“, so Paul.

Einen Appell möchte vor allem Pia noch den Leserinnen und Lesern mitgeben: „Schauts auf euch gegenseitig, dass g’sund bleibts. So wie Paul und ich aufeinander schauen.“

Text: Sophie Brandl