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Ein Doppelpass in die Welt hinaus

Es liegen zwar einige Jahre zwischen Ihnen beiden, aber habt ihr noch Erinnerungen an eure Anfänge beim Salzburger Dorfverein USC Abersee?

Zadrazil: Ja, schon. Er ist ja schon bei den ganz Kleinen herausgestochen, war ein toller Fußballer. Er hat früh den Weg nach Salzburg gemacht. Bei uns im Verein ist er noch immer Vorbild für viele, im Vereinsheim hängen Bilder von ihm und von mir und ein Trikot von ihm und von mir.

Laimer: Ich habe doch noch einige Spiele in Erinnerung, sogar gemeinsam. Und ich habe dann auch bei den Älteren mitspielen dürfen. Sie war auch bei uns eine der Besseren, es hat Spaß gemacht. Sie war das einzige Mädel. Es freut mich, dass wir es beide geschafft haben. Hoffentlich geht es für uns beide so weiter.

Sarah Zadrazil

Sarah Zadrazil steht seit dem Jahr 2020 beim FC Bayern München unter Vertrag. Bei der Europameisterschaft 2017 schaffte es ihre Mannschaft ins Halbfinale. 2021 gewann ihr Team die deutsche Meisterschaft. Sie spielt im Mittelfeld.

Seid ihr noch ab und zu dort auf dem Platz?

Zadrazil: Ja, wenn es sich ergibt. Vor allem wenn ich zwischendurch daheim bin. Mein Papa ist regelmäßig dort.

Laimer: Immer wieder mal. Mein Papa und mein Opa sind regelmäßig dort. Es gibt immer eine Verbindung dorthin. Wenn ich Urlaub habe, schaue ich ab und zu gerne mal vorbei. Ich muss zugeben, es geht sich bei mir sehr selten aus.

Es war alles sehr familiär. Wie es halt so ist in einem Dorf.

Sarah Zadrazil

Habt ihr jemals gemeinsam gespielt?

Zadrazil: Nicht wirklich, das hat sich durch den Altersunterschied nicht ergeben. Aber es gibt halt generelle Erinnerungen an den Verein, es war ja alles sehr familiär. Wie es halt so ist in einem Dorf.

Laimer: Nur ein paar Mal, das kann man an einer Hand abzählen.

Seid ihr beide bodenständig geblieben?

Zadrazil: Ja, ich denke schon. So wie ich den Conny kenne, ist er auch am Boden geblieben. Ich kenne ja auch seine Eltern gut, die haben ihm das super vermittelt. Er kommt wie ich aus dem Dorf, da ist es normal, dass man Wurzeln hat.

Laimer: Ja, das denke ich schon. Wir beide wissen, wo unsere Wurzeln sind.

Wie lebt es sich dann in einer so großen Stadt wie München oder Leipzig?

Zadrazil: Es lebt sich gut, aber trotzdem suche ich an freien Tagen den Weg nach Hause aufs Land, weil ich gerne Zeit mit der Familie verbringe. München ist eine super Stadt, hat viel zu bieten.

Laimer: Bei uns ist alles familiär, jeder kennt jeden. Wenn man die Heimat verlässt, ist das natürlich etwas anderes. Aber ich war immer schon offen, daher hat mich so ein Schritt nicht gestört.

In meiner Karriere hat sich immer eineTüre nach der anderen geöffnet.

Sarah Zadrazil

Hättet ihr euch damals träumen gewagt, dass ihr so eine Karriere macht?

Zadrazil: Nein, wenn man so jung ist, will man Fußball spielen. In meiner Karriere hat sich immer eine Türe nach der anderen geöffnet, das ist mehr passiert. Ich hatte nie das Ziel Profi zu werden. Ich habe einfach die sich bietenden Chancen ergriffen. Ich bin dankbar für die Erfahrungen, die ich im Fußball gemacht habe.

Laimer: Nein. Wenn man sich als kleines Kind sowas vorstellt, dann würde man sofort das unterschreiben, wie es für uns gelaufen ist. Wir können schon stolz sein. Jetzt können wir das, wovon wir immer geträumt haben, genießen. Das ist auch das Schöne am Fußball.

Euer Stammverein muss stolz auf euch sein.

Zadrazil: Ich glaube, in Österreich gibt es das nicht so oft, dass zwei Nationalspieler von einem so kleinen Klub kommen. Das spricht für den Verein.

Laimer: Da muss man den Verein fragen. Aber ich denke, wir haben bis jetzt nicht viel falsch gemacht.

Hat man bei Konrad Laimer/Sarah Zadrazil damals schon gesehen, dass es in die Richtung geht?

Zadrazil: Ja, bei ihm schon. Bei mir war es eher so: O. K., da spielt jetzt ein Mädel mit. Frauenfußball hatte damals nicht den Stellenwert wie heute. Bei ihm hat man früh das Potenzial erkannt.

Sie war damals schon sehr, sehr gut, das Talent hat man ganz einfach gesehen.

Konrad Laimer

Laimer: Sie war damals schon sehr, sehr gut, das Talent hat man ganz einfach gesehen. Toll, dass sich das bei ihr so entwickelt hat, das freut mich riesig. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass man so eine Karriere wie sie hinlegt. Großer Respekt.

Was gefällt Dir an seinem/ihrem Stil?

Zadrazil: Er spielt ähnlich wie ich im zentralen Mittelfeld. Ein Kämpfer, eine Laufmaschine. Er hat sich mit dem Ball stark verbessert und das Offensivspiel belebt, vor allem jetzt bei Leipzig. Das ist beeindruckend. Jetzt wird er auch noch zum Goalgetter, das hat er mir voraus.

Laimer: Sie war immer schon eine tolle Fußballerin, die offensiv ausgerichtet war und Tore erzielt hat. Das hat sie bis jetzt durchgezogen. Es ist einfach schön, dass man jemanden aus dem eigenen Dorf kennt, der so eine Karriere schafft.

2022 fahren die Frauen zur EM, die Herren nicht zur WM. Fiebert Ihr jeweils mit den anderen mit?

Zadrazil: Ja, vor dem Fernseher. Es war extrem schade, dass es nicht für die WM gereicht hat. Jetzt müssen die Fans umso mehr bei uns mitgehen.

Konrad Laimer

Konrad Laimer spielt seit 2017 bei RB Leipzig in der deutschen Bundesliga. Der österreichische Nationalspieler ist ebenfalls im Mittelfeld beheimatet. Dreimal war er österreichischer Meister, dreimal Cupsieger. Beide starteten ihre Karrieren beim USC Abersee in Salzburg. Von dem Dorfklub aus machten sie ihren Weg in die große Fußballwelt.

Laimer: Auf jeden Fall. Für so ein Highlight spielt man Fußball. Ich lasse mir das nicht entgehen, und ich hoffe, dass sie Österreich genauso gut vertreten wie in den letzten Jahren.

Verfolgen die Frauen mehr den Männerfußball als umgekehrt?

Zadrazil: Ich glaube schon. Ich selbst schaue sehr viel Fußball, nicht nur Männerfußball. Mich interessiert der Sport generell. Bei uns bei Bayern schaut ab und zu Julian Nagelsmann vorbei. Das Interesse ist vereinzelt vorhanden.

Laimer: Wenn man sieht, wie viele Zuschauer zuletzt in Barcelona waren, dann ist das schon schön zu sehen. Weil die Frauen jetzt die Anerkennung bekommen, die sie sich verdienen. Ich hoffe, dass es in den nächsten Jahren so weitergeht.

Was ist immer gleich zwischen Männer- und Frauenfußball, wo liegen die Unterschiede?

Zadrazil: Gleich sind die Regeln. Elf gegen Elf, das bleibt gleich. Der Frauenfußball ist sehr ehrlich, wir wollen kicken und spielen, da gibt es kein Gemeckere und Geschimpfe. Es geht schon zivilisiert zu. Der größte Unterschied ist die Anatomie, der Männerfußball ist extrem physisch. Das Spiel ist bei uns langsamer.

Laimer: Man sollte es nicht vergleichen, man kann es auch nicht. Jeder macht das auf seine Art gut. Beides ist spektakulär, man sollte es einfach genießen.

Wie würdest du die Entwicklung des Frauenfußballs in den letzten fünf bis zehn Jahren beurteilen, war das der größte Sprung, den der Sport je gemacht hat?

Ich bin gespannt, wohin die Reise geht.

Sarah Zadrazil

Zadrazil: Ja, auf jeden Fall. Allein die Spiele in der Champions League sprechen für sich. Das Nou Camp in Barcelona war mit 91.000 Zuschauern ausverkauft, Bayern spielt vor 13.000, Paris vor 28.000 Fans. Unglaublich, was sich da tut. Auch bei der EURO wird es diesbezüglich weitergehen, unser Eröffnungsmatch gegen England in Manchester ist ausverkauft, das Finale auch. Ich bin gespannt, wohin die Reise geht.

Laimer: Sicher. Und wenn man sieht, dass Österreich gegen England vor über 70.000 spielen wird, dann wird es wohl so weitergehen.

Wohin wird die Reise des Frauenfußballs gehen?

Zadrazil: Weiter in diese Richtung, weil mehr übertragen wird, die Spiele in größeren Stadien ausgetragen werden, dadurch auch mehr Zuschauer kommen, weil das Ambiente natürlich besser aussieht. Nur so kann man die Menschen erreichen.

Laimer: Wie gesagt, es wurde zuletzt ja schon sehr viel Werbung gemacht für den Frauenfußball. Da ist noch viel mehr Potenzial vorhanden.

Werden die Gehälter bei den Frauen irgendwann mit den Männern mithalten können?

Gebt den Frauen die Möglichkeit auf guten Plätzen zu trainieren, in tollen Stadien zu spielen.

Sarah Zadrazil

Zadrazil: Equal pay ist unrealistisch. Der Frauenfußball bringt auch weniger ein als der Männerfußball. In den USA ist das anders, weil dort der Frauenfußball einen sehr hohen Stellenwert besitzt. Bei uns geht es darum, Strukturen sukzessive zu verbessern bei allen Vereinen. Gebt den Frauen die Möglichkeit auf guten Plätzen zu trainieren, in tollen Stadien zu spielen. Früher konnte man die Spiele im TV gar nicht schauen, auch das ändert sich jetzt. Das wären die ersten Schritte bevor man über gleiche Bezahlung spricht.

Gibt es Kontakt zwischen euch?

Zadrazil: In letzter Zeit nicht, ich sehe seine Eltern öfter als ihn. Ich bin in München, er in Leipzig, da ist es auch schwer.

Laimer: Wenig, es ist auch schwer. Wir waren jung, dann hat jeder seinen Weg eingeschlagen. Unsere Eltern sind sehr gut miteinander. Ihren Bruder habe ich letztes Jahr getroffen.

Österreichs Frauen waren in einem EM-Halbfinale, die Männer haben das noch nie geschafft. Kann man das vergleichen? Sind die Frauen besser als die Männer?

Zadrazil: Nein, ich bin grundsätzlich kein Fan davon, solche Vergleiche anzustellen. Wir wollen unsere eigene Geschichte schreiben. 2017 ist uns das gelungen, leider hat die Euphorie nicht sehr lange angehalten. Jetzt wollen wir in diesem Sommer wieder begeistern. Wir sind nicht mehr der Underdog, der Frauenfußball ist weiter zusammengerückt. Wir haben eine gute Mannschaft, haben uns entwickelt. Ich will nichts ausschließen, aber der Weg wird schwer. Mein Ziel ist klar: Ich will die Vorrunde überstehen und nicht nur die drei Spiele genießen.

 

Interview: Peter Wagner/Gernot Baumgartner