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Die Zeit heilt Wunden

Auch beim Wildtierservice der Stadt Wien gibt's viele Schicht- und Wochenenddienste. Denn Bambi & Co. kennen keine Arbeitszeiten.

Mit leicht verängstigten Augen blickt das kleine Reh in die Kamera. Wenn es nur irgendwie könnte, würde es vermutlich trotzdem Danke sagen ... Denn die Mitarbeiter:innen des Wiener Wildtierservice haben es als Kitz vor dem fast sicheren Tod bewahrt. Es wurde nach einem Anruf einer Stadtbewohnerin aus einer Hundewiese gerettet. Die Mutter hatte es völlig verängstigt allein gelassen.

WEITERE KITZE IN DER WIESE

Zur Sicherheit ging das Einsatzteam die Hundewiese gründlich ab – und fand zwei weitere Kitze. Alle drei wurden in die Wildtierstation gebracht und aufgepäppelt. „Mittlerweile sind sie selbsterhaltungsfähig und kontrolliert ausgewildert worden“, erzählt Günther Annerl. 

Günther Annerl war entscheidend bei der Gründung des Wildtierservice beteiligt. Die Rettung von Wildtieren ist aber nur eine Aufgabe.

Bewohner:innen können sich beim Wildtierservice auch beraten lassen. Das ist aber nicht alles, denn das Wildtierservice Wien hat auch einen wissenschaftsfundierten Bereich inne. „Wir haben etwa ein Biber-Monitoring und ein Stadttaubenprojekt laufen, um festzustellen, wie sich der Biberbestand bzw. die Taubenpopulation in Wien entwickelt“, so der Leiter des Wildtierservice Wien.

Seit 2019 haben Wiener:innen die Möglichkeit, sich an das Wildtierservice Wien zu wenden. In der Triester Straße 114 in Favoriten gibt es auch eine eigene Wildtierfundbox.

In dieser Fundbox können zu bestimmten Zeiten und nach vorheriger Rücksprache mit den Mitarbeiter:innen Wildtiere abgegeben werden. Von Wien werden die Tiere dann nach Laxenburg gebracht, wo sich die Wildtierstation befindet. Dort bleiben sie bis zur vollständigen Genesung bzw. bis sie groß genug sind, und werden dann wieder im Bereich des Fundortes in Wien ausgewildert.

„Es wäre nicht zielführend, wenn wir beispielsweise eine flugunfähige Ente auswildern. Sie würde dann relativ schnell vom Fuchs gefressen werden“, erklärt Annerl.

RASCH ENTSCHEIDUNGEN TREFFEN

„Die Wiener:innen können uns die Wildtiere bei der Wildtierfundbox übergeben. So erfahren die Mitarbeiter:innen dann direkt von den Bringer:innen, was mit dem Tier passiert ist. Das ist essenziell, um letztendlich schnell veterinärmedizinische Maßnahmen einleiten zu können.“

Bei Anflugtraumata sind Eingriffe von den Tierärzt:innen nicht unbedingt notwendig. „Da geht es vielmehr um die Tatsache, dass das Tier möglichst schnell einen ruhigen Platz bekommt, um sich rasch wieder zu erholen“, so Annerl.

Anders ist es dabei bei Verletzungen durch Rasenmähroboter, wie etwa bei Igeln oder Schlangen. „Hierbei müssen unsere Tierärzt:innen entscheiden, ob eine Rehabilitation überhaupt sinnvoll ist“, erläutert Annerl.

ALLE HELFEN MIT 

In der Wildtierstation in Laxenburg finden auf rund 1.800 Quadratmetern Rehkitze, Feldhamster, Schwäne, Tauben, Enten und viele andere heimische Wildtiere Unterschlupf. Dort werden im Jahr etwa 3.500 Wildtiere saisonweise von bis zu zehn Tierpfleger:innen betreut. „Sie sind rund um die Uhr für die Tiere im Einsatz, weshalb es auch ein Schichtmodell gibt“, erklärt Annerl.

Von einer Normalarbeitszeit ist hier keine Rede, denn die Arbeitszeiten verschieben sich aufgrund von Spätund Wochenenddiensten. „Es gibt viele Wiener:innen, die ihr Herzblut den Wildtieren widmen und uns mit Spenden unterstützen. Außerdem bemerken wir, dass sich vor allem Kinder und Jugendliche für verletzte Wildtiere einsetzen“, meint Annerl ganz stolz.

Da kann es auch vorkommen, dass skurrile Anrufe eintrudeln. „Außergewöhnliche Situationen kommen immer wieder bei der Vielzahl an Anrufen vor. Einmal wurden wir angerufen und darüber informiert, dass sich ein Wildschwein in einer Gemeindebauwohnung befindet“, erinnert sich Annerl.

Kinder haben den 10 Kilo schweren Frischling eingefangen und aufpäppeln wollen. Das Tier hat also Schwein gehabt. Übrigens hat Annerl selbst auch privat ein Herz für Tiere: „Ich habe zu Hause eine Katze, Zebrafinken und zwei Kaninchen, um die sich aber vorwiegend meine Tochter kümmert."

Die Stadttaube hat ein Image, das sie nicht verdient. Denn der Mensch ist schuld daran, dass sie so ist, wie sie jetzt ist. Sogenannte Tauben-Hotspots sind auch künstlich geschaffen, weil sie von der Bevölkerung mit nicht artgerechtem Futter versorgt werden.

GÜNTHER ANNERL

Das Wildtierservice Wien gibt Auskunft bei Fragen zu Wildtieren. Ebenfalls, wenn Sie ein verletztes oder ein in Not geratenes heimisches Wiener Wildtier melden wollen.
Erreichbar von 7.30 bis 22 Uhr unter +43 1 4000-49090. Bei Notfällen wenden Sie sich an das Stadtservice W Wien: +43 1 4000-4018
www.wildtierservice-wien.at

 

TEXT: SOPHIE BRANDL