„Die kann das“
Hauptinspektionsoffizierin Viktoria Zechmeister knackte die Männerdomäne Berufsfeuerwehr.
Die Zentralfeuerwache der Berufsfeuerwehr Wien befindet sich in einem traditionsreichen Gebäude Am Hof im 1. Bezirk. Während wir die Stiegen des jahrhundertealten Baus hinaufsteigen, verrät Hauptinspektionsoffizierin Viktoria Zechmeister, dass wir noch ein Stück vor uns haben. Ihr Büro liegt im 5. Stock. „Wir fahren nie mit dem Lift“, erklärt sie, während wir hinaufstapfen. Was für den Einsatz gilt, das gewöhnen sich Feuerwehrleute auch für die restliche Zeit an: Stiegen steigen ist in jedem Fall die sicherere Variante.
Als wir schließlich in ihrem geräumigen Büro sitzen, erzählt Viktoria Zechmeister über ihr Eindringen in die Männerdomäne Feuerwehr. „Für mich war das nicht ungewohnt“, sagt sie. Bereits während ihrer HTL-Zeit und anschließend als Elektrotechnikerin war sie vorwiegend von männlichen Kollegen umgeben. Und auch mit der Feuerwehr hatte sie schon Erfahrung: Ihr Vater war viele Jahre für die Freiwillige Feuerwehr Wien-Süßenbrunn im Einsatz.
Als Jugendliche hatte Viktoria Zechmeister die Idee, dass sie selbst Teil der Freiwilligen Feuerwehr werden könnte. Damals, Ende der 1990er-Jahre, war das noch ungewöhnlich. Die Feuerwehren waren zu diesem Zeitpunkt rein männlich besetzt. Die Ausbildung für ihre Freiwilligentätigkeit erhielt sie bei der Berufsfeuerwehr Wien. Von da an ging es Schlag auf Schlag. Was sie hier lernte, gefiel ihr. Bald entstand der Gedanke, dies nicht nur als Freiwillige zu machen, sondern beruflich. Wieder war es eine ungewöhnliche Wahl: Als sie mit ihrem Aufnahmeverfahren für die Berufsfeuerwehr begann, gab es gerade erst zwei Frauen in Österreich, die diesen Job machten.
Viel hat sich in dieser Hinsicht noch nicht geändert. In Wien arbeiten derzeit fünf Frauen bei der Berufsfeuerwehr. In ganz Österreich sind es nicht viel mehr. Aber zumindest bei den Freiwilligen oder auch bei Betriebsfeuerwehren sind mittlerweile einige Frauen im Einsatz. Und es gibt viele Interessierte. Den Schritt in die Ausbildung wagen dann aber letztlich immer noch sehr wenige junge Frauen. „Aber wir hätten gern mehr“, betont Viktoria Zechmeister.
Beispiel und Vorbild
Ihre Karriere könnte Beispiel und Vorbild sein. Bald nach ihrem Start in den neuen Beruf bewarb sie sich für eine Offiziersstelle. Am Ende war sie die erste Offizierin einer Berufsfeuerwehr in Österreich. Einige Jahre später folgte der nächste Karriereschritt zur Hauptinspektionsoffizierin. Wieder musste sie sich Auswahl- und Eignungsverfahren stellen.
Heute spielt sich der Arbeitsalltag von Viktoria Zechmeister am Schreibtisch ebenso ab wie draußen im Einsatz. Als Hauptinspektionsoffizierin leitet sie Großeinsätze in Wien.
Gleichzeitig ist sie für das Gebäudemanagement der Feuerwehrinfrastruktur der Stadt Wien zuständig. Die Doppeltätigkeit im 24-Stunden-Schichtdienst führt dazu, dass schon mal mitten in der Nacht oder am Wochenende ein E-Mail beantwortet wird. Diese Arbeitszeiten sind außerdem für Familien – insbesondere mit Kindern – fordernd. „Natürlich ist familiäre Unterstützung hilfreich“, sagt Viktoria Zechmeister.
Gibt es weitere spezielle Herausforderungen als Frau bei der Feuerwehr – etwa in Zusammenarbeit mit männlichen Kollegen? Anfangs habe sie durchaus das Gefühl gehabt, von ihren Kollegen etwas genauer beobachtet zu werden. „Viele haben sich da wohl gefragt: Kann die das überhaupt?“, erzählt Viktoria Zechmeister. Das habe aber letztlich nur dazu beigetragen, ihr Selbstbewusstsein zu stärken. „Am Ende haben sowohl die anderen als auch ich selbst immer gesehen: Ja, die kann das auch.“