Abgewehrt!
Hunderte Wiener Gemeindebedienstete waren bereit für den Hochwassereinsatz. Ihre Arbeit hat eine Jahrhundertkatastrophe verhindert.
Während ganz Niederösterreich im September 2024 zum Katastrophengebiet erklärt wurde, blieb Wien großteils verschont. Einige Wiener:innen gingen an den Flüssen sogar „Hochwasser schauen“. Möglich machte das eine jahrzehntelange Vorsorge und der Einsatz Hunderter Gemeindebediensteter.
Rechtzeitig Alarm geschlagen
Die Beschäftigten der „Wiener Gewässer“ (MA 45) standen schon im Dauereinsatz, als es gerade erst zu regnen begann. „Die gesamte Ablauf kette hat vorbildlich funktioniert“, lobt Gerald Loew, Leiter der Fachabteilung Wiener Gewässer, die Mitarbeiter:innen. Sie haben Wehranlagen gesteuert, Hochwasserkommunikation betrieben, Pegel gemessen und rechtzeitig Alarm geschlagen.
Kanalnetz unter Hochdruck
Die Mitarbeiter:innen von „Wien Kanal“ waren vier Tage und drei Nächte rund um die Uhr im Einsatz. Neben dem normalen Abwasser haben sie mehr als 22 Milliarden Liter Regenwasser über die seit 1990 bestehende Kanalnetzsteuerung aus der Stadt gebracht.
„Wenn Sie das umrechnen, haben jede Minute 340 Tankwagen die Stadt mit Regenwasser verlassen“, sagt Josef Gottschall, Leiter der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit bei „Wien Kanal“.
Kanaldeckel hielten knapp
Trotzdem war es bei diesen Regen mengen nur knapp, dass die Kanaldeckel nicht durch die Wassermassen hochgedrückt wurden. So stand das Wasser etwa unter dem Karlsplatz, wo sich in zehn Meter Tiefe ein wichtiger Knotenpunkt im Abwassersystem befindet, zeitweise bis zur Decke.
Auch der öffentliche Verkehr stand vor großen Herausforderungen. Aber „wir sind auf solche Ereignisse vorbereitet“, sagt Ivana Vuksaovic, Betriebsleiterin bei den Wiener Linien. „Wir haben ein Hochwasserhandbuch mit Infos zu Maßnahmen, wann was aus betrieblicher und technischer Sicht zu tun ist, und einen Hochwasseralarmplan, der etwa Rufbereitschaften regelt.“
„Anfangs war das Problem nicht das Wasser, sondern der starke Wind. Durch den Regen war der Boden so aufgeweicht, dass viele Bäume umgestürzt sind und Schienen blockiert haben“, erinnert sie sich.
Als die Grenzmarken beim Wienfluss erreicht wurden, kam es zu Einschränkungen bei der U4 und U6. „Da mussten alle Züge auf den betroffenen Abschnitten in die Bahnhöfe zurück, die Fahrgäste aus den Wagen raus, damit alle in Sicherheit bleiben“, erzählt die Betriebsleiterin. Die ersten Stunden waren stressig, aber es lief koordiniert ab: „Wir hatten noch Zeit, nur schnell musste es gehen“, so Vuksaovic.
Mehr als 700 Mitarbeiter:innen waren im Hochwassereinsatz und haben dafür gesorgt, dass der Betrieb weitgehend funktioniert und „der Zusammenhalt unter den Kolleg:in nen war einzigartig”.
Feuerwehr mit Teamgeist
Am 15. September, mitten in einer der kritischsten Phasen des Hochwassers, übernahm Oberbrandrat Johannes Zinschitz die Einsatzleitung für die Wiener Berufsfeuerwehr. Er koordinierte mehr als 450 Einsatzkräfte der Feuerwehr plus freiwillige Helfer:innen. „Allein an diesem Tag waren etwa 1.300 Einsätze notwendig“, berichtet Zinschitz.
Trotz der erschöpfenden Tage, an denen die Feuerwehrkräfte rund um die Uhr gegen die Naturgewalten kämpften, blieb die Stimmung die Windböen haben mehr als 600 Bäume entwurzelt. 180 Stadtgärt gut – nicht zuletzt dank des positiven Feedbacks der Bevölkerung.
Mehr als 1.000 Einsätze pro Tag verlangten von der Feuerwehr punktgenaue Organisation und kontinuierliche Ruhephasen, um Konzentration und Sicherheit zu gewährleisten. „Feuerwehreinsätze sind immer Teameinsätze, aber gerade bei extremfordernden Einsätzen wie diesen, zeigt sich unser Teamgeist umso mehr“, betont Zinschitz und bestätigt: „Nur durch die jahrelangen Vorkehrungen und den strukturierten Katastrophenschutz Wiens blieb die Stadt von einer noch größeren Katastrophe verschont.“
Einsatz für Wiens Grünflächen
Nicht verschont blieben zahlreiche Parks. Der starke Regen und die Windböen haben mehr als 600 Bäume entwurzelt. 180 Stadtgärtner:innen und 15 Baumpfleger:innen waren damit beschäftigt, Bäume wieder freizuschneiden, zu entfernen und zu kontrollieren.
„Trotz der starken Winde kam es nur zu vergleichsweise wenigen Astbrüchen, was auf die regelmäßigen Baumkontrollen und Baumpflege arbeiten der Wiener Stadtgärten zurückgeführt werden kann“, so Pamela Ziegler, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit.
Die Aufräumarbeiten danach
Auch die Mitarbeiter:innen der MA 48 waren nach dem Hochwasser noch tagelang mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Sie rückten unter anderem mit Schneepflügen aus, um auf der Donauinsel den 80 Zentimeter hohen Schlamm zu entfernen. In vielen Fällen halfen aber keine Maschinen, da auch Sperrgut angeschwemmt wurde, das händisch entfernt werden musste.
Als Spektakel in Erinnerung
Noch viele andere Gemeindebedienstete waren im Hochwassereinsatz, um das Schlimmste zu verhindern, oder danach alles wieder in Ordnung zu bringen. Ihre Planungen, ihr Einsatz und ihre Teamarbeit machten es möglich, dass die meisten Wiener:innen das Hochwasser im September 2024 als Spektakel in Erinnerung behalten.