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Interview mit Sarah Puntigam

Sarah Puntigam ist nicht nur Kapitänin des Nationalteams, sondern sie war auch die erste aktive Fußballerin, die Mitglied der younion-Sportgewerkschaft wurde.

Die Rekordspielerin des ÖFB wagte schon früh den Schritt ins Ausland. Mit nur 16 Jahren wechselte sie von LUV Graz zum FC Bayern München. Danach folgten weitere Stationen in Deutschland, der Schweiz und in Frankreich. Aktuell steht sie bei Houston Dash in der US-amerikanischen NWSL unter Vertrag. Sarah ist bekannt für ihre Vielseitigkeit, Spielintelligenz und Führungsqualitäten auf dem Platz.
Steffi Enzinger hat mit ihr über ihre Erfahrungen in den weltweit stärksten Frauenfußball-Ligen, ihre Rolle im Nationalteam und ihre Sicht auf die Entwicklung des Frauenfußballs in Österreich gesprochen.

Hallo Sarah. Du spielst nun in der NWSL bei Houston Dash, einer der stärksten Frauenfußball-Ligen der Welt – wie unterscheidet sich das Leben und der Fußball in den USA von dem in Europa und wie hast du dich an die neue Umgebung angepasst?

Hallo Steffi. Hier in den USA im Sport tätig zu sein, macht einfach viel Spaß. Der Sport hat hier einen sehr großen Stellenwert und das spürt man in allen Belangen. Die NWSL ist die Liga mit den weltweit meisten Zuschauern. Im Schnitt kommen über 11.000 Menschen zu jedem Spiel. Jedes Spiel wird hier zu einem Event gemacht.

Noch dazu wird hier sehr professionell gearbeitet und uns alles ermöglicht, um unsere beste Leistung abrufen zu können. Fußballerisch ist das Spieltempo höher, als ich es von den Ligen in Deutschland und Frankreich gewohnt war und die Liga ist zusätzlich auf einem sehr hohen Niveau sehr ausgeglichen.

…und Privat?

Privat vermisse ich vor allem die europäischen Innenstädte und kurzen Distanzen.

Welche Rolle spielen internationale Spielerfahrungen, wie in Frankreich und jetzt in den USA, für deine Leistung im Nationalteam? Was kannst du aus diesen unterschiedlichen Fußballkulturen in die österreichische Mannschaft einbringen?

Ich habe von allen Stationen bisher sehr viel mitnehmen können. In Frankreich war für mich auffällig, wie viel Wert sie auf Technik gelegt haben, in Deutschland stand die Taktik im Vordergrund und in Amerika ist es die Athletik. Aber auch abseits des Platzes habe ich viel lernen können. Die südfranzösische Gelassenheit fällt mir da sofort ein.

Als Kapitänin des österreichischen Nationalteams trägst du viel Verantwortung. Wie bereitest du dich mental und physisch auf die kommenden Herausforderungen vor?

Ich versuche in erster Linie ich selbst zu sein und auf meinen Körper zu hören. Ich will immer bestmöglich auf Trainings und Spiele vorbereitet sein. Dazu gehören genügend Schlaf, die Ernährung aber auch die mentale Vorbereitung. Ich visualisiere zum Beispiel immer vor Spielen.

Die Lockerheit und der Spaß dürfen dabei aber nie zu kurz kommen. Auch Zeit mit meiner Familie und Freunden gibt mir immer sehr viel Energie.

Das Frauen-Nationalteam hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Was sind deine Erwartungen und Ziele für 2025 und wie schätzt du die Chancen ein, dass sich Österreich erneut für die Endrunde qualifiziert?

Unser großes Ziel ist die Qualifikation für die Euro 2025 in der Schweiz. Wir haben jetzt noch mit den beiden Spielen gegen Polen (am 29. November in Danzig und 3. Dezember in Wien) die letzte Hürde vor uns. Solche Playoff Spiele haben immer einen eigenen Charakter. Wir hoffen, dass viele ÖsterreicherInnen den Weg zum Finalspiel nach Wien finden und wir mit den Fans im Rücken die Qualifikation schaffen werden. Die Unterstützung der Fans pusht uns sehr und wenn ich an das letzte Spiel im Viola Park zurückdenke, kommen schöne Erinnerungen hoch. Das zeigt mir, was für eine Entwicklung der Frauenfußball genommen hat.

Bleiben wir gleich bei dieser Entwicklung. Du bist die Rekordspielerin des ÖFB und spielst seit vielen Jahren auf höchstem Niveau. Wie hat sich der Frauenfußball in Österreich während deiner Karriere entwickelt und welche Veränderungen hast du besonders wahrgenommen?

Die Entwicklung, die das Frauen Nationalteam in den letzten 15 Jahren genommen hat, ist enorm. Zu meiner Anfangszeit waren wir in allen Bereichen amateurhaft aufgestellt. Alle Spielerinnen haben nebenbei hauptberuflich gearbeitet, das Betreuerteam konnte man an einer Hand abzählen, unsere Trainingssachen waren entweder viel zu groß oder zu klein, nur um ein paar Beispiele zu nennen. Der Stellenwert des Frauen Nationalteams innerhalb des Verbandes, aber auch in der Gesellschaft, ist mittlerweile ein anderer. Vor allem seit der Europameisterschaft 2017 in Holland hat sich einiges getan und es geht in die richtige Richtung. Auch, wenn es immer noch Luft nach oben gibt…

Ich finde ja, der Frauenfußball in Österreich befindet sich im Aufschwung, ist aber noch nicht auf dem Level großer Fußballnationen. Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten nächsten Schritte, um die Liga und den heimischen Frauenfußball weiter voranzubringen?

In erster Linie müssen wir junge Mädels für den Sport begeistern und Verantwortliche sowie TrainerInnen in den Vereinen haben, die die Mädels unterstützen und fördern.

Was die Liga betrifft, wird es essenziell sein, flächendeckend professionelle Bedingungen zu schaffen und die Spielerinnen finanziell so zu unterstützen, dass sie nicht auf einen anderen Vollzeitjob angewiesen sind. Nur so wird es möglich sein, dass sich die Spielerinnen weiterentwickeln und das Niveau kontinuierlich besser wird.

Welche Verantwortung spürst du, die nächste Generation von Fußballerinnen zu inspirieren und wie möchtest du deine Erfahrung weitergeben, um den Frauenfußball in Österreich nachhaltig zu fördern?

Wir sind heute die Vorbilder, die ich als Kind nie hatte. Als ich jung war, hat Frauenfußball im Fernsehen und in den Medien quasi nicht existiert. Das hat sich zum Glück gebessert. Auch, wenn hierzulande meiner Meinung nach immer noch zu wenig über den Frauensport berichtet wird.

Als solches Vorbild will ich für Themen einstehen, die ich als wichtig erachte und den Frauenfußball noch weiter vorantreiben.

Wir als Nationalteam sind das Aushängeschild und ich glaube, dass eine erneute Qualifikation für die Europameisterschaft viel bewirken kann.

Vielen Dank Sarah für deine Einblicke und alle Gute für anstehenden wichtigen Aufgaben!