Entwicklungen, Herausforderungen und Verantwortung der Sportgewerkschaft
Interview mit Jennifer Klein
In diesem Interview sprechen wir mit Jennifer Klein, der Kapitänin des SKN St. Pölten Frauen und Aushängeschild im österreichischen Frauenfußball. Mit ihrer Leidenschaft und Führungsstärke hat sich die junge Fußballerin bereits als zentrale Figur in der heimischen Liga etabliert. Der SKN St.Pölten dominiert die nationale Frauenliga und nimmt auch an internationalen Wettbewerben teil, was Jennifer Klein zur idealen Gesprächspartnerin macht, um über die Entwicklungen im österreichischen Frauenfußball, die Herausforderungen der Liga und die Zukunft des Sports zu sprechen. Wir wollen erfahren, was sie antreibt, welche Ziele sie verfolgt und wie sie die Rolle des Frauenfußballs in Österreich wachsen sieht.
Als Kapitänin des SKN St. Pölten: Wie gehst du mit der Verantwortung um, dein Team auf und abseits des Platzes zu führen und was bedeutet Leadership für dich persönlich?
Als Kapitänin des SKN St. Pölten nehme ich meine Verantwortung sehr ernst, weil ich weiß, dass ich für mein Team auf und abseits des Platzes eine wichtige Rolle spiele. Auf dem Spielfeld versuche ich, durch Leistung und Einsatz ein Vorbild zu sein. Abseits des Platzes ist es mir wichtig, eine offene Atmosphäre zu schaffen. Ich höre zu und setze mich dafür ein, dass sich jede Spielerin im Team wohlfühlt. Ich möchte eine Schnittstelle zwischen der Mannschaft und dem Trainerteam sein, um die Kommunikation aufrechtzuerhalten. Für mich bedeutet Leadership, voranzugehen, für das Team da zu sein und Verantwortung zu übernehmen, egal ob bei wichtigen Entscheidungen oder bei kleinen Dingen, die den Zusammenhalt stärken.
Der österreichische Frauenfußball hat in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen – wie würdest du den aktuellen Entwicklungsstand der Liga beurteilen und was braucht es, um das nächste Level zu erreichen?
Es freut mich sehr, dass die österreichische Liga immer mehr in den Fokus rückt und wir mit attraktiven Leistungen Menschen begeistern können. Ich denke trotzdem, dass wir in Österreich noch einen langen Weg haben. Das nächste Level kann meiner Meinung nach nur dann erreicht werden, wenn alle Vereine in der Liga das Ziel verfolgen, sich stetig weiterzuentwickeln. Viele Spielerinnen sind berufstätig neben dem Fußball und befinden sich in einem grundsätzlich professionellen Setting, welches sie „nur“ hobbymäßig ausüben können. Diese Doppelbelastung sehe ich als problematisch. Ich hoffe, dass bald mehrerer Vereine die nötigen Ressourcen haben, um Spielerinnen einen Profivertrag anbieten zu können.
Ihr spielt nicht nur in der österreichischen Liga, sondern auch auf der europäischen Bühne – was nimmst du aus diesen internationalen Erfahrungen mit und wie beeinflussen sie deinen Spielstil und deine Karriere?
Jedes Spiel auf internationaler Ebene ist absolut bereichernd. Man darf sich gegen die besten Spielerinnen messen. Von Spiel zu Spiel merke ich, wie meine Erfahrung wächst und ich sehr abgebrüht in diese Begegnungen gehe. Eine der wichtigsten Vorteile dieser Spiele ist, dass man lernt, sich seiner eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu werden und diese dann in dem eigenen Spielstil aufzeigt beziehungsweise abbaut. Ich bin unglaublich dankbar für diese Spiele und genieße jeden Moment.
Viele junge Spielerinnen sehen in dir ein Vorbild – was würdest du der nächsten Generation von Fußballerinnen raten, um sich im heutigen sportlichen Umfeld durchzusetzen?
An die eignen Fähigkeiten zu glauben und sich hohe Ziele zu setzen sind absolut notwendig. Gerade im Frauenfußball wird man immer wieder auf Hindernisse und Vorurteile stoßen. Ein gesundes Selbstbewusstsein wird helfen, diese Herausforderungen zu überwinden und immer wieder das Beste zu geben. Man hat das Recht, ambitioniert zu sein und die eigenen Träume zu verfolgen.
Welche strukturellen Veränderungen würdest du dir wünschen, um die Bedingungen für Spielerinnen in Österreich zu verbessern?
Ich würde mir wünschen, dass Spielerinnen Zugang zu guten Trainingsplätzen bekommen, um Qualität und Gesundheit zu priorisieren. Generell ist eine bessere finanzielle Unterstützung wünschenswert, um Gehälter, Infrastruktur, etc. zu gewährleisten und zu entwickeln. Auch eine höhere Medienpräsenz hilft, um weiterhin die Aufmerksamkeit hochzuhalten, wobei das mittlerweile schon in vielen Vereinen und auf ÖFB Ebene immer mehr in den Fokus rückt und umgesetzt wird.
Abseits des Spielfelds: Wie schaffst du es, den mentalen Druck und die Erwartungen, die an dich als Kapitänin und Leistungsträgerin gestellt werden, zu bewältigen? Hast du spezielle Routinen oder Techniken?
Mir ist sehr bewusst, dass sehr viel von mir erwartet wird und mir oft ziemlich viel Last an den Schultern hängt. Ich möchte da auch ehrlich sein, dass es Phasen in der Saison gibt, in denen ich mit meiner mentalen Verfassung kämpfe. Allerdings habe ich das Glück, dass wir in der Mannschaft eine sehr offene Atmosphäre haben und ich von meinen Mitspierinnen aufgefangen werde und wir uns innerhalb der Mannschaft gegenseitig stark unterstützen. Auch meine Familie ist ein Anker für mich, die mir immer zur Seite stehen. Routinen direkt habe ich keine. Ich nutze allerdings freie Zeiten, in denen ich gerne meditiere, um meine Gedanken zu ordnen. Mentale Gesundheit ist in der heutigen Zeit sehr wichtig und ichreflektiere viel und spreche offen darüber. Das hilft mir sehr.
Was sind deine langfristigen Ziele – sowohl auf Klubebene mit St. Pölten als auch für dich persönlich als Fußballerin? Gibt es internationale Ligen, in denen du spielen möchtest oder besondere Meilensteine, die du erreichen willst?
Ich möchte mich stetig fußballerisch und persönlich weiterentwickeln. Das ist das größte Ziel, das ich verfolge. Sollte ich in St. Pölten nicht mehr das Gefühl haben, dass dies passiert, bin ich offen für neue Wege. Derzeit bin ich sehr zufrieden und weiß, wie sich der Verein entwickelt.
Du bist Mitglied einer der younion Spielerinnengewerkschaft und wurdest vor wenigen Wochen beim Frauenfußball-Workshop auch ins Spielerinnenpräsidium gewählt. Was hat dich dazu motiviert, dieser beizutreten und welche Themen und Probleme müssen deiner Meinung nach im Frauenfußball durch die Gewerkschaft besonders angegangen werden?
Für mich waren die Punkte ausschlaggebend, dass nach fairen und besseren Bedingungen für Spielerinnen gekämpft wird, sowie rechtliche Unterstützung, die oft sehr unbekannt ist, geboten wird. Ich denke, dass durch die Gewerkschaft wesentlich Fortschritte erzielt werden können und bald unter sicheren und nachhaltigen Bedingungen gespielt werden kann.