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Transeuropäische Verkehrsnetze: Fokus auf die Beschäftigten

Im Dezember 2021 präsentierte die EU-Kommission neue Vorschläge zur Modernisierung des Verkehrssystems der EU. Mit der Änderung der Richtlinie zu den Transeuropäischen Verkehrsnetzen (TEN-V) soll unter anderem die Konnektivität verbessert, der Personen- und Güterverkehr auf die Schiene verlagert sowie die Einführung von neuen digitalen Technologien gefördert werden. AK und vida begrüßen die rasche Fertigstellung des TEN-V-Netzes, aus Sicht der Beschäftigten und des regionalen Schienenverkehrs bleibt der Vorschlag jedoch hinter den Erwartungen zurück.

Das transeuropäische Verkehrsnetz (TEN-V) ist ein EU-weites Netz von Straßen, Schienen, Binnenwasserstraßen und kurzen Seeverkehrsstrecken, welches 424 größere Städte mit Häfen, Flughäfen und Eisenbahnterminals verbindet. Im Rahmen des TEN-V werden die wichtigsten europäischen Verkehrskorridore festgelegt, an die technische Mindestanforderungen und finanzielle Förderungen im Rahmen des EU-Haushaltes geknüpft werden. Übergeordnetes Ziel der TEN-V-Politik ist es, Anreize für eine nachhaltige und effizientere Beförderung von Personen und Gütern zu schaffen, den Zugang zu Arbeitsplätzen und Dienstleistungen zu gewährleisten sowie Handel und Wirtschaftswachstum zu ermöglichen.

Mitte Dezember 2021 hat die EU-Kommission die Änderung der TEN-V-Richtlinie vorgeschlagen. Gegenüber den bestehenden Regelungen werden im Entwurf die Fertigstellung der wichtigsten Infrastrukturprojekte forciert, städtische Verkehrsknoten thematisiert und die internationalen Verbindungen auf der Schiene vorangetrieben. So soll durch die Attraktivierung des internationalen Schienenverkehrs ein weiterer Beitrag zum Senken der Treibhausgasemissionen geleistet werden, um den Grünen Deal umzusetzen. Ziel ist es dabei, hohe Geschwindigkeiten von über 160 km/h im Personenverkehr und von über 100 km/h im Güterverkehr zu garantieren. AK und vida begrüßen das Anliegen der EU-Kommission, das TEN-V rasch vollenden zu wollen. Allerdings geben sie zu bedenken, dass die alleinige Fokussierung auf die internationalen bzw. auf Hochgeschwindigkeitsverkehre einige Risiken bergen: So kann durch den Hochgeschwindigkeitsverkehr eine schlechtere Trassenauslastung die Folge sein, wenn auf denselben Schienen auch Regionalverkehre unterwegs sind. Genau dieser Regionalverkehr transportiert mit 93 % allerdings die mit Abstand meisten Bahnkund*innen. Die Ziele des Grünen Deals sind daher nur dann erreichbar, wenn mehr Investitionen in den Stadt- und Regionalverkehr fließen.

In Europa gibt es rund elf Millionen Beschäftigte im Verkehr. Sie stellen die Versorgung der Union mit Gütern und die Mobilität der Bevölkerung sicher. Ebenso sicher sollten daher deren Arbeitsplätze sein, denn letztlich sind gute Arbeitsbedingungen, zeitgemäße Ruhemöglichkeiten und faire Entlohnung Grundvoraussetzung für die Verkehrsabwicklung. Jedoch bleibt der Entwurf gerade im Bereich der Ruhe- und Erholungsmöglichkeiten weit hinter den Erwartungen zurück. Pausen- und Übernachtungsräume sind in Bezug auf Ausstattung und Anzahl in vielen Teilen der EU oft unzumutbar. Daher sind kostenfreie, sichere und zeitgemäße Parkplätze für alle Arbeitnehmer*innen sicherzustellen, denn ausgeruhte Arbeitnehmer*innen sind für die Verkehrssicherheit entscheidend. Außerdem sollte der Maximalabstand zwischen zwei Parkplätzen am TEN-Straßennetz der Union nicht größer sein als 65 km.

Die Kontrolle der Einhaltung geltender Regeln, etwa beim technischen Zustand der Schienenfahrzeuge oder bei der Eignung der Beschäftigten, werden je nach Mitgliedstaat und Infrastrukturbetreiber*in unterschiedlich gehandhabt. Art und Anzahl der Kontrollen, wie sie für den Straßenverkehr EU-weit vorgegeben werden, existieren auf der Schiene nicht. Außerdem sind die Einrichtungen für die Eisenbahner*innen entlang der Schieneninfrastruktur sehr unterschiedlich ausgestattet. So ist häufig nicht gewährleistet, dass Beschäftigte die notwendigen Sanitärräume entlang der Strecke vorfinden. Ebenso wenig ist sichergestellt, dass Züge immer dort abgestellt werden, wo zumindest eine minimale soziale Infrastruktur vorhanden ist. Die Sicherheit auf der Schiene kann nur dann gewährleistet werden, wenn die soziale Infrastruktur für die Beschäftigten flächendeckend eingerichtet sowie sicher und leicht erreichbar ist. Darüber hinaus braucht es Kontrollen, um Verstöße gegen die geltenden Standards zu ahnden. Abschließend braucht es für die Beschäftigten einen einheitlichen Standard für den Datenaustausch zur Sicherstellung fairer Arbeitszeiten und zur Sicherstellung des Vorhandenseins der erforderlichen Kenntnisse, beispielsweise hinsichtlich der Infrastruktur oder der Fahrzeuge.

Weitere Informationen:
AK EUROPA Positionspapier: Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität
AK EUROPA: Eurovignettenrichtlinie – Straßenverkehr soll sauberer werden, aber nicht verlagert
AK EUROPA: „Fit for 55“-Paket II – Vorschläge aus dem Verkehrsbereich

Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), Europäische Kommission;