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Plenartagung des Europäischen Parlaments – Wie wurde abgestimmt?

Die aktuelle Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 4. bis 7. April 2022 stattgefunden. Welche Themen dabei auf der Tagesordnung standen, ist hier nachzulesen.

Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:

  • Parlament fordert Embargo gegen Einfuhren von Öl, Kohle und Gas aus Russland
  • Geschlechtsspezifisches Lohngefälle: Verbindliche Lohntransparenz
  • Neue Leitlinien für transeuropäische Energieinfrastruktur
  • REACT-EU: 3,4 Milliarden Euro für ukrainische Flüchtlinge
  • Neue Regeln für EU-weiten Datenaustausch

Parlament fordert Embargo gegen Einfuhren von Öl, Kohle und Gas aus Russland
Angesichts der von russischen Streitkräften verübten Gräueltaten in der Ukraine fordern die Abgeordneten weitere Strafmaßnahmen, darunter ein sofortiges „vollständiges Embargo“ gegen Einfuhren von Öl, Kohle, Kernbrennstoff und Gas aus Russland. Dies sollte von einem Plan zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit der EU begleitet werden. Darüber hinaus sprach sich das Parlament u.a. dafür aus, dass die Täter*innen von Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müssen und fordert die Einrichtung eines Sondergerichts der Vereinten Nationen für die Verbrechen in der Ukraine. Die Abgeordneten bekräftigten, dass die Waffenlieferungen fortgesetzt und intensiviert werden müssen, damit die Ukraine sich wirksam verteidigen kann. Ein möglicher Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch Russland würde „schwerwiegendste Konsequenzen“ nach sich ziehen.

Geschlechtsspezifisches Lohngefälle: Verbindliche Lohntransparenz
Frauen verdienen in der EU im Durchschnitt 13 % weniger als Männer bei gleicher Arbeit. Vor diesem Hintergrund fordert das Parlament, dass EU-Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten verpflichtet werden, Informationen offen zu legen, die es den Beschäftigten erleichtern, Gehälter zu vergleichen und ein mögliches geschlechtsspezifisches Lohngefälle in ihrem Unternehmen aufzudecken. Beträgt das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen mehr als 2,5 %, muss ein Aktionsplan für die Gleichstellung erstellt werden. Auch Geheimhaltungsklauseln zum Gehalt in Arbeitsverträgen sollen künftig verboten werden. Darüber hinaus soll auch die Beweislast in Lohnfragen verlagert werden. Wenn eine diskriminierte Person einen Fall vor Gericht bringt, sollte demnach der*die Arbeitgeber*in verpflichtet werden zu beweisen, dass keine Lohndiskriminierung stattgefunden hat. Für mehr Information.

Neue Leitlinien für transeuropäische Energieinfrastruktur 
Das Parlament hat neue Regeln für die Förderwürdigkeit von Energieprojekten angenommen. Ziel ist es, die bestehenden EU-Vorschriften an den Green Deal der EU anzupassen. Das EU-Gesetz legt Kriterien und die Methode für die Auswahl von Energievorhaben von gemeinsamem Interesse fest, wie z.B. Hochspannungsleitungen, Pipelines, Energiespeicher oder intelligente Netze, die schneller genehmigt und für EU-Förderung in Frage kommen würden. Die ausgewählten Projekte müssen den EU-Ländern helfen, von festen fossilen Brennstoffen wie Steinkohle, Braunkohle, Torf und Ölschiefer wegzukommen. Die Abgeordneten sicherten die Finanzierung von Projekten zur Umwidmung bestehender Erdgasinfrastruktur für den Transport oder die Speicherung von Wasserstoff während einer Übergangszeit. Projekte dieser Art können bis zum 31. Dezember 2027 von der EU finanziell unterstützt werden.

REACT-EU: 3,4 Milliarden Euro für ukrainische Flüchtlinge
REACT-EU ist ein 50-Milliarden-Euro-Hilfspaket, das 2020 eingerichtet wurde, um die unmittelbaren Auswirkungen der Coronakrise in der gesamten EU zu mildern. Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine billigte das Parlament die sofortige Freigabe von rund 3,4 Milliarden Euro (von insgesamt 10 Milliarden Euro) aus dem REACT-EU-Fonds sowie einen schnelleren Zugriff für EU-Länder auf Mittel für Infrastruktur, Unterkunft, Ausrüstung, Beschäftigung, Bildung, soziale Inklusion, Gesundheitsversorgung und Kinderbetreuung für Flüchtlinge. EU-Länder, die an die Ukraine grenzen (Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei), und solche, die eine erhebliche Anzahl von Flüchtlingen aus der Ukraine aufgenommen haben, die mehr als 1 % ihrer nationalen Bevölkerung entspricht (Österreich, Bulgarien, Tschechien und Estland), können sofort 45 % ihrer Aufbaumittel erhalten.

Neue Regeln für EU-weiten Datenaustausch
Das Parlament hat am Mittwoch neue Vorschriften angenommen, um Daten für Firmen oder Start-Ups besser zugänglich zu machen und so Innovationen zu fördern. Das Daten-Governance-Gesetz zielt darauf ab, das Vertrauen in die gemeinsame Nutzung von Daten zu stärken, neue EU-Regeln für die Neutralität von Datenmarktplätzen zu schaffen und die Wiederverwendung bestimmter Daten im Besitz des öffentlichen Sektors zu erleichtern. Es wird gemeinsame europäische Datenräume in strategischen Bereichen wie Gesundheit, Umwelt, Energie, Landwirtschaft, Mobilität, Finanzen, Fertigung, öffentliche Verwaltung und Kompetenzen einrichten. Während der Verhandlungen stellten die Abgeordneten sicher, dass es keine Schlupflöcher gibt, die es Betreiber*innen aus Nicht-EU-Ländern ermöglichen würden, das System zu hintergehen. Zu diesem Zweck wurden die Bestimmungen über Vertrauen und fairen Zugang gestärkt

Weitere Höhepunkte

Das Parlament hat seine Forderungen für einen für 2022 geplanten Vorschlag der Kommission zum „Recht auf Reparatur“ angenommen. Ein neues „Recht auf Reparatur“ muss Waren haltbarer und reparierbar machen und eine bessere Kennzeichnung zur Verbraucher*inneninformation sowie eine Erweiterung der Garantierechte umfassen. Praktiken, die das Recht auf Reparatur unangemessen einschränken oder zu Wertminderung durch Veralten führen, könnten als „unlautere Geschäftspraktiken“ betrachtet und nach EU-Recht verboten werden.

Das Parlament unterstützt Pläne, die Auffüllung der strategischen Gasreserven der EU zu beschleunigen, damit Haushalte und Unternehmen über genügend Gas für die nächste Heizperiode verfügen. Die Abgeordneten fordern, dass die Gasspeicher bis zum 1. November 2022 zu mindestens 80 % gefüllt sein müssen. Zudem sollen Maßnahmen zum Schutz der Reserven durch äußere Einflussnahme gesetzt werden.

 

© ÖGfE

 Die nächste Plenarsitzung findet von 2. bis 5. Mai 2022 statt.

Quellen:
Europäisches Parlament, Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE);