Zum Hauptinhalt wechseln
pixabay

Mindeststeuer für Großunternehmen – noch keine Einigung

Für große Konzerne, die in der EU aktiv sind, soll ab 2023 ein effektiver Mindeststeuersatz von 15 % gelten. In der öffentlichen Abstimmung der Finanzminister*innen im Rat (ECOFIN) konnte am 15. März 2022 jedoch keine Einigung zur globalen Mindeststeuer erzielt werden. Vier Länder stimmten gegen den Kompromiss, bei Steuerfragen bedarf es im Rat jedoch der Einstimmigkeit.  

137 Länder konnten sich im Oktober 2021 auf Ebene der OECD auf gemeinsame Regeln zur Mindeststeuer für Großunternehmen wie Facebook oder Amazon einigen, die aus zwei Säulen besteht: Die erste Säule betrifft die Neuverteilung der Besteuerungsrechte an den Konzerngewinnen zwischen den einzelnen Staaten und soll zu einer faireren Verteilung der staatlichen Besteuerungsrechte führen. Die zweite Säule sieht eine Mindestbesteuerung von 15 % vor. Damit sollen nun endlich internationale Regeln geschaffen werden, um Steuervermeidung entgegenzutreten. Die Kommission hatte daraufhin im Dezember 2021 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, um zunächst die zweite Säule der internationalen Vereinbarung rasch in europäisches Recht umsetzen zu können.

Trotz der Zustimmung aller EU-Staaten auf OECD-Ebene stimmten Schweden, Estland, Malta und Polen gegen den Text. Damit blieben die französischen Bemühungen auf eine einstimmige Zustimmung im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft erfolglos. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire zeigte sich erstaunt, dass es trotz der Einigung auf OECD-Ebene noch grundsätzliche Einwände gegen eine Mindeststeuer gebe. Der schwedische Finanzminister Mikael Damberg begründete die Ablehnung seines Landes damit, dass noch nicht alle technischen Fragen unter dem Zeitdruck geklärt werden konnten. Malta und Estland verwiesen darauf, dass sie als relativ kleine Länder mit wenigen Großunternehmen mit unverhältnismäßig großen Umsetzungs- und Verwaltungskosten konfrontiert wären. Malta forderte daher eine Verlängerung der Ausnahmeregelung für Mitgliedstaaten, die weniger als zehn betroffene Unternehmen haben. Polen wiederum besteht darauf, dass beide Säulen der globalen Mindeststeuer zusammen beschlossen werden. Ansonsten könne nicht genügend politischer Druck auf Drittländer ausgeübt werden, das Konzept umzusetzen, so die polnische Position. Am 5. April 2022 erfolgt die nächste Abstimmung der Finanzminister*innen im Rat (ECOFIN), bis zu der Bruno Le Maire Zeit hat, die Kritiker*innen an Bord zu holen.

Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft kritisiert die Blockadehaltung einzelner Mitgliedstaaten und verweist auf die verheerenden Folgen für die Allgemeinheit: „Diese Blockadehaltung kostet die EU jedes Jahr knapp 1.000 Milliarden Euro, die wir in unseren Spitälern, Pflegeheimen und Kindergärten dringend brauchen. Multinationale Konzerne stehlen sich so aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Und diese Verluste müssen anderswo wieder aufgefangen werden. Die Steuerlast wird zu einem immer größeren Anteil von Arbeitnehmer*innen und Konsument*innen getragen. Gleichzeitig wird es zunehmend schwieriger, öffentliche Investitionen zu tätigen und wichtige Ausgaben zu sichern.“

Die AK begrüßt in ihrer Stellungnahme die anvisierte Mindeststeuer grundsätzlich. Der Richtlinienvorschlag der Kommission ist jedoch über die Einigung auf OECD-Ebene hinaus wenig ambitioniert ausgefallen. Die Steuerpolitik in der EU unterliegt nämlich weiterhin dem Einstimmigkeitsprinzip in den Ratsabstimmungen, was zu großzügigen Ausnahmeregelungen und wenig ambitionierten Schwellenwerten für Unternehmen geführt hat, da jeder einzelne Mitgliedstaat dadurch ein Vetorecht besitzt. Aus Sicht der AK ist das geringe Ambitionsniveau bedauerlich, da hochgesteckte Steuersätze der EU eine wichtige Vorbildwirkung darstellen könnten und die Einnahmen im Angesicht der aktuellen politischen und ökonomischen Krisen dringend gebraucht werden.

Die AK fordert die Möglichkeit, wesentliche Parameter nach einer Übergangsperiode ohne Änderung der Richtlinie anpassen zu können, wie z.B. die Höhe des Mindeststeuersatzes. Ergänzend dazu sollte es eine verpflichtende wissenschaftliche Evaluierung hinsichtlich der ökonomischen Effekte wie Aufkommen und Umgehung der Mindeststeuer geben. Weiters muss die nationale Ergänzungssteuer ersatzlos gestrichen werden, da sie nur den Steueroasen nützt, zusätzliche Einnahmen auf Kosten der Normalsteuerländer zu lukrieren. Abschließend müssen aufgrund der auf OECD-Ebene mit 15 % sehr niedrig festgesetzten Mindeststeuer andere Dossiers auf EU-Ebene weiterverfolgt werden, wie die Einführung der Gesamtkonzernsteuer BEFIT gegen Gewinnverschiebungen oder die Erhöhung der Transparenz bei der Konzernsteuer im Rahmen der Bilanzrichtlinie. Auch für Kattnig ist der Mindeststeuersatz von 15 % zu wenig: „Um einen wirklich fairen Steuerbeitrag sicherzustellen, wäre ein globaler Mindeststeuersatz von 25 %, wie ihn auch viele Expert*innen und internationale Organisationen gefordert hatten, notwendig gewesen.“

Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Kommission legt Vorschlag zur Mindestbesteuerung multinationaler Konzerne vor
AK EUROPA Policy Brief: Effective Minimum Tax Implementation – Alternatives to Unanimity

Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel);