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Konzerne zur Kasse! Globaler Mindeststeuersatz auf 15 % ab 2023

Am 22. Dezember 2021 präsentierte die Kommission einen Richtlinienvorschlag zur Einführung einer globalen Mindeststeuer in der EU. Der Richtlinienvorschlag basiert auf der im Oktober 2021 erzielten Einigung von 136 Ländern auf OECD-Ebene. Für große Konzerne, die in der EU aktiv sind, soll ab 2023 ein effektiver Mindeststeuersatz von 15 % gelten. Auch Steuersümpfen wird der Kampf angesagt.

Die Steuertricks der Konzerne kosten Staaten weltweit Steuereinnahmen von jährlich 312 Milliarden US-Dollar. In Anbetracht der Coronakrise und sich weiter verschärfender Ungleichheiten in Europa ist es inakzeptabel, dass Unternehmen großzügige staatliche Unterstützungen erhalten und gleichzeitig ihre steuerlichen Abgaben minimieren. Des Weiteren hat internationaler Steuerwettbewerb zu einem Wettlauf nach unten bei der Unternehmensbesteuerung geführt. Infolgedessen fehlen den Staaten wichtige Steuereinnahmen zur Bewältigung der Coronakrise und zur Finanzierung der sozial-ökologischen Transformation.

Das Zwei-Säulen-System der OECD-Einigung
Nach jahrelangen Verhandlungen auf OECD-Ebene im Rahmen des Inclusive Framework konnte am 8. Oktober 2021 eine als durchaus historisch zu bezeichnende Einigung erzielt werden: 136 Länder verständigten sich auf eine Reform des internationalen Steuersystems, um globalen Steuerwettbewerb einzudämmen und Steuervermeidung und -hinterziehung zu bekämpfen. Die OECD-Einigung basiert auf einem Zwei-Säulen-System: Während Säule 1 die Besteuerungsrechte der Staaten neu regelt, beinhaltet Säule 2 die Einführung einer globalen effektiven Mindeststeuer für multinationale Konzerne. Die geplanten Reformen im Rahmen der OECD-Einigung sollen 2023 umgesetzt werden.

Der Richtlinienvorschlag zur Mindeststeuer
Am 22. Dezember 2021 präsentierte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni den mit Spannung erwarteten Richtlinienvorschlag, durch welchen die effektive Mindeststeuer von 15 % (Säule 2) in der EU umgesetzt werden soll. Von der Mindeststeuer sollen jene Unternehmen betroffen sein, welche einen Jahresumsatz von mehr als 750 Millionen Euro erzielen und in der EU vertreten sind. Der Richtlinienvorschlag der Kommission folgt der Einigung auf OECD-Ebene in praktisch allen Punkten: So enthält er auch die sogenannte Substanzausnahme, durch deren Anwendung der effektive Steuersatz für Unternehmen unter 15 % fallen kann. Aus europarechtlichen Gründen soll die EU-Mindeststeuer aber auch für reine Inlandssachverhalte gelten, wodurch auch Inlandstöchter von Konzernen der EU-Mindeststeuer unterworfen werden, was einer nicht unwesentlichen Verschärfung gleichkommt.

Die Position der AK
Aus Sicht der AK ist die internationale Steuerreform im Rahmen der OECD-Einigung grundsätzlich zu begrüßen, stellt sie doch einen ersten wichtigen Schritt zu mehr Steuergerechtigkeit dar. Die Mindeststeuer kann außerdem helfen, die Steuertricks der Konzerne und den Steuerwettbewerb der Staaten zu beschränken. Da die EU-Kommission nicht über die internationale Einigung hinausgegangen ist, ist der Richtlinienvorschlag dennoch als wenig ambitioniert zu bezeichnen.

Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, teilt diese Einschätzung und führt aus: „Die Tatsache, dass es nunmehr ernsthafte Bemühungen gibt, dass global agierende Konzerne endlich Steuern zahlen, ist sehr zu begrüßen. Die nun vorgeschlagenen 15 % sind allerdings eindeutig zu wenig. Um einen wirklich fairen Steuerbeitrag sicherzustellen, wäre ein globaler Mindeststeuersatz von 25 %, wie ihn auch viele Expert*innen und internationale Organisationen gefordert hatten, notwendig gewesen. Auch die zahlreichen Schlupflöcher, die immer noch vorhanden sind, müssten geschlossen werden, da sonst insbesondere Großkonzerne wie Amazon & Co wieder aus der Steuerpflicht heraus sind. Insgesamt gäbe es also noch viel Luft nach oben.“

Nicht zuletzt auf Druck europäischer Niedrigsteuerländer wie Irland und Ungarn wurde die Mindeststeuer auf lediglich 15 % gedeckelt und großzügige Ausnahmenregelungen in die finale Einigung aufgenommen. Das EU Tax Observatory hat berechnet, dass eine Anhebung der Mindeststeuer auf 21 % die jährlichen Steuereinnahmen in der EU auf 170 Milliarden Euro steigern und damit mehr als verdoppeln würde. Die Substanzausnahmen werden hingegen die Steuereinnahmen der EU im ersten Jahr von 83 auf 64 Milliarden Euro reduzieren. Auch aus Sicht der AK bräuchte es also eine Anhebung des Mindeststeuersatzes. Wichtig wäre es daher, Möglichkeiten einer künftigen Erhöhung des Mindeststeuersatzes – z.B. durch eine opting-out Option – in der Richtlinie zu verankern. Darüber hinaus sollten die weitreichenden Substanzausnahmen abgeschafft werden. Auch eine Senkung der Umsatzschwelle von 750 Millionen Euro wäre sinnvoll, um den Anwendungsbereich der Mindeststeuer zu vergrößern. Des Weiteren betonen Steuerexpert*innen, dass die harmonisierte Bemessungsgrundlage der Mindeststeuer auch als Basis für weitere steuerpolitische Initiativen wie das Gesamtsteuerkonzept BEFIT genutzt werden könnte.

Da der Richtlinienvorschlag bereits einen Kompromiss darstellt, ist es zentral, dass die Mindeststeuer im weiteren politischen Prozess nicht weiter verwässert wird. Diese Gefahr besteht jedoch, da eine Umsetzung der vorgelegten Mindeststeuerrichtlinie Einstimmigkeit im Rat voraussetzt. In diesem Sinne sollten auch Alternativen zur Einstimmigkeit – wie die verstärkte Zusammenarbeit einzelner Mitgliedstaaten – in Betracht gezogen werden, um die effektive Umsetzung der Mindeststeuer in der EU zu gewährleisten.

Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Effektiven Mindeststeuersatz in der EU schnell umsetzen!

Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), Arbeiterkammer Wien, Europäische Kommission, EU Tax Observatory, ipg-journal.de, Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), tagesschau.de, Tax Justice Network;