Infomailing vom 11.04.2023
577. Plenartagung des EWSA
Vom 22. bis 23. März fand die 577. Plenartagung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) in Brüssel statt. Dabei wurde eine Reihe von Stellungnahmen und Resolutionen des verabschiedet. Eine Auswahl davon findet sich untenstehend.
EU-Aktionsplan zur Digitalisierung des Energiesystems (TEN/798)
Im Oktober 2022 nahm die Europäische Kommission zusätzlich zu den Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung der hohen Energiepreise den „EU-Aktionsplan zur Digitalisierung des Energiesystems“ an. Zu diesem verabschiedete der EWSA im Rahmen seiner Plenartagung am 22. März eine unter der Federführung von Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft und des EWSA, ausgearbeitete Stellungnahme. Näheres dazu findet sich hier.
Jugendaktionsplan für das auswärtige Handeln der EU (REX/566)
Der EWSA setzt sich mit seiner Stellungnahme zum Jugendaktionsplan für das auswärtige Handeln der EU für die Stimmen der Jugend ein. Der EWSA spricht sich dabei dafür aus, bei der Umsetzung des geplanten Aktionsplans das Augenmerk stets auf die am stärksten ausgegrenzten jungen Menschen zu legen. Zugleich soll die EU bei allen führungsbezogenen Maßnahmen Basisinitiativen für junge Menschen in lokalen Gemeinschaften in den Mittelpunkt stellen. Der EWSA bekräftigt in seiner Stellungnahme außerdem, dass Bildungsmaßnahmen auf die Gleichstellung und vor allem den Schutz junger Mädchen* ausgerichtet sein sollten und dass Strategien zur Einbindung der am schwersten zu erreichenden jungen Menschen vorgesehen werden sollten. Thomas Kattnig, der in die Ausarbeitung der Stellungnahme involviert war, merkt dazu an: „Als younion _ Die Daseinsgewerkschaft haben wir sichergestellt, dass die Bekämpfung von Kinderarmut und die Stärkung der Mitbestimmungsrechte von Jugendorganisationen in den Text aufgenommen werden.“
Vereint für die Demokratie
Unter dem Titel „Vereint für die Demokratie“ hat der EWSA bei seiner letzten Plenartagung eine Entschließung zur Wichtigkeit der demokratischen Mitbestimmung verabschiedet, bei der es vor allem um die Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Sozialpartner am demokratischen Prozess geht. Der EWSA geht darin unter anderem auf die Konferenz zur Zukunft Europas ein und fordert u.a. die Erarbeitung einer europäischen Strategie für die Zivilgesellschaft sowie die Berücksichtigung von Bürger*innenforen und Konsultationen der Organisationen der Zivilgesellschaft bei zentralen Entscheidungen auf europäischer Ebene. Aus Sicht der younion _ Die Daseinsgewerkschaft muss bei der Verbesserung der demokratischen Mitbestimmung auch die betriebliche Mitbestimmung immer im Zentrum der Überlegungen stehen. Das bedeutet aus unserer Sicht, dass auf EU-Ebene der soziale Dialog gestärkt, die Abkommen der Sozialpartner rechtlich bindend umgesetzt und die Stärkung der Betriebsräte verbessert werden müssen.
Your Europe, Your Say! 2023
Zeitgleich mit der Plenartagung fand vom 23. bis 24. März in Brüssel auch der Jugend-Demokratiedialog „Your Europe, Your Say!“ (YEYS) statt. Dabei hatten Schüler*innen aus ganz Europa in einem facettenreichen Programm die Möglichkeit, den EWSA kennenzulernen. Aus Österreich nahmen Schüler*innen der HAK Tulln an der diesjährigen Ausgabe des YEYS teil. Vor ihrer Reise nach Brüssel hatte Thomas Kattnig die Schüler*innen bereits im Februar in ihrer Schule in Tulln besucht, um mit ihnen über die EU, den EWSA und Demokratie auf allen Ebenen vom Betrieb bis zur EU zu sprechen. Vor Ort in Brüssel konnten die Schüler*innen die europäischen Institutionen kennenlernen und an der Sitzung des EWSA teilnehmen. Darüber hinaus erhielten sie auch die Möglichkeit, in Form eines Jugendparlaments selbst politische Mitbestimmung praktisch zu erleben.
Weiterführende Informationen:
Debattenübersicht der 557. Plenartagung des EWSA
Kernaussagen zur Stellungnahme zum EU-Jugendaktionsplan im auswärtigen Handeln
Quellen:
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA);
Digitalisierung des Energiesystems – Schlüssel zu einer erfolgreichen Energiewende
Im Oktober 2022 nahm die Europäische Kommission den „EU-Aktionsplan zur Digitalisierung des Energiesystems“ an. Dieser soll dazu dienen, das Energiesystem digitaler, effizienter, nachhaltiger und sicherer zu machen. Konkret soll der von der Kommission vorgeschlagene Plan zur Folge haben, dass Konsument*innen mehr Überblick über ihren Energieverbrauch erhalten und diesen so auch besser steuern können. Auch die Integration der Energiesysteme und die Beteiligung von „Prosumern“ bzw. „Prosumenten“ an der Energiewende soll durch den Plan unterstützt werden. So soll künftig dezentrale Energieversorgung – etwa durch private PV-Anlagen – erleichtert und gefördert werden. Zudem soll die Sicherheit – vor allem im Cyber-Bereich – verbessert werden.
EWSA zwischen Lob und Kritik
In seiner Ende März verabschiedeten Stellungnahme zum Aktionsplan schwankt der EWSA zwischen Lob und Kritik für den Vorschlag der Kommission. Der Ausschuss lobt zwar die Initiative an sich und auch einige Ansätze wie die Stärkung der Prosumer sowie den Fokus auf Cybersicherheit. Allerdings übt der EWSA auch Kritik. So wird in der Stellungnahme etwa kritisiert, dass es die Kommission versäumt habe, den Aktionsplan in die Energiepolitik insgesamt zu integrieren. Zudem wird im Bericht angemerkt, dass sichergestellt werden muss, dass Bürger*innen ausreichend über den Digitalisierungsprozess informiert und in diesen Eingebunden werden. Nur wenn soziale Dynamiken des Übergangs berücksichtigt und in Strategien und Maßnahmen einbezogen werden, kann der digitale Wandel Erfolg haben.
Konsument*innen und Beschäftigte im Fokus
Aus Sicht von Thomas Kattnig, Berichterstatter für die Stellungnahme, muss die Kommission neben den genannten Punkten vor allem in zwei Bereichen noch deutlich nachbessern. „Konsument*innen und Beschäftigte müssen deutlich stärker in den Fokus gerückt werden. Einerseits darf die soziale Dimension bei Überlegungen der Digitalisierung nicht auf der Strecke bleiben. Digitale Instrumente müssen nutzerfreundlich sein und schutzbedürftige Gruppen sowie Menschen mit Behinderungen berücksichtigen. Es darf nicht sein, dass durch Digitalisierung eine Zwei-Klassen-Gesellschaft im Energiebereich entsteht. Andererseits muss auch die Rolle der Beschäftigten viel stärker mitgedacht werden. Wenn nicht genug Fachkräfte für die Einführung digitaler Technologien zur Verfügung stehen, besteht die Gefahr, dass neue Dienste und Lösungen nicht schnell genug umgesetzt werden können. Daher braucht es frühzeitig die nötigen arbeitsmarkt- und bildungspolitischen Maßnahmen und die finanziellen Mittel, um diesem möglichen Problem schon jetzt zu begegnen. Die Zusammenarbeit mit Arbeitnehmer*innen und deren Vertretungen ist dabei für den Erfolg solcher Maßnahmen entscheidend.“
Weiterführende Informationen:
Stellungnahme des EWSA zum Aktionsplan Digitalisierung des Energiesystems
Kernaussagen zur Stellungnahme zum Aktionsplan Digitalisierung des Energiesystems
Quellen:
Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Deutschland), Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA);
Veranstaltungshinweis: Podiumsdiskussion „Wie es gelingen kann: Strategien für den sozialen und ökologischen Umbau“
Die aktuelle Energie- und Inflationskrise bedeutet für viele Haushalte unerschwingliche Strom- und Gaspreise. Das führt uns vor Augen, dass wir die drohende Klimakrise nur wirksam bekämpfen können, wenn wir niemanden zurücklassen.
Die soziale mit der ökologischen Frage zusammenzudenken ist notwendige Voraussetzung, um die nachhaltige Veränderung unseres Wirtschaftssystems gerecht zu gestalten. Als Gewerkschaften setzen wir uns auf europäischer Ebene für eine solche Just Transition (gerechter Übergang) ein. Ziel ist es, die Auswirkungen der Klimakrise sozial abzufedern und allen Menschen gleichermaßen die Chance zu bieten, an einer klimaneutralen Zukunft teilzuhaben.
Das kann nur gelingen, wenn auch die wichtige Funktion der Städte und Gemeinden erkannt wird. 70 Prozent aller Klimaschutzmaßnahmen passieren auf lokaler und regionaler Ebene. Viele Jobs in der kommunalen Daseinsvorsorge sind sogenannte „grüne Jobs“, die wesentlich zu einer ökologischen Umgestaltung unserer Gesellschaft beitragen. Um ihre Rolle wahrnehmen zu können, müssen Gemeinden jedoch ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Außerdem müssen rasch Maßnahmen gegen den herrschenden Personalnotstand getroffen werden. Hier ist vor allem die Bundesebene gefordert.
Als younion _ Die Daseinsgewerkschaft wollen wir konkrete Antworten auf diese Problemstellungen geben. Ab 19. April findet daher die von uns mitorganisierte Akademie für sozialen und ökologischen Umbau statt. An drei Tagen werden Gewerkschaften, Klimabewegung und Wissenschaft an Strategien für eine sozial-ökologische Wende arbeiten. Am 20. April lädt die Arbeiterkammer zu einer großen Podiumsdiskussion ein. Die Gäste sind:
- Leonore Gewessler, Bundesministerin für Klimaschutz
- Ingrid Reischl, leitende Sekretärin des ÖGB
- Lucia Steinwender, Klimaaktivistin
- Klaus Dörre, Soziologe
Moderation: Lukas Oberndorfer, Arbeiterkammer Wien
Für die Anmeldung zum Livestream oder zur Teilnahme vor Ort (begrenzte Teilnahmezahl!) bitte hier klicken.
Die Veranstaltung ermöglicht einen wichtigen Austausch für Gewerkschafter*innen und Klimaaktivist*innen, um gegenseitiges Verständnis beider Perspektiven für die sozial-ökologische Transformation zu schaffen. Alle Interessierten sind daher herzlich eingeladen mitzudiskutieren. Wir freuen uns auf euch!