Infomailing International 13.01.2022
Bessere Arbeitsbedingungen für Plattform-Beschäftigte
Die Europäische Kommission hat am 9. Dezember 2021 einen mit Spannung erwarteten Richtlinienentwurf zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Beschäftigte bei Online-Plattformunternehmen vorgelegt. Dieser Richtlinienentwurf umfasst drei Ziele: die Bekämpfung von Scheinselbständigkeit, die Schaffung von mehr Transparenz und Fairness sowie die Einführung umfassender Informationspflichten.
Seit Jahren haben Arbeitnehmer*innenvertretungen einen EU-Rechtsrahmen für die Beschäftigten von Online-Plattformen aufgrund der prekären Situation der dort Beschäftigten gefordert. Nun hat die Europäische Kommission am 9. Dezember 2021 hierzu einen erfreulich konkreten Richtlinien-Vorschlag präsentiert.
Europäische Kommission geht gegen prekäre Arbeit und Scheinselbständigkeit vor
Ein Hauptproblem der Plattformwirtschaft ist, dass Plattformen regelmäßig versuchen, Arbeitsrecht zu umgehen. Häufig werden die für die Plattformen tätigen Personen fälschlicherweise als freie Dienstnehmer*innen oder Selbständige eingestuft. Bei korrekter rechtlicher Betrachtung wären viele jedoch als Arbeitnehmer*innen einzuordnen. So haben in den letzten Jahren zahlreiche Gerichte in den Mitgliedstaaten diese Scheinselbständigkeit korrigiert, wobei Plattformen aber überaus zögerlich waren, diese für sie unvorteilhafte Gerichtsentscheidungen auch tatsächlich umzusetzen.
Deshalb sieht der Entwurf vor, dass Mitgliedstaaten von einem Arbeitsverhältnis zwischen der digitalen Arbeitsplattform und dem/der Plattformbeschäftigten ausgehen müssen, wenn mindestens zwei von fünf Kriterien bezüglich des Vorliegens ausreichender Leistungskontrolle durch die Plattform erfüllt sind. Leistungskontrolle liegt beispielsweise vor, wenn die Plattform die Ausführung der Arbeit elektronisch überwacht und die Höhe der Vergütung bestimmt. Der Begriff der digitalen Arbeitsplattform wird im Richtlinienentwurf weit verstanden: Erfasst sind Plattformen, auf denen Dienstleistungen von Personen erbracht werden, die über die Plattform organisiert und individuell von Kund*innen nachgefragt werden. Konkret betroffen wären damit Plattformen zur Personenbeförderung wie Uber und Bestellplattformen wie Delivery Hero.
Eine derartige Regelung hatte AK EUROPA schon in einem Policy Brief gefordert und kann als echter rechtspolitischer Erfolg gewertet werden, weil sie die Durchsetzung des korrekten rechtlichen Status von Plattformbeschäftigten wesentlich erleichtert. Die Beschränkung auf nur fünf Kriterien und die Voraussetzung, dass zwei davon erfüllt sein müssen, erscheint jedoch zu restriktiv.
Algorithmisches Management
Die zweite Kernthematik, der sich der Richtlinienentwurf widmet, ist das „algorithmische Management“: Bei dieser Form der Arbeitsorganisation werden viele, wenn nicht gar alle wesentlichen Entscheidungen durch Datensammlung und automatisierte Entscheidungen getroffen. Digitale Arbeitsplattformen müssen Plattformbeschäftigte nun über Überwachungssysteme ebenso informieren wie über automatisierte Entscheidungsfindungen, wenn diese „bedeutsam“ für die Betroffenen sind. Dies betrifft unter anderem Informationen bezüglich der Auftragsvergabe sowie der Bewertung der geleisteten Arbeit. Dabei ist ein Mindestinhalt dieser Informationen vorgesehen. Außerdem hat die Informationsbereitstellung am ersten Arbeitstag zu erfolgen sowie auch später auf Antrag der Beschäftigten sowie ihrer Vertreter*innen und den Arbeitsbehörden. Digitale Arbeitsplattformen müssen die Auswirkungen dieser automatisierten Systeme auch regelmäßig abschätzen und deren Risiken evaluieren.
Transparenz von Plattformarbeit
Digitale Arbeitsplattformen müssen Plattformarbeit an die zuständigen Arbeits- und Sozialversicherungsbehörden des Mitgliedstaates, in dem die Leistungserbringung erfolgt, melden. Zudem müssen digitale Arbeitsplattformen den Behörden sowie auch den Vertreter*innen der Plattformbeschäftigten bestimmte Informationen zur Verfügung stellen. Dies betrifft unter anderem die Anzahl der Plattformarbeitenden, deren vertragliche Einordnung sowie die Allgemeinen Vertragsbedingungen. Auch wenn so nicht alle relevanten Daten, wie zum Beispiel das Beschäftigungsausmaß und Entgelt, zur Verfügung gestellt werden, so wird damit doch die Datenlage bei der Plattformarbeit in einem gewissen Umfang verbessert und eine sachliche politische Diskussion über die Notwendigkeit weiterführender Regulierung ermöglicht.
Kommissionsvorschlag in den Verhandlungen nicht verwässern!
Der Richtlinienentwurf ist aus Sicht der AK positiv einzuschätzen. Aus Arbeitnehmer*innensicht hätte er jedoch weiter gehen können und kommt den digitalen Arbeitsplattformen wesentlich entgegen. Die Kriterienmethode zur Feststellung eines Arbeitsverhältnisses ist weniger ambitioniert als erwartet, während der erweiterte Geltungsbereich bezüglich der Transparenz und Fairness von Algorithmen sehr zu begrüßen ist. Die Europäische Kommission hat sich in dem vorliegenden Vorschlag jedenfalls als überaus problembewusst erwiesen und durchaus originelle, interessensausgleichende Lösungen gefunden. Erst einmal müssen jedoch nun die nationalen Staats- und Regierungschef*innen im Rat davon überzeugt werden, die schon jetzt sehr ausgewogen wirkende Richtlinie zu verabschieden. Wesentlich ist dabei, den vorgeschlagenen Text nicht weiter zu verwässern. Denn sonst würde am Ende nur ein wenig effektives Mittel übrigbleiben, das besser klingt als wirkt.
„Initiativen zugunsten von Selbstständigen“
Auch die Internationale Föderation der Musiker*innen (FIM) berichtet über den Richtlinien-Entwurf als einen Vorschlag, um die Kräfteverhältnisse zwischen prekär Beschäftigten und den Unternehmen, die ihre Dienste in Anspruch nehmen, wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Genauso wie den ebenfalls von der Kommission veröffentlichten Entwurf von Leitlinien zur Präzisierung der Anwendung des Wettbewerbsrechts bei Selbstständigen für Tarifverträge betrachtet die FIM den Vorschlag als für die betroffenen Arbeitnehmer*innen von herausragender Bedeutung. Die FIM kündigt an, sich bis zum Abschluss beider Themenbereiche an der Seite ihrer Partner innerhalb der EAEA stark einzubringen. Für mehr Information.
Ebenso hält Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, sowohl den Richtlinien-Entwurf als auch die oben erwähnten Leitlinien zum Wettbewerbsrecht bei Selbstständigen für wichtige Vorschläge und Schritte in die richtige Richtung: „Dass die Kommission in diesem Zusammenhang die Stärkung der Beschäftigten hervorhebt, um das Problem der Scheinselbstständigkeit in Angriff zu nehmen, ist sehr zu begrüßen. Wir werden die Dokumente einer juristischen Prüfung unterziehen und im Austausch mit relevanten Stakeholdern eruieren, ob es von unserer Seite noch Forderungen bzw. Aspekte gibt, auf die wir besonders achten müssen.“
Wir bleiben dran
Wir werden diesen Themenbereich weiterverfolgen und im Rahmen dieses Infomailings zum gegebenen Zeitpunkt über weitere Entwicklungen berichten.
Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), Arbeit & Wirtschaft Blog, Europäische Kommission, Internationale Föderation der Musiker*innen;
Deutschlands neue Bundesregierung
Seit Ende November 2021 ist die Ampel-Koalition in Deutschland fix. SPD, Grüne und FDP haben sich auf ein 117 Seiten starkes Koalitionsabkommen unter dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“ geeinigt. Am 8. Dezember 2021 erfolgte die Ernennung und Vereidigung von Olaf Scholz (SPD) zum Bundeskanzler sowie der übrigen Regierungsmitglieder.
Hier eine schwerpunktmäßige Zusammenfassung des Koalitionsabkommens:
Künftige Energiepolitik Deutschlands: Klares Bekenntnis zu Versorgungssicherheit und Erneuerbaren-Ausbau
Ein klares „Ja“ gibt es von der Ampel-Koalition zu Erdgas. Bis die Versorgungssicherheit durch erneuerbare Energien gewährleistet werden kann, sollen moderne Erdgaskraftwerke errichtet werden. Sie müssen „H2-ready“, das heißt bereit für die Umstellung auf klimaneutrale Gase, sein. Neben der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit will man so den steigenden Strom- und Energiebedarf zu wettbewerbsfähigen Preisen decken.
Der Erneuerbaren-Anteil am Stromverbrauch soll auf 80 Prozent im Jahr 2030 angehoben werden. Den Windkraft-Ausbau möchte man mit einem erhöhten Onshore-Flächenziel von 2 Prozent und einer Ausweitung der Offshore-Kapazitäten auf mindestens 30 GW im Jahr 2030 anstoßen. Für gewerbliche Neubauten sieht das Koalitionsabkommen eine Photovoltaik(PV)-Verpflichtung vor. Bei privaten Neubauten sollen PV-Anlagen zur Regel werden. Als Ausbauziel für PV werden ca. 200 GW bis 2030 angegeben. Das Ziel möchte man über den Abbau bürokratischer Hürden, eine Beschleunigung der Netzanschlüsse, eine Anpassung der Vergütungssätze sowie eine stärkere Nutzung innovativer Solarenergie wie Agri- und Floating-PV erreichen.
Für den Wärmesektor plant die Koalition eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung und den Ausbau der Wärmenetze. Rund 50 Prozent der Wärme soll bis 2030 klimaneutral erzeugt werden. Ab dem 1. Jänner 2025 ist eine 65-prozentige Erneuerbare-Energien-Anforderung für neue Heizungen vorgesehen.
In puncto Wasserstoff ist für das Jahr 2030 eine Elektrolysekapazität von rund 10 GW vorgesehen. Sichergestellt werden soll dies vor allem durch den Zubau von Offshore-Windenergie. Auf europäischer Ebene möchte sich die Koalition für eine einheitliche Zertifizierung von Wasserstoff und stärkere Importpartnerschaften einsetzen. Im Koalitionsabkommen wird Wasserstoff nicht ausdrücklich auf bestimmte Anwendungsfelder begrenzt.
Zum 1. Jänner 2023 soll die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis beendet werden. Diese übernimmt der Energie- und Klimafonds, ein Sondervermögen, finanziert aus dem Bundeshaushalt und den Einnahmen aus dem Emissionshandel.
Im Dialog mit Unternehmen will man Lösungen suchen, wie Betriebsgenehmigungen für Energieinfrastruktur (Kraftwerke oder Gasleitungen) mit fossilen Brennstoffen rechtssicher so erteilt werden können, dass der Betrieb über 2045 hinaus nur mit nicht-fossilen Brennstoffen fortgesetzt werden kann, ohne einen Investitionsstopp oder Entschädigungsansprüche auszulösen.
Der Kohleausstieg soll idealerweise schon bis 2030 erfolgen. Dazu wird der für 2026 vorgesehene Überprüfungsschritt bis Ende 2022 analog zum Kohleausstiegsgesetz vorgezogen.
Gebäudesektor: Faire Kostenteilung
Das Koalitionsabkommen sieht eine faire Teilung des zusätzlich zu den Heizkosten zu zahlenden CO2-Preises zwischen den Vermieter*innen und den Mieter*innen vor. Dazu ist ein Stufenmodell ab dem 1. Juni 2022 nach Gebäudeenergieklassen, welches die Umlage des CO2-Preises nach dem BEHG regelt, vorgesehen.
Mobilität: Mehr Klimaschutz durch Ausbau des ÖPNV und Elektroauto-Offensive
Die Rahmenbedingungen für vielfältige Mobilitätsangebote in Stadt und Land sollen weiterentwickelt werden. Mobilität ist ein zentraler Baustein der Daseinsvorsorge und Voraussetzung für gleichwertige Lebensverhältnisse, wie es im Koalitionsabkommen heißt. Die Förderkulisse ist im Mobilitätsbereich generell auf klimaschutzrelevante Maßnahmen ausgerichtet, wobei ein klarer Fokus auf dem ÖPNV liegt. Bestehende Förderprogramme für kommunale Nutzfahrzeuge sollen verlängert werden.
Aufholen möchte die Koalition in Sachen E-Mobilität. Das Ziel lautet 15 Millionen vollelektrische PKW und eine Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugängliche Ladepunkte bis 2030. Der Schwerpunkt wird auf einer Schnellladeinfrastruktur liegen.
Im Bereich smarte Mobilität ist eine Verpflichtung für Verkehrsunternehmen und Mobilitätsanbieter geplant, künftig ihre Echtzeitdaten unter fairen Bedingungen bereitzustellen. Innovative Mobilitätslösungen werden unterstützt und eine langfristige Strategie für autonomes und vernetztes Fahren einbezogen. Die Verkehrsordnung soll für digitale Anwendungen wie die digitale Parkraumkontrolle geöffnet werden. Ein eigenes Mobilitätsdatengesetz soll rechtliche Fragen rund um die Datenspeicherung und Nutzung klären und somit die Bahn für autonomes Fahren in Deutschland frei machen.
Wasser: Mehr Gewässerschutz und Klimaresilienz
Geplant ist laut Koalitionsabkommen eine Novelle des Abwasserabgabengesetzes, mit dem Ziel der Verbesserung des Gewässerschutzes. Außerdem soll eine Leitlinie entwickelt werden, die der öffentlichen Trinkwasserversorgung den Vorrang einräumt.
Mit einem Klimaanpassungsgesetz will die Koalition einen Rahmen schaffen, um gemeinsam mit den Ländern eine nationale Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen, etwa in den Bereichen Hitzevorsorge oder Gesundheits- und Allergieprävention, umzusetzen. Kommunen sollen bei Investitionen in Klimaresilienz, insbesondere in eine klimafeste Wasserinfrastruktur, die Extremniederschlägen und Niedrigwasser Stand hält, unterstützt werden. Die Inanspruchnahme von Förderungen für steuerschwache und überschuldete Kommunen wird angepasst.
Abfall: Klares Bekenntnis zur Abfallvermeidung
Im Koalitionsabkommen ist die Etablierung eines Anreizsystems vorgesehen, um Elektrogeräte und gefährliche Lithium-Batterien umweltgerecht zu entsorgen. Die Einführung eines Recycling-Labels und die Aufnahme von chemischem Recycling im Verpackungsgesetz als Recyclingoption sind ebenso geplant wie ein verstärkter Einsatz für ein europaweites Ende der Deponierung von Siedlungsabfällen.
Was fehlt ist eine Regelung zum Littering, also dem achtlosen Wegwerfen von Abfällen in der Umwelt.
Finanzierung: Mehr leistungsstarke und handlungsfähige Kommunen
Kommunen mit hohen Altschulden, die sich nicht mehr aus eigener Kraft aus dieser Situation befreien können, werden von ihren Altschulden entlastet.
Für den ÖPNV soll ein Ausbau- und Modernisierungspakt die Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten zu verbessern. 2022 werden die pandemiebedingten Ausfälle wie bisher ausgeglichen.
Beschleunigung von Genehmigungsverfahren
Um Verwaltungsverfahren zu beschleunigen, will die Koalition eine frühestmögliche und intensive Öffentlichkeitsbeteiligung einführen. Diese soll mit einer Mitwirkungspflicht für anerkannte Naturschutzverbände und für die betroffene Öffentlichkeit kombiniert werden. Eine wirksame und unionsrechtlich zulässige Form der materiellen Präklusion sowie möglichst frühe Stichtage sollen Verfahren beschleunigen.
In Hinblick auf EU-politische Themen setzt die neue deutsche Bundesregierung folgende Schwerpunkte:
Allgemein:
- Europapolitische Schwerpunkte: Klimawandel, Digitalisierung und „Bewahrung der Demokratie“. Orientierung an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDG).
- EU-weit soll die soziale Aufwärtskonvergenz befördert und die Säule der sozialen Rechte umgesetzt werden. Dafür soll das Europäisches Semester genutzt werden.
- Stärkung des EU-Parlaments: z.B. durch ein Initiativrecht.
- EU-Wahlreform: Einheitliches europäisches Wahlrecht mit teils transnationalen Listen und verbindliches Spitzenkandidat*innensystem.
- Wo notwendig: Bi-/multilaterales Vorangehen. Die enge Zusammenarbeit mit Frankreich wird betont.
- Die Arbeit des Rats muss transparenter werden. Teilweise öffentliche Verhandlungen gefordert.
- Besserer Schutz der kritischen Technologie und Infrastruktur.
- Europäische, rechtliche Standards sollen Maßstäbe für globale Regelwerke schaffen.
- Investitionen in europäische digitale Infrastruktur, gemeinsames Eisenbahnnetz und Energieinfrastruktur für erneuerbaren Strom.
Fiskalpolitik:
- Der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP) soll einfacher und transparenter werden, dadurch soll sich die Durchsetzung verbessern.
- Die Schuldentragfähigkeit muss erhalten werden. Preissteigerungen sollen von der Europäischen Zentralbank (EZB) bekämpft werden, Preisstabilität ist die wesentliche Aufgabe der EZB.
- Der Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) soll flexibler gestaltet werden und damit vor allem Programme für transnationale Infrastruktur, Forschung und Erasmus stärken.
Mitbestimmung:
- Demokratische Mitbestimmung auf europäischer Ebene und europäische Betriebsräte sollen gefördert und wirkungsvoll weiterentwickelt werden.
- Gesellschaftsrechtspaket: Auch bei grenzüberschreitenden Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen von Gesellschaften müssen nationale Beteiligungsrechte respektiert und gesichert werden.
Mindestlohn-Richtlinie:
Während der Koalitionsverhandlungen hat sich Deutschland nicht in den Verhandlungen im Rat positioniert. Mit dem Koalitionsvertrag steht jetzt fest: „Wir unterstützen den Vorschlag der EU-Kommission“. Einsatz für verbindliche Mindeststandards für „armutsfeste Mindestlöhne.“
Lohntransparenz-Richtlinie:
- Ziel: Verringerung der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern europaweit.
- EU-Richtlinie für Lohntransparenz ist wichtige Maßnahme.
- Eine ehrgeizige Ausgestaltung muss die Situation möglichst vieler Frauen erfassen, „bürokratiearm und mittelstandskonform“ umgesetzt werden und ein nach Betriebsgrößen und Leistung gestaffeltes Berichtssystem vorsehen.
- Die Ausgestaltung der Richtlinie soll Deutschland nicht zur Einführung eines Verbandsklagerechts zwingen, sondern ermöglichen, dass Arbeitnehmer*innen ihre individuellen Arbeitnehmer*innenrechte durch Verbände im Wege der Prozessstandschaft durchsetzen.
Entsendungen:
- Verbesserter Schutz von Beschäftigten bei grenzüberschreitenden Entsendungen.
- Voller Krankenversicherungsschutz ab dem ersten Tag für Saisonbeschäftigte.
- Ratifizierung des Übereinkommens Nr. 184 der ILO über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft angekündigt.
- Einführung einer Europäischen Sozialversicherungsnummer.
- Informationsplattform in allen EU-Sprachen zu Arbeitsrecht, Altersvorsorgesystemen, Sozialversicherungsansprüchen, Besteuerung und Portabilität.
- Europaweit richtlinienkonforme Umsetzung und Durchsetzung der Entsenderichtlinie. Effektive und effiziente Kontrollen.
- ELA: Europäische Arbeitsbehörde nutzen, um geltendes Recht durchzusetzen und Kontrollen besser zu koordinieren. Dazu braucht es ein klares Mandat, das Mitgliedstaaten zur Kooperation und gegenseitigen grenzüberschreitende Auskunft und Inspektionen anhält.
- Mobile Telearbeit soll über die EU-Mitgliedstaaten hinweg problemlos möglich sein.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bewertet das Koalitionsabkommen grundsätzlich positiv, nähere Details dazu sind hier nachzulesen.
Quellen:
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Deutsches Bundesministerium der Justiz/Bundesamt für Justiz, ÖGB-Europabüro, spd.de/gruene.de/fdp.de, Verband der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (VÖWG);
Krebs am Arbeitsplatz verhindern – Einigung erzielt
Die Kampagne „Stop Cancer at Work“ begrüßt die erzielten Fortschritte beim Schutz von Arbeitnehmer*innen vor Krebs und reproduktiven Problemen.
Die Kampagne „Stop Cancer at Work“ begrüßte kürzlich die vorläufige politische Einigung des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates, in die vierte Überarbeitung der Richtlinie über Karzinogene und Mutagene (Carcinogens and Mutagens Directive, CMD) erstmals einen stärkeren Schutz und einen Verweis auf reproduktionstoxische Stoffe und gefährliche Arzneimittel (Hazardous Medicinal Products, HMP) aufzunehmen.
Die Vereinbarung zielt darauf ab, Arbeitnehmer*innen im Gesundheitswesen und Patient*innen bessere Präventionsmaßnahmen gegen die Exposition gegenüber reproduktionstoxischen Stoffen und gefährlichen Arzneimitteln am Arbeitsplatz zu bieten.
Reprotoxine können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder zu Unfruchtbarkeit führen, so dass ihre erstmalige Aufnahme in den Geltungsbereich der Richtlinie über Karzinogene und Mutagene besonders für Arbeitnehmer*innen, unabhängig davon, welchem Geschlecht sie angehören, von Vorteil ist. Die Aufnahme hat auch zur Folge, dass die Richtlinie fortan als Richtlinie über Karzinogene, Mutagene und Reprotoxine (Carcinogens, Mutagens and Reprotoxic Substances, CMRD) bezeichnet wird.
Zwölf Reprotoxine mit einem verbindlichen Grenzwert für die Exposition am Arbeitsplatz werden in Anhang III der Richtlinie aufgenommen und erstmals in den Geltungsbereich einbezogen.
In Bezug auf gefährliche Arzneimittel werden Schulungen für Arbeitnehmer*innen, die mit solchen Stoffen umgehen, in den Rechtstext aufgenommen, ebenso wie die Verpflichtung, bis Ende 2022 mit relevanten Interessengruppen und in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern (Europäischer Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst/EGÖD und Europäische Arbeitgebervereinigung für Kliniken und Gesundheitswesen/HOSPEEM) EU-Leitlinien anzunehmen.
Darüber hinaus heißt es in der Vereinbarung, dass die Kommission gegebenenfalls und spätestens ein Jahr nach der Umsetzung dieser Richtlinie unter Berücksichtigung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach angemessener Konsultation der relevanten Interessengruppen eine Definition und eine indikative Liste von gefährlichen Arzneimitteln entwickelt.
Quellen:
Europäischer Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD), stopcanceratwork.eu;
Konferenz über die Zukunft Europas
Die Möglichkeit der Beteiligung an der Konferenz, über die wir bereits im Sommer 2021 berichtet haben, endet zwischen Ende Jänner und Ende Februar 2022 – verschaffe dir jetzt Gehör!
Mit der am vergangenen Europatag (9. Mai 2021) gestarteten Debatte zur Zukunft der Europäischen Union bietet sich die Gelegenheit, die EU-Bürger*innen ganz konkret zur Mitgestaltung von politischen Strategien innerhalb der EU einzuladen. Dieser Dialog soll die Gemeinschaft nicht nur stärken, sondern auch die Widerstandsfähigkeit der EU gegenüber wirtschaftlichen und gesundheitlichen Krisen verbessern. Dazu ist es aber auch notwendig, die kritischen Themen anzusprechen und sich verstärkt auf den Alltag der EU-Bürger*innen zu konzentrieren, wie z.B. in den Bereichen Soziales, Gesundheitswesen, Arbeitsplätze und Wohnen. Speziell die junge Generation soll sich an dieser Zukunftsdiskussion beteiligen und über ihre Zukunft aktiv mitentscheiden.
Die Konferenz über die Zukunft Europas bietet allen europäischen Bürger*innen und auch Organisationen die Gelegenheit, die Zukunft der Europäischen Union aktiv mitzugestalten.
· Welche Zukunft wünschst du dir für die EU?
· Was sind für dich wichtige Prioritäten?
· Welche Herausforderungen siehst du und wie sollen diese bewältigt werden?
· Welche Veränderungen sind deiner Ansicht nach notwendig?
· Wie sollen wir mit Fragen der Solidarität, der Demokratie oder der Rechtsstaatlichkeit umgehen?
· Sollen soziale Grundrechte Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Rechten haben?
· Soll das Europäische Parlament Gesetze initiieren dürfen?
· Soll die Europäische Union in Fragen der Steuer-, Klima-, Sozial- oder Verteidigungspolitik mit Mehrheit entscheiden?
Die Zukunft liegt in deinen Händen – verschaffe dir Gehör!
Über eine mehrsprachige Online-Plattform, die als Schnittstelle zwischen dir und der Konferenz dient, hast du die Möglichkeit, deine Ideen einzubringen. Dabei kannst du aus einem breiten Spektrum an Diskussionsthemen wählen.
Deine eingebrachten Ideen werden während der gesamten Konferenz, die zumindest bis ins Frühjahr 2022 läuft, auf der Plattform gesammelt und fließen in die Diskussionen im Rahmen der Europäischen BürgerInnenforen und Plenarversammlungen der Konferenz ein.
Darüber hinaus hast du die Möglichkeit zu sehen, was andere zu sagen haben und deren Ideen unterstützen, Veranstaltungen in deiner Umgebung finden oder selbst organisieren sowie die Fortschritte und Ergebnisse der Konferenz mitverfolgen.
Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) hat eine Reihe kurzer Statements und Forderungen zu gewerkschaftlich besonders relevanten Themen auf der Online-Plattform veröffentlicht, die – auf ähnliche Weise wie in sozialen Medien – ganz einfach unterstützt werden können.
Auch für younion _ Die Daseinsgewerkschaft ist es entscheidend, diesen Prozess mitzugestalten und die Bürger*innen mitzunehmen.
Wie funktioniert’s?
Um sich an den Aktivitäten auf der Online-Plattform beteiligen zu können, ist lediglich eine einmalige Registrierung („EU-Login“) erforderlich. Alternativ ist auch eine Anmeldung über soziale Medien möglich.
Offizieller Web-Leitfaden (DE)
Die Konferenz über die Zukunft Europas hängt von deiner Beteiligung auf dieser Online-Plattform ab – mach jetzt mit!
Quellen:
Europäische Kommission, Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB), futureu.europa.eu;
Rückfragen:
younion _ Die Daseinsgewerkschaft
Internationales, EU und Daseinsvorsorge
Thomas Kattnig
Mitglied Bundespräsidium
https://www.facebook.com/younion.at/
https://twitter.com/younion_at
Ausgabe: 13. Jänner 2021