Infomailing vom 29.06.2022
Aktuelles vom EGÖD
Erweiterte EU auf der Tagesordnung
In einer historischen Entscheidung haben sich der Europäische Rat und das Parlament vergangene Woche darauf geeinigt, dass die Ukraine und Moldau den Status von EU-Beitrittskandidaten erhalten, während der EGB-Exekutivausschuss beschlossen hat, die Beitrittsanträge der georgischen, moldawischen und ukrainischen Gewerkschaftsbünde zu prüfen. Die meisten Arbeitnehmer*innen und Menschen in diesen Ländern sehen die EU-Mitgliedschaft als eine willkommene Perspektive. Wir wissen, dass der Prozess langwierig sein wird, zumal sich der Krieg hinzieht und die russischen Invasoren einen großen Teil der Ostukraine besetzt halten. In der Zwischenzeit wurde den Ländern des westlichen Balkans eine Beschleunigung des Prozesses ihrer EU-Mitgliedschaft zugesagt, Bosnien-Herzegowina erhielt den Status eines Kandidatenlandes und es wurde bestätigt, dass Kroatien am 1. Jänner 2023 der Eurozone beitreten wird. Dies bedeutet neue und herausfordernde Perspektiven für die Europäische Union, aber sicherlich auch für die Arbeitnehmer*innen und unsere Gemeinschaften, damit die EU sich weiterhin auf den sozialen Fortschritt konzentriert.
Internationaler Tag der öffentlichen Dienste am 23. Juni
Im Vorfeld des internationalen Tages der öffentlichen Dienste beschäftigten sich viele Arbeitnehmer*innen mit der Lebenshaltungskostenkrise, die vor allem durch die hohen Energiepreise verursacht wurde. Demonstrationen, die zu Gehaltsaktionen aufriefen, fanden in Dublin, London, Rom und anderen Orten statt, und Beschäftigte des Europäischen Gewerkschaftsverbandes für den Öffentlichen Dienst (EGÖD) nahmen an der großen Demonstration in Belgien am 20. Juni teil. In weiterer Folge streikten in Nordmazedonien Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, darunter Polizeiverbände, Beschäftigte des Gesundheitswesens und Gemeindebedienstete, wegen der Bezahlung und ihres Tarifvertrags. Auch die Beschäftigten des skandalumwitterten französischen Pflegeunternehmens Orpea streikten, ebenso wie die Beschäftigten der Bahn, der Abfallwirtschaft und der Pflege im Vereinigten Königreich. Viele Gewerkschaften nutzten den Tag der öffentlichen Dienste, um höhere Löhne zu fordern und mit Seminaren und anderen Aktionen auf den Bedarf an mehr Personal, insbesondere in der Pflege, hinzuweisen. Der EGÖD hat sich gegen die Kommerzialisierung unserer öffentlichen Dienste gewehrt, und mehrere Mitglieder des Europäischen Parlaments haben sich einer Gruppe belgischer Gewerkschaften und dem EGÖD angeschlossen, um Respekt für die Arbeit unserer Mitglieder zu zeigen.
Das Europäische Gewerkschaftsinstitut (ETUI) hat vergangene Woche eine große Konferenz zum Thema Gleichstellung organisiert, und mit dem französischen Wirtschaftswissenschaftler Thomas Piketty und vielen anderen wurde über die Rolle der öffentlichen Dienste bei der Verwirklichung der Gleichstellung diskutiert. Piketty plädiert für einen demokratischen Sozialismus – mehr Arbeitnehmer*innenrechte und Demokratie am Arbeitsplatz, mehr Mitbestimmung und Transparenz in öffentlichen Institutionen, mehr Steuergerechtigkeit und Umverteilung des Reichtums sowie Investitionen in den Sozialschutz und die öffentlichen Dienste – ein Programm, das wir in der Gewerkschaftsbewegung teilen.
Kampf für unsere Rechte
Dieses Programm und diese Vision der Gesellschaft stehen in krassem Gegensatz zu den Angriffen auf die Rechte der Frauen in den USA. Vergangene Woche hat der Oberste Gerichtshof das Urteil Roe vs. Wade aus dem Jahr 1973 aufgehoben, das die Abtreibung im ganzen Land legalisierte. Viele US-Bundesstaaten haben den Schwangerschaftsabbruch bereits verboten und aus der Gesundheitsfürsorge herausgenommen. Angesichts ähnlicher Angriffe auf Frauenrechte in Europa, vor allem in Polen, dürfen wir nicht vergessen, dass wir jeden Tag für die Rechte der Frauen und andere Rechte kämpfen müssen. Die Ermordung von Mitgliedern der LGBTQI+-Gemeinschaft in Oslo und die Polizeiaktionen gegen die Gay-Pride-Parade in Istanbul erinnern uns eindringlich daran, dass sich viele Arbeitnehmer*innen in der Gesellschaft und an ihren Arbeitsplätzen nicht sicher genug fühlen, um zu zeigen, wer sie sind. Wir wollen, dass unsere öffentlichen Dienste sichere Orte für die Beschäftigten und für alle, die sie nutzen, sind. Der EGÖD hat eine Solidaritätsbotschaft an die norwegischen Gewerkschaften geschickt. Darüber hinaus findet am 4. Juli in der Türkei eine weitere Anhörung im Prozess gegen Gonul Erden, eine der Vorsitzenden der Gesundheitsgewerkschaft SES, statt. Eine EGÖD-Delegation wird zur Unterstützung und aus Solidarität an der Verhandlung teilnehmen.
Melilla
In Nordafrika wurde die verzweifelte Lage der Flüchtlinge, die vor Hunger, Zerstörung und Krieg in der Ukraine und an vielen anderen Orten fliehen, in aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Tausende stürmten die Zäune um die spanische Stadt Melilla – eine kleine Enklave in Nordmarokko. Viele wurden getötet und verletzt, darunter auch Angehörige der spanischen Polizei und der staatlichen Sicherheitsdienste. Die Auslagerung der EU-Grenzkontrollen und das Ignorieren der großen Gruppen von Flüchtlingen, die Frieden, Nahrung und eine bessere Zukunft suchen, schadet der EU mehr, als es ihr nützt. Es müssen kollektive Lösungen gefunden werden, vergleichbar mit jenen für ukrainische Flüchtlinge.
EGB – Telearbeit, Energiepreise, Mindestlöhne
Auf der Sitzung des Exekutivausschusses des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB) in der vergangenen Woche, an der auch Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft teilnahm, wurde das Mandat für die bevorstehenden Verhandlungen über Telearbeit auf sektorübergreifender Ebene gebilligt und Stellung gegen die hohen Energiepreise bezogen. Von den Mitgliedstaaten wurden energischere Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer*innen und ihrer Familien gefordert. Die Gewerkschaften begrüßten auch den zwischen dem Europäischen Rat und dem Parlament erzielten Kompromiss zur Richtlinie über angemessene Mindestlöhne, der wichtige Bestimmungen enthält, die dazu beitragen, dass die meisten Arbeitnehmer*innen in den Genuss des Schutzes, der Löhne und der Bedingungen von Tarifverträgen kommen. Schließlich wurde Yolanda Gil, Vizepräsidentin des EGÖD-Ausschusses für Gesundheits- und Sozialdienste, Mitglied des EGÖD-Jugendnetzwerks und der spanischen Gesundheits- und Pflegegewerkschaft FSS-CCOO, zur Vorsitzenden des EGB-Jugendausschusses gewählt.
Quellen:
Europäischer Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD);
Weltweite Menschenrechtsverletzungen durch europäische Unternehmen
Große europäische Unternehmen wurden am 28. Juni wegen Menschenrechtsverletzungen in anderen Teilen der Welt namentlich genannt und angeklagt, was die Notwendigkeit eines stärkeren Engagements der EU im Bereich der Unternehmensverantwortung unterstreicht.
Nestle, AB InBev und H&M gehören zu den Unternehmen mit Hauptsitz in Europa, deren Verhalten in der ganzen Welt im neu veröffentlichten Globalen Rechtsindex 2022 des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) unter die Lupe genommen wurde.
„Die Unternehmen werden nicht zur Rechenschaft gezogen und haben in zu vielen Fällen ihren moralischen Kompass verloren“, so der IGB, der den Bericht erstellt hat.
Doch die Europäische Kommission hat ihr Versprechen, die Unternehmensverantwortung zu verbessern, bisher nur in Ansätzen eingelöst: Der schwache Richtlinienentwurf muss erheblich verbessert werden, um wirksam zu sein.
Europäische Unternehmen verletzen weltweit die Rechte von Arbeitnehmer*innen
Nestlé – Brasilien:
Nestlé nutzte die Pandemie weiterhin als Vorwand, um Löhne und Sozialleistungen zu kürzen. In seiner Schokoladenfabrik in Vila Velha in Espírito Santo beschloss das Unternehmen einseitig, die Essensgutscheine von 680 R$ auf 350 R$ fast zu halbieren, nachdem es bereits den Anteil der an die Arbeitnehmer*innen weitergegebenen Gewinne reduziert hatte. Die Kürzung der Essenszuschüsse begann zunächst in São Paulo, wo das Unternehmen die Hälfte seiner Belegschaft beschäftigt. Im Jahr 2019 entließ das Unternehmen dort mehr als 200 Beschäftigte, musste sie aber nach einem Gerichtsbeschluss wieder einstellen. Im Gegenzug waren die Gewerkschaften jedoch gezwungen, eine Vereinbarung zu akzeptieren, die die Leistungen für die Beschäftigten, einschließlich der Lebensmittelgutscheine, reduzierte.
AB InBev – Peru:
AB InBev führte Personalumstrukturierungen durch, ohne die Gewerkschaften zu konsultieren. Im Zuge der Umstrukturierung entließ das Unternehmen drei Gewerkschaftsgeneralsekretäre sowie fünfzehn Beschäftigte im nördlichen Werk in Motupe, Peru, die alle Mitglieder der streikenden Backus National Union sind.
Heinz-Glas – Peru:
Heinz-Glas setzte seine gewerkschaftsfeindliche Politik fort, um die Gewerkschaft aufzulösen und Tarifverhandlungen zu verhindern. Das Unternehmen bot den Mitgliedern Hilfe bei ihrem Austritt an, ging sogar zu ihnen nach Hause, schickte ihnen das Austrittsschreiben, rief sie einzeln an, um sie zum Austritt zu ermutigen, und bot denjenigen, die sich für einen Austritt entscheiden würden, eine Stelle mit höherem Einkommen an.
H&M – Neuseeland:
Die Bekleidungskette H&M hat am 24. April 2021 vierzehn Beschäftigte während der Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag suspendiert, um sie für ihre Bemühungen um einen existenzsichernden Lohn zu bestrafen. Bereits 2019 wurden gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte von H&M ausgesperrt, nachdem sie in den Geschäften Aufkleber mit der Forderung nach gerechter Entlohnung getragen hatten.
Santander - Brasilien:
Das Unternehmen erzwang bei 40 Gewerkschaftsführer*innen der Bank eine Lohnkürzung um 55 %, nachdem sie die Bezahlung von Überstunden rechtlich eingefordert hatten.
Die Fälle machen deutlich, dass europäische Unternehmen ohne eine strenge Richtlinie zur Sorgfaltspflicht weiterhin ungestraft in der ganzen Welt agieren werden.
In seiner jetzigen Form bietet der Richtlinienentwurf den Opfern von Rechtsverletzungen nicht nur keinen effektiven Zugang zur Justiz oder zu Sanktionen, die auf Unternehmen abschreckend wirken, sondern untergräbt auch die Ausübung von Gewerkschaftsrechten, die in internationalen und europäischen Menschenrechtsinstrumenten wie den IAO-Übereinkommen und der Europäischen Sozialcharta des Europarats verankert sind.
EGB-Bundessekretärin Isabelle Schömann sagte dazu:
„Unternehmen sollten sich im Ausland so verhalten, wie sie es zu Hause tun. Aber in zu vielen Fällen glauben große Markenunternehmen, dass sie die Rechte von Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften außerhalb Europas nicht einhalten müssen.
Einige der reichsten Unternehmen Europas treten die Rechte einiger der ärmsten Arbeitnehmer*innen der Welt mit Füßen und stellen ihre eigenen Gewinne über die Menschen und den Planeten. Die Führungen der Unternehmen, die in dem heutigen Bericht genannt werden, sollten sich schämen.
Der EGB fordert eine strenge EU-Gesetzgebung, um diese Geschäftsmodelle in die richtige Bahn zu lenken. Bislang hat die Europäische Kommission dem Lobbyismus der Unternehmen nachgegeben und nur das absolute Minimum angeboten. Eine EU-Richtlinie über die Rechenschaftspflicht von Unternehmen sollte die Beteiligung der Arbeitnehmer*innen am gesamten Sorgfaltspflichtenprozess für eine Null-Toleranz-Strategie gegen Menschenrechtsverletzungen vorsehen, die sicherstellt, dass die Opfer vor Gericht gehen können und Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen haben, mit Sanktionen rechnen müssen.“
Für mehr Information.
Quellen:
Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB);
Urheberrecht: Französische Streaming-Vereinbarung abgeschlossen
Die französische Streaming-Vereinbarung vom 12. Mai 2022 ist das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Musiker*innengewerkschaften, Tonträgerfirmen und ihren jeweiligen Verwertungsgesellschaften. Sie ist Teil der Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/790) in französisches Recht und stützt sich auf den Nationalen Tarifvertrag für die Veröffentlichung von Tonträgern (Convention collective nationale de l’édition phonographique CCNEP).
Die Vereinbarung garantiert allen Künstler*innen die Zahlung von anteiligen Mindestvergütungen, wenn ihre Aufnahmen in Form von Streaming verwertet werden.
Umfang – Begünstigte
1. Förderfähig sind jene Tonträger, die unter einen Aufnahmevertrag nach französischem Recht fallen, der ab 1. Juli 2022 mit einem Produzenten abgeschlossen wird, dessen Haupttätigkeit im Herausgeben von Tonträgern besteht. Alle Tonträger, die ab 1. Juli 2022 im Rahmen eines bereits bestehenden Exklusivvertrags veröffentlicht werden, fallen ebenfalls unter diese Vereinbarung.
2. Begünstigte sind ausübende Künstler*innen, die auf einem förderfähigen Tonträger auftreten, unabhängig von ihrer Nationalität und unabhängig davon, ob es sich bei ihrer Beschäftigungsvereinbarung um einen Arbeitsvertrag oder einen Dienstleistungsvertrag handelt.
3. Die Bemessungsgrundlage für abgabepflichtige Einnahmen umfasst alle Einnahmen aus dem Streaming eines abgabepflichtigen Tonträgers, unabhängig davon, in welchem Land der Streamingdienst angeboten wird.
4. Wenn ein qualifizierter Tonträger in einen Videoträger eingebettet ist, der in Form eines Streams zur Verfügung gestellt wird (Streaming), werden die Einnahmen, die in diesem Zusammenhang mit dem Videoträger erzielt werden, bei der Berechnung der Lizenzgebühren berücksichtigt.
Berechnung und Zahlung der den ausübenden Künstler*innen zustehenden Vergütungen
A. Grundvergütung gemäß CCNEP
– Bei der Aufnahme eines Tonträgers mit einer Dauer von 40 Minuten werden folgende Vergütungen fällig:
– Hauptkünstler*in: 1.219,60 Euro (Grundgage), wobei sowohl die Aufnahmezeit als auch die Abtretung von Rechten vergütet wird.
B. Vergütungen, die im Rahmen der Mindestvergütungsgarantie (MVG) für Streaming fällig werden
Hauptkünstler*innen
1. Garantierte Mindestrückvergütungen (werden vom Produzenten an die Künstler*innen gezahlt).
– Fall eines Produzenten und Verleihers: garantierter Mindestsatz von 11 % während der Absetzungsperiode. Außerhalb der Ermäßigungsperiode sinkt der Satz auf 10 %.
– Wenn der Produzent nicht sein eigener Verleiher ist: garantierter Mindestsatz von 13 % der vom Produzenten durch Streaming eingenommenen Nettosummen, wobei 11 % der vom Verleiher eingenommenen Summen nicht überschritten werden dürfen.
– Wenn der Produzent einen exklusiven Lizenzvertrag abgeschlossen hat: garantierter Mindestsatz von 28 % der eingenommenen Nettosummen. Abschläge sind hierbei nicht erlaubt.
2. Vorschüsse (werden vom Produzenten an die Künstler*innen gezahlt).
– 1.000 Euro brutto pro Album ab dem Zeitpunkt, an dem der Tonträger online gestellt wird (500 Euro, wenn der Produzent ein Kleinstunternehmen ist, mit einer Frist von 3 Monaten nach der Online-Stellung).
– Die Verwertungsgesellschaften (VG) der Produzenten werden nach und nach ein Hilfssystem für Kleinstunternehmen einrichten, um die Zahlung des Vorschusses zu erleichtern.
Begleitende Künstler*innen (oder „Nicht-Hauptkünstler*innen)
1. Pauschale Mindestvergütung von 1,5 % der Grundgage (171,82 Euro), d.h. 2,58 Euro pro aufgenommener Minute, die der Produzent den ausübenden Künstler*innen zum Zeitpunkt der Aufnahme zahlt.
2. Die Zahlung einer zusätzlichen Pauschalvergütung erfolgt, sobald die folgenden Schwellenwerte erreicht werden:
– 7,5 Millionen Streams: 20 % der Grundgage,
– 15 Millionen Streams: 30 % der Grundgage,
– 30 Millionen Streams: 35 % der Grundgage.
3. Die den begleitenden Künstler*innen zustehenden Vergütungen werden von den Produzenten durch die VG der Produzenten eingezogen und dann durch ihre eigenen VG an die begünstigten ausübenden Künstler*innen verteilt.
Zusätzliche Einrichtung zur Beschäftigungsförderung
Die VG der Produzenten und der Staat zahlen gemeinsam in einen Fonds zur Beschäftigungsförderung ein. Durch die Übernahme von bis zu 75 % der Lohnsumme der ausübenden Künstler*innen fördert dieser Fonds die Beschäftigung und entlastet, unter Einhaltung der geltenden Gesetze und Tarifverträge, die Kleinstunternehmen.
Ausschuss zur Überwachung und Auslegung des Abkommens
Die Vereinbarung sieht die jährliche Zusammenkunft einer Kommission vor, die anhand von Zahlenbilanzen überprüft, ob die in der Vereinbarung vorgesehenen Maßnahmen tatsächlich zu Vergütungen führen, die dem wirtschaftlichen Wert der übertragenen Rechte entsprechen. Um ihre Aufgabe zu erfüllen, muss die Kommission die Entwicklungen des Rechts und der Streaming-Wirtschaft berücksichtigen. Sie kann vorschlagen, die Vereinbarung im Wege von Neuverhandlungen weiterzuentwickeln.
Kommentare
Verhältnismäßigkeit wird gewahrt. Der in Frankreich eingeführte Mechanismus ist insofern innovativ, als er einen verhältnismäßigen Vergütungsanspruch für begleitende Künstler*innen – in Form von aufeinanderfolgenden Pauschalzahlungen – schafft, wobei diese Künstler*innen zuvor nur eine einmalige Zahlung bei der Fixierung erhielten. Die Beibehaltung dieser Praxis der einmaligen Pauschalzahlung war natürlich nicht mit der Richtlinie 2019/790 vereinbar, die vorschreibt, dass die Vergütung „im Verhältnis zum tatsächlichen oder potenziellen wirtschaftlichen Wert der lizenzierten oder übertragenen Rechte“ stehen muss (Erwägungsgrund 73). Tatsächlich ist es unmöglich, die Verhältnismäßigkeit einer einmaligen Zahlung im Vorfeld der Verwertung zu gewährleisten, da sich der Erfolg und die Einnahmen einer Aufnahme im Laufe der Zeit ändern können. In Erwägungsgrund 75 der Richtlinie heißt es, dass „ausübende Künstler*innen […] Informationen [benötigen], um den wirtschaftlichen Wert ihrer Rechte über die Zeit im Vergleich zu der für die Lizenzierung oder Übertragung erhaltenen Vergütung zu bestimmen.“ Die gewählte Regelung (aufeinanderfolgende Zahlungen, die durch im Voraus vereinbarte Schwellenwerte ausgelöst werden) steht somit im Einklang mit dem Kriterium der Verhältnismäßigkeit. Es ist jedoch zu bedauern, dass die derzeit dafür vorgesehenen Vergütungen so niedrig sind.
Das abgedeckte Repertoire ist begrenzt. Da die Bestimmungen des Abkommens nur für Aufnahmeverträge gelten, die ab 1. Juli 2022 unterzeichnet werden, ist das Repertoire vor diesem Datum nicht abgedeckt. Auch wenn der Anteil neuer Aufnahmen im Katalog natürlich steigen wird, führt diese Beschränkung dazu, dass Künstler*innen, die nach dem 1. Juli 2022 keine Alben mehr aufnehmen, nicht in den Genuss des Abkommens kommen, selbst wenn sie über einen umfangreichen Katalog von vor diesem Datum veröffentlichten Titeln verfügen. Diese Situation kann von diesen Künstler*innen als diskriminierend empfunden werden, insbesondere von jenen, die nach Abschluss ihrer Karriere mit einem Einkommensrückgang konfrontiert sind.
Nur wenige Begünstigte außerhalb Frankreichs. Da die Vereinbarung die Unterzeichnung eines Aufnahmevertrags nach französischem Recht voraussetzt, sind fast alle Künstler*innen, die nicht in Frankreich leben oder außerhalb Frankreichs Aufnahmen machen, nicht anspruchsberechtigt. Eine Lösung für dieses Problem könnte eine Vielzahl nationaler Vereinbarungen sein, die auf demselben Modell basieren, aber das ist eine sehr ungewisse Perspektive, und es ist bereits bekannt, dass andere Länder sich für andere Systeme entschieden haben, die beispielsweise auf einer angemessenen Vergütung beruhen, die von den Plattformen eingezogen und kollektiv verwaltet wird. Während diese Lösung gegebenenfalls auch ausländischen Künstler*innen zugutekommen könnte, scheinen die Mechanismen der französischen Vereinbarung dafür nicht geeignet zu sein. Die französische Regierung könnte dazu beitragen, diese Sperre aufzuheben, indem sie die Plattformen zu Verhandlungen mit den Künstler*innenvertreter*innen zwingt.
Eine intelligente Einrichtung zur Beschäftigungsförderung. Der in der Vereinbarung vorgesehene Fonds für Beschäftigungsbeihilfen ist besonders gut durchdacht. Insbesondere die Tatsache, dass der Prozentsatz der Beihilfe mit der Anzahl der engagierten Künstler*innen steigt, schafft einen klaren Anreiz für die Beschäftigung in der Branche, was sowohl den Künstler*innen als auch den Produzenten zugutekommt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Vereinbarung einen echten Fortschritt darstellt und daher zu begrüßen ist. Es ist jedoch wünschenswert, dass sie schrittweise verbessert wird, indem die Aspekte, die ihre Tragweite derzeit einschränken, korrigiert werden.
Quellen:
Europäisches Parlament, Internationale Föderation der Musiker*innen (FIM), legifrance.gouv.fr, Rat der Europäischen Union;