Infomailing vom 27.04.2023
Akademie für sozialen und ökologischen Umbau
Mit jedem Bericht des UN-Weltklimarats werden die Rufe nach wirksamen Handlungen gegen die fortschreitende Klimakrise lauter. Im aktuellen Regierungsabkommen hat sich die österreichische Bundesregierung das Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu werden. Um das zu erreichen, ist jedoch eine massive Dekarbonisierung vieler Bereiche unserer Wirtschaft und Gesellschaft notwendig. Genau hier liegt jedoch das Problem: Schreibt Österreich seine bisherigen Maßnahmen so fort wie bisher, werden die Klimaziele klar verfehlt werden. Während auf politischer Ebene eine wirksame Strategie auf sich warten lässt, haben sich nun Gewerkschaften, Arbeiterkammer, Klimabewegung und Wissenschaft zusammengetan, um über Leitlinien und Bündnisse für einen sozial gerechten Kampf gegen die Klimakrise zu diskutieren.
Breites Bündnis gestartet
Von 19. bis 21. April fand in Wien unter dem Motto „Wir bauen um!“ die Akademie für sozialen und ökologischen Umbau statt. An drei Tagen kamen Vertreter*innen von über 20 Organisationen der Gewerkschafts- und Klimabewegung sowie Wissenschaft zusammen, darunter der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) sowie einige Fachgewerkschaften, Arbeiterkammer, Fridays for Future, Greenpeace, die Universitäten Wien und Kassel und viele mehr. Zum ersten Mal fand in Österreich solch ein breiter Austausch statt. Auch einige Vertreter*innen der younion _ Die Daseinsgewerkschaft waren mit dabei und brachten die Anliegen der von ihnen vertretenen Mitglieder lautstark ein.
Im Fokus der Akademie stand die Frage, wie wir die Klimakrise wirksam aufhalten können und gleichzeitig das Leben der Beschäftigten verbessern können. Denn bislang wurden mögliche Lösungen der Klimakrise viel zu oft ohne Einbezug der Interessen der Beschäftigten diskutiert. Dafür wurden die rund 150 Teilnehmenden der Akademie am ersten Tag nach einem ersten Kennenlernen zunächst auf einen gemeinsamen Stand gebracht und mit der Sachlage zur Klimakrise konfrontiert. In parallelen Workshops wurden unterschiedliche Handlungsfelder näher beleuchtet. Wesentliche Bereiche wie Industrie, Verkehr, Energie und Landwirtschaft wurden gemeinsam mit Expert*innen unter dem Blickwinkel des Bedarfs nach Veränderung und möglicher Handlungsspielräume betrachtet.
Der zweite Tag startete mit einem Ortswechsel in das Kraftwerk Simmering, wo zunächst im Rahmen eines „World Cafés“ bestehende Bündnisse, Initiativen und Werkzeuge vorgestellt wurden. So waren beispielsweise Vertreter*innen der Gewerkschaft vida und Aktivist*innen von Fridays for Future vor Ort und berichteten von ihrer gemeinsamen Solidaritätsaktion im Rahmen der Eisenbahner*innenstreiks im vergangenen November. Die Besichtigung einer der größten Wärmepumpen Europas auf dem Betriebsgelände des Kraftwerks war für viele Teilnehmende ein Höhepunkt der Veranstaltung, zeigte diese doch, dass es durchaus konkrete Ansätze gibt, die Wärmewende einzuläuten. Im Rahmen einer breit angelegten Podiumsdiskussion (hier geht’s zur Aufzeichnung) wurde dann am Donnerstagabend gemeinsam mit Bundesministerin Leonore Gewessler diskutiert, welche Bündnisse es in Zukunft braucht, aber auch, welche Gegenspieler*innen es im Kampf gegen die Klimakrise gibt und wie man sich diesen entgegenstellen kann.
Und wie weiter?
Gegen Ende der dreitägigen Akademie zeigte sich zunehmend, dass die Teilnehmenden großes Interesse haben, ihre Kräfte zu bündeln. Im Rahmen der Akademie wurden zahlreiche Kontakte zwischen Gewerkschafter*innen, Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen geknüpft, aber auch konkrete Ideen für gemeinsame Projekte entwickelt. Zwar waren in den zahlreichen Workshops und Diskussionen durchaus einige Reibungspunkte hervorgetreten, die anwesenden Bewegungen waren sich jedoch einig, dass für einen wirksamen und sozial gerechten Erhalt unserer Lebensgrundlagen das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen ist. So gab es am letzten Tag schließlich auch viel Zuspruch, die Zusammenarbeit über die Akademie hinaus fortzuführen und weiter auszubauen. Das Fundament dafür wurde in diesen drei Tagen geschaffen.
Weiterführende Informationen:
Akademie für sozialen und ökologischen Umbau
orf.at: Österreich verfehlt Klimaziele klar
Quellen:
Akademie für sozialen und ökologischen Umbau, orf.at, younion _ Die Daseinsgewerkschaft;
Plenartagung des Europäischen Parlaments – Wie wurde abgestimmt?
Die vergangene Plenartagung des Europäischen Parlaments hat von 17. bis 20. April 2023 stattgefunden. Welche Themen dabei auf der Tagesordnung standen, ist hier nachzulesen.
Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen
- Klimaschutz: Reform des EU-Emissionshandelssystems
- Klimaschutz: Neuer Klima-Sozialfonds
- Parlament nimmt Verhandlungsmandat für Asyl- und Migrationsmanagement an
- Neues Gesetz zur Bekämpfung der weltweiten Entwaldung
- Neue Regeln zur Rückverfolgung von Kryptowertetransfers
Klimaschutz: Reform des EU-Emissionshandelssystems
Das Parlament stimmte den Einigungen zu, die man Ende 2022 mit den Mitgliedstaaten zu mehreren Vorschriften des Klimaschutzpakets „Fit for 55“ erzielt hatte. Die EU will damit die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 senken. In diesem Zusammenhang nahmen die Abgeordneten die Reform des EU-Emissionshandelssystems (ETS) an. In den Wirtschaftszweigen, für die das System gilt, müssen die Emissionen bis 2030 um 62 % im Vergleich zu 2005 gesenkt werden. Außerdem wird die kostenlose Zuteilung von Zertifikaten von 2026 bis 2034 schrittweise eingestellt und ein eigenes neues EHS II für Kraftstoffe aus Straßenverkehr und Gebäuden geschaffen. Ab 2027 wird auch ein Preis für Treibhausgasemissionen aus diesen beiden Bereichen festgelegt.
Klimaschutz: Neuer Klima-Sozialfonds
Das Parlament gab grünes Licht für die Einrichtung eines Klima-Sozialfonds, der ab 2026 einsatzbereit sein soll. Dieser Fonds soll dafür sorgen, dass die Klimawende gerecht und sozial inklusiv gestaltet wird. Er kommt finanziell schwächeren Haushalten, Kleinstunternehmen und Verkehrsnutzer*innen zugute, die besonders stark unter hohen Energie- und Verkehrspreisen leiden. Nach seiner vollständigen Einrichtung wird der Klima-Sozialfonds durch die Versteigerung von EHS-II-Zertifikaten finanziert, was bis zu 65 Milliarden Euro einbringen soll. Weitere 25 % des geschätzten Gesamtbudgets von 86,7 Milliarden Euro kommen von den Mitgliedstaaten. Für mehr Information: EWSA-Stellungnahme zum Klima-Sozialfonds von Berichterstatter Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft.
Parlament nimmt Verhandlungsmandat für Asyl- und Migrationsmanagement an
Das Parlament hat beschlossen, Gespräche mit den EU-Ländern über mehrere migrations- und asylpolitische Gesetzesvorschläge aufzunehmen. Der zentrale Rechtsakt des Asyl- und Migrationspakets, die Verordnung über das Asyl- und Migrationsmanagement, legt fest, wie die EU und ihre Mitgliedstaaten bei der Steuerung von Asyl und Migration gemeinsam vorgehen werden. Sie legt verbesserte Kriterien zur Bestimmung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Bearbeitung eines Asylantrags und eine gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten fest. Sie enthält außerdem einen verbindlichen Solidaritätsmechanismus zur Unterstützung von Ländern, die unter Migrationsdruck stehen, auch nach Such- und Rettungsaktionen auf See.
Neues Gesetz zur Bekämpfung der weltweiten Entwaldung
Um dem Klimawandel und dem zunehmenden Artenschwund entgegenzuwirken, müssen Unternehmen künftig sicherstellen, dass für Produkte, die in der EU verkauft werden, Wälder weder abgeholzt noch geschädigt wurden. Darüber hinaus müssen die Unternehmen nachweisen, dass die Menschenrechte und die Rechte indigener Völker geachtet wurden. Die neuen Rechtsvorschriften gelten für Rinder, Kakao, Kaffee, Kautschuk, Holzkohle, Druckerzeugnisse, Palmöl, Soja und Holz, einschließlich der Produkte, die diese Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden (wie Leder, Schokolade und Möbel).
Neue Regeln zur Rückverfolgung von Kryptowertetransfers
Das Parlament hat die erste EU-Regelung zur Rückverfolgung von Transfers von Kryptowerten wie Bitcoins und „E-Geld-Token“ angenommen. Sie sollen sicherstellen, dass Transfers von Kryptowerten, wie jede andere Finanztransaktion auch, stets zurückverfolgt und verdächtige Transaktionen blockiert werden können. Gemeinsam mit neuen Vorschriften für die Aufsicht, den Verbraucher*innenschutz und den Umweltschutz für Kryptowerte sollen die verabschiedeten Regelungen dazu beitragen, Marktmanipulation, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und anderen kriminellen Aktivitäten zu unterbinden.
Weitere Höhepunkte
Das Parlament befasste sich mit den jüngsten politischen Turbulenzen in der Republik Moldau. Als eines der ärmsten Länder Europas leidet das Land unter den Unruhen, die durch den Einmarsch Russlands in das Nachbarland Ukraine ausgelöst wurden. Der Republik Moldau wurde im Juni 2022 zusammen mit der Ukraine der Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkannt. Vor diesem Hintergrund beteuerten die Abgeordneten ihre Unterstützung für die künftige EU-Mitgliedschaft des Landes. Die Beitrittsverhandlungen sollten Ende 2023 beginnen, nachdem Moldau die erforderlichen neun Kriterien erfüllt habe. Darüber hinaus müsse sich die EU weiterhin dafür einsetzen, die Energieunabhängigkeit von Russland weiter voranzutreiben.
In einer Debatte über die China-Politik der EU forderte das Parlament eine erneuerte, umfassende und kohärente EU-China-Strategie, die den Herausforderungen Rechnung tragen soll, die sich aus dem Aufstieg Chinas zum globalen Akteur sowie seiner zunehmend repressiven Innen- und offensiven Außenpolitik ergeben. Dabei wurde unterstrichen, dass Waffenlieferungen an Russland und das aggressive militärische Vorgehen Chinas gegen Taiwan für die EU nicht akzeptabel seien. Das Parlament wiederholte darüber hinaus seine Kritik an Chinas Verfolgung von und Verbrechen gegen die Uiguren und anderer Minderheiten in der Region Xinjiang.
© ÖGfE
Die nächste Plenarsitzung findet von 8. bis 11. Mai 2023 statt.
Quellen:
Europäische Kommission, Europäischer Rat/Rat der Europäischen Union, Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), Europäisches Parlament, Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE);
EU-Emissionshandel ausgeweitet – auch Treibhausgase aus See- und Straßenverkehr künftig besteuert
Zwei Jahre lang wurde verhandelt, nun ist es geschafft. Nachdem am 18. April bereits das Europäische Parlament für die Ausweitung des EU-Emissionshandelssystem (ETS) gestimmt hatte, folgte nun die noch ausstehende Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten. Das ETS ist das Herzstück des europäischen „Fit for 55“-Pakets, mit dem die EU bis 2030 ihre Emissionen um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 senken will. Durch die Reform des ETS werden künftig die Gratis-Emissionszertifikate begrenzt und neue Sektoren ins ETS aufgenommen.
Wie funktioniert das ETS?
Beim Emissionshandelssystem müssen bestimmte Unternehmen, die Treibhausgase wie CO2 verursachen, Zertifikate kaufen. Wer mehr CO2 (oder CO2-Äquivalent) ausstößt, muss auch mehr Zertifikate kaufen. Dadurch sollen Unternehmen dazu gebracht werden, klimafreundlicher zu handeln, da weniger CO2-Ausstoß durch das ETS nicht nur gut für das Klima, sondern auch für die Unternehmensbilanzen ist. Bisher haben Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen Gratis-Zertifikate erhalten und mussten nur unter Umständen weitere Zertifikate dazukaufen.
Was ändert sich?
Bis 2034 wird die Vergabe dieser kostenlosen ETS-Zertifikate schrittweise eingestellt – im Flugverkehr ist dies bereits ab 2026 der Fall. Insgesamt sollen durch die Neuerungen bis 2030 62 % der Emissionen in den ETS-Sektoren eingespart werden. Die Reformen lassen sich dabei grob in vier Bereiche zusammenfassen: Erstens wird, wie angesprochen, das Vergeben von kostenlosen Zertifikaten Schritt für Schritt beendet. Zweitens wird, neben dem EU-internen Zertifikathandel, ab 2026 schrittweise auch eine Abgabe auf Importe von Waren mit hohem CO2-Ausstoß eingeführt. Dieser weltweit erste „Grenzausgleichsmechanismus“ (kurz CBAM) zielt vor allem auf Importe von Stahl, Zement, Aluminium, Düngemitteln, Strom und Wasserstoff ab. Durch den CBAM soll verhindert werden, dass Unternehmen in der EU von klimaschädlicheren ausländischen Konkurrenten unterboten werden. Damit sollen EU-Firmen nicht in Versuchung geraten, ihren Standort in Regionen mit laxeren Umweltvorschriften zu verlegen. Drittens wird das ETS auf mehrere Sektoren ausgeweitet. Dabei wird zukünftig auch die Schifffahrt, der Gebäudesektor und der Straßenverkehr vom System umfasst. Das bedeutet, dass auch die Preise für fossile Energieträger wie Diesel oder Heizöl steigen dürften. Um benachteiligten Verbraucher*innen und Unternehmen zu helfen, wurde die vierte und letzte zentrale Maßnahme eingeführt. Ab 2026 soll es einen 86,7 Milliarden Euro schweren Klima-Sozialfonds geben. Finanziert wird dieser zu drei Vierteln durch Einnahmen aus dem Emissionshandel selbst.
Was fehlt noch?
Als younion _ Die Daseinsgewerkschaft stehen wir voll hinter dem Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken und bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden. Zugleich sind wir davon überzeugt, dass der dafür notwendige Transformationsprozess keinesfalls auf Kosten der Beschäftigten und der Verbraucher*innen passieren darf. Der beschlossene Klima-Sozialfonds ist in dieser Hinsicht ein wichtiger erster Schritt – allerdings wird das alleine nicht ausreichen. Es braucht mehr Unterstützung für vulnerable Teile der Bevölkerung, eine gerechtere Lastenverteilung beim Klimaschutz und mehr Spielräume für Gemeinden bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen. Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums, stellt klar: „Die EU muss endlich die Beschäftigten in den Mittelpunkt stellen. Nur wenn der Fokus auf einem leistbaren, sozial gerechten Übergang liegt, kann Klimaschutz für alle und mit allen gelingen.“
Weiterführende Informationen:
EWSA-Stellungnahme zum Klima-Sozialfonds von Berichterstatter Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft
Pressemitteilung des Europäischen Parlaments zur ETS-Reform
Pressemitteilung des EGB zur ETS-Reform
Quellen:
Bundesministerium für Finanzen (Österreich), Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Deutschland), Europäisches Gewerkschaftsbund (EGB), Europäischer Rat/Rat der Europäischen Union, Europäisches Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), Europäisches Parlament, orf.at, Umweltbundesamt (Deutschland), Wien Energie, zdf.de;
70. Tagung des EGÖD-Exekutivausschusses
Am 18. und 19. April 2023 kamen die führenden europäischen Gewerkschafter*innen des öffentlichen Dienstes zur 70. Tagung des EGÖD-Exekutivausschusses in Brüssel zusammen. Den Vorsitz führten am ersten Tag EGÖD-Vizepräsident Thomas Kattnig und am zweiten Tag EGÖD-Vizepräsidentin Francoise Geng.
Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Europa zeigen auf vielfältige Weise, dass sie deutliche Lohnerhöhungen erwarten, um die Arbeit, die sie für die Gesellschaft leisten, zu würdigen, die hohe Inflation auszugleichen und ihren Einsatz in der sehr schwierigen Zeit während der COVID-19-Pandemie zu würdigen – denn sie sind diejenigen, die die öffentlichen Dienste am Laufen gehalten haben. In ganz Europa finden weiterhin Streiks und Arbeitskampfmaßnahmen statt.
Die führenden Vertreter*innen der europäischen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben während der Tagung des EGÖD-Exekutivausschusses eine starke Solidaritätsbotschaft übermittelt. Beschäftigte des Gesundheitswesens in Nordirland, Beamte im Vereinigten Königreich, Beschäftigte im Sozialdienst und Elektriker*innen in Norwegen waren nur einige Beispiele für Beschäftigte, die sich an Aktionen beteiligten. Im Rahmen der Tagung wurden Protestbriefe an den französischen Präsidenten Macron unterzeichnet, der ohne Verhandlungen mit den Gewerkschaften und ohne eine Mehrheit im französischen Parlament eine Pensionsreform durchgesetzt hat, wobei er außerordentliche Befugnisse nutzte, um dies Millionen von Beschäftigten aufzuerlegen. Die französischen Gewerkschaften werden ihre Proteste fortsetzen, und mehrere Gewerkschaften, auch im Energiesektor, setzen ihre Streiks fort. Der 1. Mai, der Welttag der Arbeit, wird ein Tag des Widerstands und der Aktionen sein, um die Reformen in Frankreich zu stoppen. Der EGÖD wird sich einer internationalen Delegation zur Unterstützung der französischen Arbeitnehmer*innen und ihrer Gewerkschaften anschließen.
Gewerkschaftsrechte im Fokus
Das Thema Gewerkschaftsrechte stand ganz oben auf der Tagesordnung. Henrik Kristensen, der für die Überwachung der Umsetzung der Europäischen Sozialcharta des Europarats zuständig ist, erläuterte, wie die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) und die Europäische Sozialcharta einander ergänzen und ein starkes und umfassendes Paket politischer, wirtschaftlicher, bürgerlicher und sozialer Rechte bilden. Er erläuterte, dass die jüngsten Bewertungen des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte ein breites Spektrum von Rechten umfassten und sich auf die wichtigsten Gewerkschaftsrechte wie das Vereinigungsrecht (Artikel 5), das Recht auf Kollektivverhandlungen (Artikel 6) und das Streikrecht (Artikel 6, Absatz 4) konzentrierten. Kristensen nahm mit Besorgnis die zunehmenden Verletzungen der Arbeitnehmer*innen- und Gewerkschaftsrechte in Europa zur Kenntnis. Er betonte, wie wichtig es ist, gegen Verstöße vorzugehen und stellte die entsprechenden Mechanismen vor. Dem EGÖD und seinen Partnern Eurocop und Euromil wurde für ihren Beitrag zur Bewertung gedankt, indem sie Verletzungen der Rechte uniformierter Arbeitnehmer*innen aufgezeigt haben, was Wirkung gezeigt hat. Darüber hinaus ermutigte er den EGÖD, weiterhin einen Beitrag zu leisten und zu erwägen, eine anerkannte Partei für das Sekretariat zu werden. Der Beitrag wurde von Stefan Clauwert, dem Rechtsberater und Experten des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), ergänzt. Er unterstützt die Gewerkschaften und Gewerkschaftsbünde bei der Verteidigung der Arbeitnehmer*innen- und Gewerkschaftsrechte vor dem Europäischen Ausschuss für soziale Rechte. Seiner Einschätzung nach falle die Bilanz eher düster aus, da die Mehrheit der Länder die Gewerkschaftsrechte verletze. Er zeigte auf, wie der Mechanismus zum Schutz und zur Förderung der Gewerkschaftsrechte genutzt werden kann. Die Mitglieder betonten, wie wichtig die Durchsetzung der Entscheidungen des Ausschusses für soziale Rechte sei.
Europäischer sozialer Dialog – Europäische Kommission in der Kritik
Die Europäische Kommission wurde für ihre Doppelmoral in Bezug auf den europäischen sozialen Dialog kritisiert. Einerseits behauptet sie, den sozialen Dialog mit der Veröffentlichung der Initiative zur Stärkung des sozialen Dialogs zu fördern, die die Sozialpartner ermutigt, europäische Sozialpartnervereinbarungen zu schließen, die für ganze Sektoren und in der gesamten EU gelten. Sie legt eine Empfehlung zum sozialen Dialog und zu Tarifverhandlungen vor, in der die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, Tarifverhandlungen und den sozialen Dialog zu fördern und die dafür erforderliche Infrastruktur zu schaffen. Dies wird von den Mitgliedern des EGÖD-Exekutivausschusses begrüßt. Auf der anderen Seite untergräbt die Europäische Kommission hingegen den sozialen Dialog, indem sie versucht, ihre Verantwortung für die Organisation des sozialen Dialogs auszulagern. Sie hat absichtlich die klaren Kriterien und transparenten Prozesse zerstört, die es in Bezug auf die Bewertung der europäischen Sozialpartnervereinbarungen und die Art und Weise, wie diese dem Rat zur Entscheidung vorgelegt werden können, gab. Sie hat ihre Entscheidung, einen Ausschuss für den sozialen Dialog einzurichten, fast zwei Jahre lang hinausgezögert, obwohl die Arbeitgeber und die Gewerkschaften, die sich gegenseitig anerkennen, dies gefordert hatten. Die Kommission handelt nach eigenem Gutdünken. Ihre Entscheidung, sich seit Oktober letzten Jahres nicht mehr mit der sektoralen Vereinbarung über die Digitalisierung in den Zentralverwaltungen zu befassen, beruht nicht auf klaren Kriterien oder einem transparenten Prozess, sondern auf dem, was sie für zweckmäßig hält. Der EGÖD-Exekutivausschuss hat deutlich gemacht, dass dies inakzeptabel ist und dass der EGÖD seine Autonomie, den sozialen Dialog und klare sowie transparente Verfahren verteidigt. Für mehr Information.
Sonstige politische und sektorale Arbeit des EGÖD
Die Mitglieder wurden über die umfangreiche Arbeit des EGÖD informiert und nahmen Berichte über unsere Arbeit zu folgenden Themen zur Kenntnis:
- Europäische Sozialpolitik und Umsetzung der Richtlinie über angemessene Mindestlöhne und Tarifverhandlungen
- Wirtschaftspolitik und Reform der europäischen wirtschaftspolitischen Steuerung
- nationale und europäische Verwaltungen, inkl. Migration, Asyl und dem möglichen Missbrauch der Vorschläge für einen Talentepool
- lokale und regionale Verwaltungen, inkl. EGÖD/IÖD-Projekt zum Thema Rekommunalisierung sowie die Arbeit des Feuerwehr-Netzwerks zum Thema Asbest
- Versorgungsunternehmen, inkl. der EGÖD-Forderungen nach Änderungen an der Richtlinie über kommunales Abwasser und nach einer Reform des EU-Strommarktes
- Gesundheits- und Sozialdienste, inkl. die Treffen mit der Ratspräsidentschaft und der Kommission, die europäische Demonstration am 9. Dezember 2022 und der Beitrag zur Bukarester Erklärung der WHO-Europa zu Gesundheits- und Pflegekräften
- Frauen und Geschlechtergleichstellung, inkl. der Vorbereitungen für die EGÖD-Frauenkonferenz am 24. November 2023 in Rom und der Teilnahme an der internationalen Delegation am italienischen Marsch gegen Gewalt gegen Frauen am 25. November 2023
- die Arbeit des EGÖD-Jugendnetzwerks, seine Strategien und mehrere Veranstaltungen im Jahr 2023 im Vorfeld der Jugendkonferenz vor dem EGÖD-Kongress
- die EGÖD-Arbeit im Bereich Organisierung und Mitgliederwerbung, an der sich immer mehr Gewerkschaften beteiligen, was zu mehr Mitbestimmung und Mitgliederwachstum führt
Bevorstehende Kongresse – EGB, IÖD, EGÖD
Die Mitglieder befassten sich mit der Vorbereitung von drei Kongressen. Diskutiert wurde in diesem Zusammenhang der Entwurf des Aktionsprogramms für den EGÖD-Kongress (16. – 20. Juni 2024, Bukarest), wobei die Mitglieder verschiedene Kommentare zur Stärkung bestimmter Abschnitte abgegeben haben, darunter der Kampf für ein alternatives Wirtschaftsmodell mit qualitativ hochwertigen öffentlichen Diensten und Reaktion auf den Klimawandel, Umgang mit Diskriminierung am Arbeitsplatz, Verbesserung der Löhne und Arbeitsbedingungen, Eintreten für Demokratie und gegen Rechtsextremismus sowie Verteidigung der Gewerkschafts- und Menschenrechte. Die Mitglieder beschäftigten sich auch mit Änderungen an der EGÖD-Satzung und stimmten dabei zu, einige im Namen des Exekutivausschusses zu empfehlen. Andere Änderungsvorschläge wurden an die Satzungsarbeitsgruppe zurückverwiesen, um Lösungen zu finden, etwa für den Umgang mit der Inflation. Der Exekutivausschuss billigte die EGÖD-Positionen in Hinblick auf den EGB-Kongress, z. B. zum Sekretariat und zum Vorsitz, zum Aktionsprogramm und zu den Satzungsänderungen, einschließlich der Verbesserung der Jugendvertretung. Der EGB-Kongress findet vom 23. bis 26. Mai 2023 in Berlin statt. Die Generalsekretärin der Internationalen der Öffentlichen Dienste (IÖD), Rosa Pavanelli, stellte die Arbeit im Zusammenhang mit dem IÖD-Kongress (12. – 18. Oktober 2023) vor. Dazu gehören eine fortschrittliche globale Agenda für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, Satzungsänderungen und die Entschließungen der Mitgliedsorganisationen. Rosa wird nicht für eine weitere Amtszeit kandidieren. Daniel Bertossa, Assistent der Generalsekretärin, kündigte seine Kandidatur an und wird mit den Gewerkschaften zusammentreffen, um sich mit ihnen über ihre Visionen für die Zukunft der IÖD auszutauschen.
EGÖD-Beitritte und angenommene Unterlagen
Der Exekutivausschuss genehmigte den Beitritt einer Reihe von Gewerkschaften: FESZ, eine ungarische Gewerkschaft für das Gesundheits- und Sozialwesen, die bulgarische Gewerkschaft für den Strafvollzug SSZB, die kasachische Gewerkschaft der Energieingenieure und, vorbehaltlich laufender Diskussionen, die Gewerkschaft des Gesundheitspersonals FTUMWU des ukrainischen Gewerkschaftsbundes KVPU.
Die Mitglieder nahmen darüber hinaus folgendes an:
- den EGÖD-Tätigkeitsbericht über die im Jahr 2022 unternommenen Aktivitäten
- den endgültigen EGÖD-Jahreshaushalt 2022
- das Mandat für Verhandlungen mit Eurogas, um zu einer Vereinbarung über Qualifikationen und einen gerechten Übergang zu gelangen
- die aktualisierten Leitlinien zur Rolle der EBR-Koordinator*innen
Quellen:
Europäische Kommission, Europäischer Gewerkschaftsverband für den öffentlichen Dienst (EGÖD), Europarat, Weltgesundheitsorganisation (WHO);
VERANSTALTUNGSHINWEIS: „Der Kampf ums Wasser“
Datum/Uhrzeit: 6. Juni 2023, 18:00 – 20:00 Uhr
Ort: younionHALL, Maria-Theresien-Straße 11, 1090 Wien
Inhalt: Die heißen Sommer und schneearmen Winter führen uns eindrucksvoll vor Augen: Wasser wird aufgrund der Klimakrise zunehmend knapper. Selbst vor einem wasserreichen Land wie Österreich macht diese dramatische Entwicklung nicht Halt. Durch die geringen Niederschläge ist der Zicksee in Niederösterreich bereits ausgetrocknet, auch der Neusiedlersee führt immer weniger Wasser. Damit beginnt der Kampf ums kostbare Nass zwischen Industrie, Landwirtschaft und Bevölkerung.
Über diese Themen wollen wir im Rahmen einer Veranstaltung mit Arbeitnehmer*innenvertretungen, Gemeinden, Wissenschaft, Industrie und Landwirtschaft diskutieren.
Um Anmeldung per E-Mail an international@younion.at wird gebeten.
Die Veranstaltung wird auch über unsere Social-Media-Kanäle übertragen.
VERANSTALTUNGSHINWEIS: younion-Seminar „Die Europäische Union und die Lobbyarbeit der Gewerkschaft“
Wie funktioniert die EU und welche Rolle spielt die Gewerkschaft?
Datum: 5. – 7. Juni 2023
Ort: Vital-Hotel-Styria, 8163, Fladnitz an der Teichalm 45
Inhalt: Soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit sind in Europa im Aufschwung. Das Ausmaß gefährdet mittlerweile den sozialen und vor allem politischen Zusammenhalt. Liberalisierungsabkommen, Sonderprivilegien für Konzerne und Steuerungerechtigkeit sind nur einige Bedrohungen, gegen welche die Gewerkschaftsbewegung international ankämpfen muss. Die europäischen Gewerkschaften sind mit einschneidenden Verschiebungen ihrer traditionellen Machtressourcen konfrontiert. Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung sowie die Zunahme sozialer Ungleichheit stellen sie vor erhebliche Herausforderungen. Wir erarbeiten in diesem Seminar gemeinsam die Rolle der Gewerkschaft auf europäischer Ebene und deren Strategie für ein sozialeres und gerechteres Europa und warum der internationale Gewerkschaftskampf wichtig ist.
Themenübersicht:
- Die Rolle der Gewerkschaft auf europäischer Ebene
- Strategie für ein sozialeres und gerechteres Europa
- Warum ist der internationale Gewerkschaftskampf wichtig?