Infomailing vom 25.05.2023
Lebensgrundlage Wasser – Sitzen wir bald auf dem Trockenen?
„Grundwasser im Wiener Becken will und will nicht steigen“ – diese Schlagzeile titelte der Kurier am 17. Mai 2023. Trotz der hohen Niederschläge der vergangenen Tage scheinen sich die Grundwasserstände im Wiener Becken nicht erholen zu wollen. Die Wasserstände in der Mitterndorfer Senke, einem der größten Reservoirs Mitteleuropas, liegen auf einem historischen Tief. Auch in anderen Teilen Österreichs sind solche Entwicklungen zu beobachten. Sie führen uns eindrucksvoll vor Augen, was in den letzten Wochen in heimischen Medien verstärkt thematisiert wurde: Die klimatischen Veränderungen, verursacht durch die menschgemachte Klimakrise, machen sich in reduzierten Grundwasserbeständen bemerkbar und setzen auch hierzulande die Wasserversorgung unter Druck. Doch was bedeutet dies für die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser und wie kann gegengesteuert werden?
Nutzungskonflikte bahnen sich an
Aufhorchen ließen jüngst die Erkenntnisse des neuen Klimastatusberichts, der jährlich durch das Climate Change Centre Austria (CCCA) in Zusammenarbeit mit Geosphere Austria (ehemals ZAMG) und der Universität für Bodenkultur (BOKU) erstellt wird. Der Bericht gibt einen Überblick über die klimabedingten Wetterereignisse in Österreich und schlägt Handlungsoptionen vor. Demnach war das Jahr 2022 das zweitwärmste Jahr seit Messbeginn, der Monat Oktober war gar der wärmste seit Beginn der Messungen. Besonders der Osten und Süden Österreichs war zusätzlich von deutlich geringeren Niederschlagsmengen betroffen. Der Eisverlust der Gletscher war im Jahr 2022 doppelt so hoch wie im Durchschnitt der letzten Jahrzehnte. Durch den Rückgang der Eismassen verringern sich auch die Zuflüsse in Fließgewässer. Führen diese weniger Wasser, so hat das massive Auswirkungen auf nachgelagerte Nutzungen, darunter auch die Trinkwasserversorgung. In dem Bericht wird daher auch davor gewarnt, dass es bei ausbleibenden Sommerniederschlägen künftig temporär zu Engpässen und Nutzungskonflikten bei der Versorgung mit Wasser kommen kann.
Industrie als Großverbraucher
In Österreich sind Industrie und Gewerbe mit rund 70 % des Wasserbedarfs die mit Abstand größten Verbraucher. Der Anteil der Landwirtschaft ist zwar deutlich geringer, wird sich bis 2050 jedoch verdoppeln. Insgesamt schätzt die Studie „Wasserschatz Österreich“, dass Österreichs Grundwasserressourcen bis 2050 um fast ein Viertel schrumpfen könnten – gleichzeitig soll der Wasserbedarf um 11 bis 15 % steigen. Besonders im Osten Österreichs wird es daher zunehmend zu Wasserknappheit kommen. Von mancher Seite werden daher bereits Maßnahmen gefordert, um den Wasserverbrauch zu senken. Die Einführung von Wasserzählern für die Landwirtschaft könnte eine solche Maßnahme sein. Der Artentausch, also das Anbauen anderer Pflanzenarten, könnte ebenfalls ein Teil der Lösung sein. Breit diskutiert werden solche Gegenmaßnahmen in Österreich bislang aber nicht.
Nationale Wasserstrategie gefordert!
Die deutsche Bundesregierung veröffentlichte im November 2022 ihren Entwurf einer nationalen Wasserstrategie. Darin werden potenzielle Zielkonflikte, beispielsweise zwischen Trinkwasserversorgung und landwirtschaftlicher Versorgung, angesprochen. Seitdem wird der Vorschlag auch intensiv diskutiert. In Österreich wurde bereits von gewerkschaftlicher Seite eine solche Strategie gefordert. Die Expert*innen Iris Strutzmann (AK Wien) und Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, legen in ihrem Blogbeitrag dar, wie sich die Klimakrise aktuell in Österreich auswirkt und zu historisch niedrigen Grundwasserpegeln und zu Wassermangel sogar in Bergregionen führt. Sie fordern eine nationale Wasserstrategie, in der klar festgelegt werden muss, dass die Bevölkerung im Ernstfall zuerst mit Wasser versorgt wird. Außerdem müssen Lösungen für Regionen erarbeitet werden, die besonders von Wassermangel betroffen sind, wie das Burgenland und Niederösterreich.
Um die Diskussion auch in Österreich anzustoßen organisieren younion _ Die Daseinsgewerkschaft und die Arbeiterkammer Wien am 6. Juni eine Podiumsdiskussion zum „Kampf ums Wasser“ mit spannenden Gästen. Wir freuen uns, wenn auch du dabei bist!
Quellen:
Arbeiterkammer Wien, A&W blog, Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Deutschland), Climate Change Centre Austria – CCCA, GeoSphere Austria – Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie, kurier.at, moment.at, profil.at, Universität für Bodenkultur Wien – BOKU, younion _ Die Daseinsgewerkschaft;
Blue Deal – ein Plan für unser Wasser
Dürren, Hitzewellen, Niedrigwasser in Flüssen – klimatische Extremereignisse wie diese waren früher Inhalt von Berichten aus anderen Ecken der Welt. Heute sind es Realitäten vor unserer Haustür. Hitze und Dürre wechseln sich mit Jahrhunderthochwässern und Überflutungen ab. Das Klima wird heißer und die Extremwetterereignisse häufiger. Das setzt nicht nur Mensch und Tier zu, sondern auch unserem Wasser. Damit wir unsere Wasserressourcen zukünftig besser organisieren können, braucht es daher einen europäischen „Blue Deal“ zur Koordination des Wassermanagements.
Österreich ist planlos
Hier in Österreich war man lange der Meinung, die Probleme rund um das Thema Wasser wären bei uns undenkbar. Schließlich kommt aus Gletschern, Quellen und Flüssen ein vermeintlich nie endender Nachschub an sauberem, frischem Wasser. Diese Idylle ist aber lange vorbei. Das Profil titelte im März diesen Jahres „Warum das Wasser in Österreich knapp wird“. Die Lage der Wasserressourcen in Österreich ist besorgniserregend. Das Beispiel Burgenland zeigt, wie groß das Problem ist. Während dort der Zicksee bereits ausgetrocknet ist und dem Neusiedlersee ein ähnliches Schicksal droht, läuft die Bewässerung nach wie vor auf Hochtouren. Der Kampf ums Wasser spitzt sich auch in Österreich zu und die Bundesregierung schaut planlos dabei zu. Dabei gäbe es Beispiele aus anderen Ländern, wie eine Strategie für den Umgang mit Wasser aussehen könnte. Unsere Nachbarländer Deutschland und Frankreich haben beide bereits Strategien ausgearbeitet, wie Wasser gespart, genutzt und verteilt werden soll. Es ist höchste Zeit, dass Österreich nachzieht und selbst eine nationale Wasserstrategie auf den Weg bringt.
Auch die EU braucht eine Wasserstrategie
Doch nicht nur auf nationaler Ebene braucht es einen Plan für den Umgang mit Wasser. Auch auf europäischer Ebene brauchen wir eine Koordination, wie wir zukünftig mit unserem Wasser umgehen. Die Notwendigkeit dafür zeigt sich etwa am Beispiel der Donau. Diese fließt durch zehn Staaten in Europa, sieben davon sind EU-Mitgliedstaaten. Die Verfassung von zentralen Wasserwegen wie der Donau ist also nicht nur eine nationale, sondern auch eine europäische Frage. Dies zeigte sich vergangenes Jahr deutlich daran, dass das Niedrigwasser in der Donau die Binnenschifffahrt in allen Anrainerstaaten betroffen hat. Daher bedarf es einer europäischen Koordination beim Umgang mit dem „blauen Gold“.
Green Deal als Vorbild
Um einen solchen koordinierten Umgang zukünftig zu ermöglichen, fordert der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) einen „EU Blue Deal“, also einen EU-weiten Plan zum Umgang mit Wasser. Thomas Kattnig, Mitglied des Bundesvorstands der younion _ Die Daseinsgewerkschaft sowie des EWSA, ist federführend in die Bemühungen eingebunden und verfasst eine der zur Blue Deal-Initiative gehörende Stellungnahme des EWSA. Seiner Ansicht nach sollte die EU-Kommission das Thema Wasser stärker ins Auge fassen und einen koordinierten Ansatz, ähnlich dem des Europäischen Green Deal, schaffen. „Wir brauchen dringend einen europäischen Plan für das Wasser. Aufgrund der schlimmer werdenden Klimakrise wird sich der Kampf ums Wasser in den nächsten Jahren noch weiter intensivieren. Am Beispiel des Europäischen Green Deal haben wir bereits gezeigt, dass eine solche EU-weite Planung möglich ist. Wir müssen daher auf EU-Ebene bereits klären, wie wir besser Wasser sparen, nutzen und wiederverwenden können, aber auch, wer Vorrang bei der Nutzung hat. Für mich als Gewerkschafter ist dabei klar: Die menschliche Nutzung des Wassers und die Durchsetzung des Menschenrechts auf Wasser müssen immer oberste Priorität haben“, so Kattnig.
Quellen:
A&W blog, Bundeszentrale für politische Bildung, de.euronews.com, dw.com, Europäische Kommission, Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA), noe.orf.at, profil.at, tagesschau.de, Umweltbundesamt, wienerzeitung.at;
EINLADUNG: „Der Kampf ums Wasser“
Hiermit laden wir dich herzlich zu unserer Veranstaltung „Der Kampf ums Wasser“ ein.
Wann: Dienstag, 6. Juni 2023 | 18:00 - 20:00 Uhr
Wo: younionHALL, Maria-Theresien-Straße 11, 1090 Wien
Anmeldung: per E-Mail an international@younion.at
Die heißen Sommer und schneearmen Winter führen uns eindrucksvoll vor Augen: Wasser wird aufgrund der Klimakrise zunehmend knapper. Selbst vor einem wasserreichen Land wie Österreich macht diese dramatische Entwicklung nicht Halt. Durch die geringen Niederschläge ist etwa der Zicksee im Burgenland bereits ausgetrocknet, auch der Neusiedlersee führt immer weniger Wasser. Die geringen Wasserstände machen massive Investitionen in die öffentliche Wasserversorgung notwendig und werfen Fragen der Verteilung auf. Damit beginnt der Kampf ums kostbare Nass zwischen Industrie, Landwirtschaft und Bevölkerung. Über diese Themen wollen wir im Rahmen einer Veranstaltung mit Arbeitnehmer*innenvertretungen und Vertreter*innen von Gemeinden, Wissenschaft, Industrie und Landwirtschaft diskutieren.
PROGRAMM:
Eröffnung durch Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft
Einführung durch Nina Abrahamczik, Abgeordnete zum Wiener Landtag und Gemeinderat
Impulsvorträge zu „Klimakrise und Wasserverfügbarkeit“
- Klaus Haslinger, Leiter der Fachabteilung Klimasystem und -folgen bei GeoSphere Austria
- Gabriele Weigelhofer, Professorin am Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement an der Universität für Bodenkultur
Paneldiskussion mit folgenden Teilnehmer*innen:
- Charlotte Vogl, Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus
- Michael Schmidt, Bürgermeister, St. Andrä am Zicksee
- Richard Guhsl, Wirtschaftskammer Österreich
- Iris Strutzmann, Arbeiterkammer Wien
- Vertreter*in der Landwirtschaft (angefragt)
Moderation: Gerhard Koller, TV-Moderator W24 und Krone-TV
anschließend Diskussion & Fragen aus dem Publikum
Buffet
Um Anmeldung unter international@younion.at wird gebeten.
Die Veranstaltung wird auch über unsere Social-Media-Kanäle übertragen.