Infomailing 20.10.2022
Plenartagung des Europäischen Parlaments – Wie wurde abgestimmt?
Die vergangene Plenarsitzung des Europäischen Parlaments hat von 3. bis 6. Oktober 2022 stattgefunden. Welche Themen dabei auf der Tagesordnung standen, ist hier nachzulesen.
Die namentlichen Abstimmungen behandelten die folgenden Themen:
- Gesundheitsunion: EU soll Gesundheitskrisen besser in den Griff bekommen
- Europäisches Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten
- Einheitliches Ladekabel für elektronische Geräte ab 2024
- Parlament fordert Aufstockung der Militärhilfe für die Ukraine
- Ukrainekrieg: Zusätzliche finanzielle Mittel für EU-Regionen
Gesundheitsunion: EU soll Gesundheitskrisen besser in den Griff bekommen
Das Parlament nahm ein Maßnahmenpaket an, das der EU dabei helfen soll, schwerwiegende länderübergreifende Gesundheitsgefahren besser vorherzusehen und darauf zu reagieren. Die Kommission kann in Zukunft einen EU-weiten Gesundheitsnotstand feststellen. Dadurch stößt sie eine verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten an und ermöglicht, dass rasch Gegenmaßnahmen ergriffen und Vorräte von medizinischen Gütern angelegt werden. Außerdem bringen die neuen Vorschriften Klarheit im Hinblick auf die gemeinsame Beschaffung von Arzneimitteln und medizinischen Geräten: Unter anderem kann der gemeinschaftliche Kauf auf EU-Ebene verhindern, dass die teilnehmenden Staaten gleichzeitig Beschaffungen tätigen und Verhandlungen führen.
Europäisches Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten
Das Parlament billigte die Erweiterung des Aufgabenbereichs des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Das ECDC arbeitet künftig mit der Kommission, den Behörden der Mitgliedstaaten, den Einrichtungen der EU und internationalen Organisationen zusammen, damit ihre jeweiligen Tätigkeiten aufeinander abgestimmt sind und sich gegenseitig ergänzen. Darüber hinaus beobachtet das ECDC künftig das Gesundheitswesen der Mitgliedstaaten und koordiniert die Normierung der Datenerhebungsverfahren, damit aktuelle und vergleichbare Daten zur Verfügung stehen. Ziel der neuen Regeln ist es, die EU künftig besser gegen übertragbare Krankheiten zu wappnen, ihre Ausbreitung zu verhindern und auch auf Krankheitsausbrüche rascher zu reagieren.
Einheitliches Ladekabel für elektronische Geräte ab 2024
Das Parlament gab grünes Licht für ein einheitliches Ladekabel für eine Vielzahl von kleinen und mittelgroßen tragbaren elektronischen Geräten. Bis Ende 2024 müssen alle Mobiltelefone, Tablets und Kameras, die in der EU verkauft werden, einen USB-C-Ladeanschluss haben. Ab Frühjahr 2026 gilt das auch für Laptops. Mit dem einheitlichen Ladekabel will die EU dazu beitragen, Elektroschrott abzubauen und die Verbraucher*innen in die Lage versetzen, nachhaltiger zu konsumieren.
Parlament fordert Aufstockung der Militärhilfe für die Ukraine
Die Abgeordneten forderten eine massive Aufstockung der Militärhilfe für die Ukraine. Darüber hinaus verurteilten sie die Scheinreferenden, die in den Gebieten Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja durchgeführt wurden und erklärten ihr Ergebnisse für null und nichtig. Auch die jüngsten Drohungen Russlands mit dem Einsatz von Kernwaffen werden die EU nicht von weiterer Hilfe für die Ukraine abhalten, so die Abgeordneten. Die Explosionen an den Nord-Stream-Pipelines führten vor Augen, dass kritische europäische Infrastruktur künftig besser geschützt werden müsse. Schließlich forderten die Abgeordneten die Einrichtung eines internationalen Ad-hoc-Strafgerichtshofs für das Verbrechen der Aggression gegen die Ukraine.
Ukrainekrieg: Zusätzliche finanzielle Mittel für EU-Regionen
Das Parlament gab grünes Licht für die Ausschüttung zusätzlicher finanzieller Mittel für EU-Regionen und Länder, um die Folgen des Ukrainekrieges vor Ort abzuschwächen. Die neuen Regelungen sollen es den EU-Mitgliedstaaten erleichtern, auf Mittel des Kohäsionsfonds zuzugreifen, die für die Bewältigung von durch den Krieg heraufbeschworenen Herausforderungen in den Bereichen Migration sowie die Ankurbelung von Investitionen vorgesehen sind.
Weitere Höhepunkte
Das Parlament verurteilte den Tod der 22-jährigen kurdischen Iranerin Mahsa Amini auf das Schärfste und forderte eine unparteiische Untersuchung ihrer Misshandlung in Gewahrsam der iranischen „Sittenpolizei“. Die EU müsse Sanktionen gegen ihre Mörder und die an der Niederschlagung der darauffolgenden Proteste beteiligten Sicherheitskräfte verhängen. Das Parlament zeigte sich solidarisch mit der friedlichen Protestbewegung im Iran und insbesondere mit den jungen Iranerinnen, die die Proteste anführen.
Das Parlament sprach sich für weitere Sofortmaßnahmen aus, um den Druck der rasch steigenden Energiepreise auf die europäischen Haushalte und Unternehmen zu verringern. Die Abgeordneten forderten u.a. eine angemessene Preisobergrenze für Pipeline-Gasimporte und Maßnahmen zur Bekämpfung der Spekulation. Darüber hinaus brauche es ein sofortiges und vollständiges Embargo gegen Einfuhren von Öl, Kohle, Kernbrennstoff und Gas aus Russland. Alle auf EU-Ebene beschlossenen Initiativen müssten langfristig mit den Klimazielen der EU vereinbar sein. Die Einnahmen aus der Abschöpfung von Zufallsgewinnen von Unternehmen, die von der Energiekrise profitieren, sollten Verbraucher*innen und Unternehmen zugutekommen, insbesondere zur Unterstützung einkommensschwacher Haushalte und KMU.
© ÖGfE
Quellen:
Europäisches Parlament, Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE);
Schwerpunkte der EP-Plenartagung vom 17. – 20. Oktober 2022
Im Rahmen der von 17. – 20. Oktober 2022 stattfindenden Plenartagung des Europäischen Parlaments stehen u. a. folgende Themen auf der Tagesordnung:
Krieg in der Ukraine: Soziale Folgen, Migration und Solidarität im Kulturbereich
Die Abgeordneten erörtern die sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Krieges, die Einführung einer Übergewinnsteuer, Migrationsströme in die EU und die Zerstörung des kulturellen Erbes.
Prioritäten des EU-Gipfels im Oktober
In einer Debatte mit der Kommission und der tschechischen Ratspräsidentschaft am Mittwochmorgen werden die Abgeordneten ihre Erwartungen an den EU-Gipfel am 20. und 21. Oktober darlegen.
Besserer Schutz für kritische Infrastrukturen der EU
Angesichts der angespannten geopolitischen Lage will das Parlament die Kommission auffordern, ihre Pläne für einen besseren Schutz der EU-Infrastruktur zu erläutern.
Klimawandel: Mehr Ehrgeiz im Vorfeld der COP27 erforderlich
Die Abgeordneten wollen alle Länder auffordern, ihre Klimaziele für 2030 vor der COP27 in Ägypten zu erhöhen, um die Erderwärmung im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris zu begrenzen.
Slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová spricht vor dem Plenum
Am Mittwoch um 11:30 Uhr spricht Zuzana Čaputová, Präsidentin der Slowakischen Republik, in einer feierlichen Sitzung zu den Europaabgeordneten.
Parlament will Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe fordern
Als Beitrag zur angestrebten EU-Klimaneutralität fordern die Abgeordneten, dass alle 60 km Ladestationen für Pkw eingerichtet und die Treibhausgasemissionen von Schiffen begrenzt werden.
EU-Haushalt 2023: Abstimmung über EP-Position vor Verhandlungen mit dem Rat
Das Parlament wird am Mittwoch über einen EU-Haushalt abstimmen, der den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie Rechnung trägt.
Politische Prioritäten der Kommission für 2023
Debatte am Dienstagnachmittag über das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das nächste Jahr.
Frontex: EU-Grenzschutzagentur vor endgültiger Entscheidung über Haushalt 2020
Das Parlament wird darüber abstimmen, ob es die Haushaltsführung der Europäischen Grenz- und Küstenwache, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) und des Rates billigt.
Weitere Themen:
- Der Beitritt von Rumänien und Bulgarien zum Schengen-Raum – Entschließungsanträge – Debatten 5. und 18. Oktober, Abstimmung Donnerstag, 20. Oktober
- Rechtsstaatlichkeit in Malta fünf Jahre nach der Ermordung von Daphne Caruana Galizia – Erklärungen des Rates und der Kommission, Debatte Montag, Abstimmung Donnerstag
- Weltweite Ernährungssicherheit – Erklärungen des Rates und der Kommission, Debatte Mittwoch
- Rolle von Belarus im russischen Krieg gegen die Ukraine – Erklärungen der Kommission, Debatte Mittwoch
- Beziehungen EU – westlicher Balkan – Erklärungen der Kommission, Debatte Mittwoch
- Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten – Nichtlegislative Entschließung, Debatte Montag, Abstimmung Dienstag
- Geistige Gesundheit – Erklärungen des Rates und der Kommission, Debatte Dienstag
- Internationaler Tag zur Beseitigung der Armut – Erklärungen der Kommission, Debatte Montag
- Beschönigung der antieuropäischen extremen Rechten in der EU – Debatte aus aktuellem Anlass, Mittwoch
Für mehr Information.
Live-Stream zur Sitzung.
Quellen:
Europäisches Parlament;
Zugang zu Wasser als Menschenrecht
Das EU-Parlament hat am 5. Oktober 2022 eine Entschließung angenommen, in der das Recht auf sauberes Trinkwasser und Sanitärversorgung als Menschenrecht bekräftigt wird. Dieser Beschluss verdeutlicht das Bekenntnis der EU, allen Menschen weltweit einen angemessenen Zugang zu Wasser zu garantieren und weitere Maßnahmen zu treffen, um dieses Ziel zu erreichen.
Bereits im Jahr 2010 verabschiedete die Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Resolution, in der das Recht auf einwandfreies sauberes Trinkwasser sowie Sanitärversorgung als Menschenrecht anerkannt wurde. Viele Mitgliedstaaten der EU enthielten sich bei dieser Abstimmung jedoch ihrer Stimme, unter anderem auch Österreich. Erst die maßgeblich von den Gewerkschaften getragene, von mehr als 1,8 Millionen Europäer*innen unterschriebene und erste erfolgreiche Bürger*inneninitiative „right2water“ ebnete auf europäischer Bühne den Weg zu konkreten Legislativakten der EU. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Trinkwasserrichtlinie, welche Qualitätsstandards für Trinkwasser in Europa aufstellt und eine Förderung des Zugangs zu sauberem Wasser vorsieht. Wenngleich diese 2020 beschlossene Richtlinie einen Schritt in die richtige Richtung darstellt und viele Forderungen der Bürger*inneninitiative umgesetzt wurden, ist bis zu der nun angenommen Entschließung des EU-Parlaments eine Einstufung von Wasser als Menschenrecht von Seiten der EU ausgeblieben.
Zentrale Elemente der Entschließung
Neben der grundlegenden Bekräftigung des Zugangs zu Wasser als Menschenrecht beinhaltet die Entschließung noch weitere relevante Bekenntnisse. So wird etwa die Abhängigkeit des Rechts auf Leben und der Gesundheit von einem angemessenen Zugang zu Wasser-, Sanitär- und Hygieneeinrichtungen festgestellt und damit die Bedeutung von Wasser für alle Menschen hervorgehoben. Ebenso wird darauf hingewiesen, dass die Anerkennung des Rechts auf Trinkwasser und Sanitärversorgung einen wesentlichen Einfluss auf globale Gerechtigkeit im Sozial- und Umweltbereich hat, indem durch das größere Bewusstsein für Wasserzugang besonders die am stärksten ausgegrenzten Gruppen in Entwicklungsländern von neuen Maßnahmen der Politik profitieren sollen. Damit zusammenhängend fordert das EU-Parlament auch die EU und die einzelnen Mitgliedstaaten auf, im Zuge multilateraler Verhandlungen das Thema Wasserzugang und Sanitärversorgung verstärkt in den Mittelpunkt zu stellen. Auch soll die Wasserwirtschaft in Zukunft primär ökologischen Interessen folgen und Praktiken einer Umweltverträglichkeits- oder Menschenrechtsprüfung unterzogen werden, welche das Recht auf Trinkwasser stärken sollen.
Wasser und Globalisierung
Besonders im Rahmen der Globalisierung und des grenzüberschreitenden Handels spielt das Recht auf angemessenen Zugang zu Wasser eine wichtige Rolle. Vor dem Hintergrund zahlreicher Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen durch rücksichtsloses Handeln großer Unternehmen arbeitet die EU zurzeit an einem Lieferkettengesetz, das auch eine essenzielle Rolle bei der internationalen Durchsetzung des Rechts auf Trinkwasser spielen kann. Auch die Privatisierung von Wasser stellt vielerorts Probleme für die flächendeckende Wasserversorgung der Menschen dar und ist deshalb kritisch zu beurteilen. In diesem Zusammenhang betont das EU-Parlament in der Entschließung deutlich, dass es sich bei Wasser um ein öffentliches Gemeingut und bei der Bereitstellung der Wasser- und Sanitärversorgung um grundlegende öffentliche Dienste handelt. Konkret wird auch hervorgehoben, dass im Rahmen nachhaltiger Entwicklung Wasser nicht als Ware ohne damit einhergehende sozialpolitische oder kulturelle Erwägungen betrachtet werden darf.
Wasserversorgung in kommunaler Hand absicher
Österreich hat 2019 die Wasserversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand in den Verfassungsrang erhoben. Damit sollten Liberalisierungs- und Privatisierungsbestrebungen endgültig der Vergangenheit angehören. Was es dazu aber auch braucht, ist eine gute finanzielle Absicherung der öffentlichen Hand, damit diese ihre Aufgaben auch umfassend wahrnehmen kann. So hat ein im Jahr 2020 veröffentlichter Rechnungshofbericht aufgezeigt, dass die Sanierungsrate beim Trink- und Abwasser viel zu niedrig ist, und verweist auf einen stark steigenden Sanierungsbedarf bei Trinkwasser- und Abwasserleitungen. Die Wasserleitungen sind mittlerweile in die Jahre gekommen und müssen Zug um Zug saniert werden. In den vergangenen Jahren wurde aber die Sanierungsrate deutlich unterschritten, da von Bund und Ländern zu wenig Finanzmittel zur Verfügung gestellt wurden. Die Kommunen brauchen, besonders in Anbetracht der durch die Corona-Pandemie entstandenen Unterfinanzierung, eine bessere finanzielle Unterstützung, um die alten und zum Teil leck gewordenen Wasserrohre schneller zu reparieren. Vor allem der Bund wäre hier in der Pflicht: Die vom Bund im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes zur Verfügung gestellten Mittel sanken jährlich von rund 283 Millionen Euro in den Jahren 1993 bis 2000 auf 80 Millionen Euro in den Jahren 2017 bis 2021. Ziele des Umweltförderungsgesetzes sind unter anderem: Wasser vor Verunreinigungen zu schützen und die Versorgung der Bevölkerung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser zu gewährleisten, wie der Rechnungshof ausführt. Daher empfiehlt der Rechnungshof, dass Finanz- und Landwirtschaftsministerium mit gezielten Anreizen die Sanierungsrate erhöhen sollten.
Weiterführende Informationen:
A&W blog: Menschenrecht auf Wasser – EU-Parlament erreicht wichtigen Etappensieg
AK EUROPA: Trinkwasserrichtlinie – EU-Institutionen erzielen politischen Kompromiss
AK EUROPA Positionspapier: Richtlinie über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserrichtlinie)
Quelle:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), Europäischer Rat, Europäisches Parlament, Generalversammlung der Vereinten Nationen, Rechnungshof Österreich, right2water.eu, younion _ Die Daseinsgewerkschaft;
Gesundheitsgewerkschaften diskutieren über Personalmangel und Arbeitskampfmaßnahmen
Sitzung des Ständigen EGÖD-Ausschusses für Gesundheits- und Sozialdienste am 4. Oktober 2022
Der Europäische Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD) sowie EGÖD-Mitgliedsorganisationen, darunter Vertreter*innen der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, versammeln sich erstmals seit Pandemiebeginn persönlich auf der 57. Sitzung des Ständigen Ausschusses für Gesundheits- und Sozialdienste.
Die Sitzung begann mit einer Zusammenfassung der seit der 56. Sitzung des Ausschusses durch den EGÖD erzielten Erfolge, die von Adam Rogalewski, Politikbeauftragter für den Gesundheitssektor beim EGÖD dargelegt wurden. Rogalewski berichtete über die Arbeit des EGÖD zur Anerkennung von COVID-19 als Berufskrankheit – COVID-19 wird bis Ende dieses Jahres in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen werden. Der EGÖD hat erreicht, dass COVID-19 nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch in der Sozialpflege und bei Hausangestellten als Berufskrankheit anerkannt wird. Weiters berichtete Rogalewski, dass der Aktionsrahmen zur Einstellung und Bindung von Personal im Krankenhaussektor in alle europäischen Sprachen übersetzt wurde und nun auf nationaler Ebene umgesetzt werden kann. Es wurde berichtet, dass die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) derzeit einen Leitfaden für den Umgang mit Karzinogenen und Mutagenen erstellt, was teilweise auf den Erfolg der Kampagne „Stop Cancer at Work“ („Krebs am Arbeitsplatz beenden“) zurückzuführen ist. Darüber hinaus nahm im vergangenen September eine EGÖD-Delegation an der 72. Tagung des WHO-Regionalkomitees für Europa teil. Hervorzuheben ist auch, dass die Internationale der Öffentlichen Dienste (IÖD) und der EGÖD eine gemeinsame Erklärung zum „Aktionsplan für sexuelle reproduktive Gesundheit“ veröffentlicht haben, in der sie bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte im Bereich der geschlechtsspezifischen und sexuellen reproduktiven Gesundheits- und Rechtsleistungen fordern.
Anschließend wurde im Rahmen der Sitzung über den Europäischen Betriebsrat (EBR) von ORPEA gesprochen. In Frankreich hat ORPEA beispielsweise die Gewerkschaftswahlen zugunsten von Arc-en-Ciel manipuliert. Im Mai 2022 veröffentlichten der EGÖD und EGÖD-Mitgliedsorganisationen eine gemeinsame Erklärung, in der sie die missbräuchliche Verwendung öffentlicher Gelder durch ORPEA und die Misshandlung seiner Beschäftigten und Bewohner*innen anprangerten. Insgesamt wird es sieben EBR im Gesundheits- und Sozialdienstsektor geben, an denen der EGÖD beteiligt sein wird.
Die Mitglieder erörterten außerdem die Entwicklungen und den aktuellen Stand des Arbeitskampfes sowie die Möglichkeit, am 9. Dezember eine europäische Demonstration zu organisieren.
Die Sitzung wurde mit einer Präsentation über den Personalbestand im europäischen Gesundheitssektor fortgesetzt. Die Daten wurden aus den Antworten von 22 EGÖD-Mitgliedern in 22 Ländern zusammengestellt. Die Ergebnisse zeigten, dass es in sechs Ländern keine offiziellen Empfehlungen zum Verhältnis zwischen Personal und Nutzer*innen im Gesundheitssektor gibt. Die belarussischen, rumänischen und zypriotischen Mitglieder berichteten, dass ihre Regierungen die aktuellen Empfehlungen zum Personalschlüssel aktualisieren müssen. Die englischen, schottischen und ungarischen Mitgliedsorganisationen erklärten, dass die derzeitige Personalausstattung unter den offiziellen Anforderungen liege, was teilweise auf die Untätigkeit der Regierungen zurückzuführen sei. An die Präsentation schloss sich eine Diskussion an, die von Sarada Das, der Generalsekretärin des Ständigen Ausschusses der Europäischen Ärzte, geleitet wurde.
Schließlich wurden die Mitglieder über die laufenden Projekte des EGÖD informiert. Erstens hat der EGÖD zusammen mit AIAS-HIS an der Universität Amsterdam und der European Psychiatric Association (EPA) ein neues Projekt mit dem Titel „COVID-19-Krise, psychische Gesundheit der Arbeitnehmer*innen und gewerkschaftliche Maßnahmen“ (COMET) gestartet. Das Projekt wird sich auf die psychosozialen Risiken im Gesundheitssektor konzentrieren, die durch die COVID-19-Pandemie verstärkt werden. Es wurde auch über die Kampagne „End Stress“ („Stress beenden“) von Eurofound diskutiert, die die Europäische Kommission auffordert, eine EU-Richtlinie über psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz zu erstellen. Zweitens ist der EGÖD Teil des von der European Health Management Association (EHMA) geleiteten „BeWell“-Projekts, das darauf abzielt, Beschäftigte im Gesundheitswesen in den notwendigen Fähigkeiten zu schulen, um sich auf den grünen und digitalen Wandel im Gesundheitssektor vorzubereiten.
Die nächste wichtige Sitzung für die Gewerkschaften des Gesundheits- und Sozialwesens ist die pan-europäische EGÖD-Gesundheitskonferenz am 24. Oktober.
Quellen:
endstress.eu, Europäischer Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD), Internationale der Öffentlichen Dienste (IÖD), Social Europe, stopcanceratwork.eu;