EU-Haushalt wird aufgestockt – bis zu 13,5 Milliarden Euro jährlich
Am 13. Jänner 2022 stand EU-Kommissar Johannes Hahn zum neuen Eigenmittel-Paket Rede und Antwort, das die Kommission am 22. Dezember 2021 vorgelegt hatte. Demnach sind drei neue Einnahmequellen für Eigenmittel für den EU-Haushalt geplant: Einnahmen aus dem Emissionshandel, dem CO2-Grenzausgleichssystem und der Besteuerung multinationaler Unternehmensgewinne. Diese neuen Einnahmequellen sollen dem EU-Haushalt durchschnittlich von 2023 bis 2030 jährlich bis zu 13,5 Milliarden Euro einbringen.
Der EU-Haushalt funktioniert nicht wie ein nationaler Haushalt, so kann die EU etwa nicht eigenständig Steuern und Abgaben einheben. Ihre Einnahmen, sogenannte Eigenmittel, setzten sich aus Zöllen auf Einfuhren aus Drittländern, aus Beiträgen auf Grundlage der von den Mitgliedstaaten erhobenen Mehrwertsteuer und aus direkten Beiträgen der Mitgliedstaaten gemessen am Bruttoinlandsprodukt zusammen. Im Jahr 2021 ist mit der Einführung der Kunststoff-Eigenmittel – auch bekannt unter dem Namen „Plastiksteuer“ – eine weitere Einnahmequelle hinzugekommen. Da der EU-Haushalt mit dem Corona-Aufbau-Instrument NextGenerationEU mehr als zwei Billionen Euro in die Hand genommen hat, bedarf es nun neuer Eigenmittel, um diese aufgenommenen Mittel zurückzuzahlen. Darüber hinaus sollen diese auch den geplanten Klima-Sozialfonds, der im Zuge des „Fit for 55“-Pakets für einen gerechten Übergang sorgen soll, finanzieren.
EU-Emissionshandel
Zusätzliche Einnahmen durch eine Ausdehnung des EU-Emissionshandelssystems (ETS) hat die Kommission bereits im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets im Juli 2021 vorgeschlagen. Einerseits soll das ETS in Zukunft auf den Luft- und Seeverkehr ausgeweitet werden, und andererseits soll ein neues Emissionshandelssystem (ETS-2) für Gebäude und Straßenverkehr eingeführt werden. Gegen die Ausdehnung des Emissionshandels auf Gebäude und Straßenverkehr gibt es allerdings viele kritische Stimmen. „Wohnen und Mobilität sind Grundbedürfnisse, und wir befürchten, dass die aus einer solchen Erweiterung entstehenden Kosten zu unkontrollierten und damit existenzgefährdenden Preisspitzen führen werden“, so Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft. Während jedenfalls die Einnahmen aus dem Verkauf der Emissionszertifikate derzeit noch an die nationalen Haushalte gehen, sieht der Vorschlag der Kommission nun vor, dass zukünftig 25 % davon in den EU-Haushalt fließen. Nach Schätzung der EU soll das von 2023 bis 2030 durchschnittlich 9 Milliarden Euro jährlich zum EU-Budget beitragen.
CO2-Grenzausgleichssystem
Anhand des gleichzeitig vorgelegten CO2-Grenzausgleichssystems (CBAM) soll ein Kohlenstoffpreis auf Importe in die EU erhoben werden, um somit das Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen (Carbon Leakage) einzudämmen. Außerdem will die Kommission damit bewirken, dass auch in Nicht-EU-Ländern umweltfreundlicher produziert wird. Der CO2-Preis auf Importe soll jenem Preis entsprechen, der im Falle einer Produktion in der EU gezahlt worden wäre. 75 % der Einnahmen von CBAM sollen laut Kommissionsvorschlag in den EU-Haushalt fließen und so durchschnittlich 0,5 Milliarden Euro pro Jahr von 2023 bis 2030 zum EU-Haushalt beitragen.
Besteuerung von Unternehmensgewinnen
Am 8. Oktober 2021 einigten sich 136 OECD-Länder auf eine Reform der internationalen Konzernbesteuerung, welche zur Eindämmung der Gewinnverschiebung und des Steuerwettbewerbs durch große multinationale Unternehmen beitragen soll. Diese Reform basiert auf zwei Säulen, wobei die erste zur Eigenmittelaufbringung beitragen soll. Da Gewinne fortan dort besteuert werden sollen, wo die wirtschaftliche Tätigkeit und die Wertschöpfung stattfinden, entstehen neue Einnahmen, die als weitere Quelle für Eigenmittel dienen sollen. Laut Kommissionsvorschlag sollen 15 % des Gewinnüberschusses über den EU-Haushalt zurück in die Mitgliedstaaten fließen, das könnte zwischen 2,5 und 4 Milliarden Euro pro Jahr zum EU-Haushalt beitragen.
Nächste Schritte
Die Einführung dieser drei neuen Eigenmittel in den EU-Haushalt ist keine Leichtigkeit, da es dafür einer Änderung der Bestimmungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 bedarf. Weiters sind die Verhandlungen zur Einführung des ETS-2, CBAM und der internationalen Unternehmensbesteuerung im Europäischen Parlament und im Rat im Gange, und ein Abschluss ist derzeit nicht in Sicht. So hat sich die AK deutlich gegen die Einführung des Emissionszertifikatehandels für Heizstoffe ausgesprochen, da dadurch Konsument*innen direkt von starken Preisausschlägen betroffen sein könnten. Das würde besonders von Energiearmut betroffene Konsument*innen hart treffen, da diese keine Möglichkeiten haben, auf Energieeffizienzmaßnahmen zu setzen. So sieht der Berichtsentwurf des Berichterstatters zur ETS-Richtlinie, Peter Liese, vor, die Einführung des ETS-2 zumindest für zwei Jahre nach hinten zu verschieben. Die AK begrüßt den Vorschlag, die Besteuerung von Unternehmensgewinnen als Eigenmittelquelle heranzuziehen. Jedoch muss sichergestellt werden, dass nicht die nationalen Budgets letztendlich dafür aufkommen, sondern dass eine zusätzliche Steuer für Konzerne konzipiert wird.
Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), euobserver.com, Europäische Kommission, Europäisches Parlament;