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EU-Gasmarkt: Stärkung der Konsument*innenrechte vorgesehen

Im Dezember 2021 präsentierte die EU-Kommission neue Vorschläge im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets, mit denen die Emissionen von Treibhausgasen bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 reduziert werden sollen. Zwei dieser Vorschläge sollen den Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt neu regeln. Die AK begrüßt die Vorschläge, insbesondere den darin vorgesehenen Ausbau der Konsument*innenrechte. Wenn es um den Einsatz von Wasserstoff geht, soll dieser vor allem dort erfolgen, wo es keine Alternativen für die Dekarbonisierung gibt.

Ziel der neuen Verordnung und der neuen Richtlinie zum Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt der EU-Kommission ist es, Erdgas durch CO2-freie bzw. CO2-arme Gase und Wasserstoff zu ersetzen und zugleich ein marktbasiertes System für Gase und Wasserstoff zu schaffen. So betonte auch Piotr Kus, Generaldirektor des Verbands Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas (ENTSO-G) im Rahmen eines Austausches im Energieausschuss des Europäischen Parlamentes (ITRE) am 22. März 2022, dass es eine langfristige und ganzheitliche Energiepolitik mit Fokus auf Energiesicherheit, Nachhaltigkeit und Erschwinglichkeit braucht, um den Grünen Deal erfolgreich umzusetzen. Michaela Holl von Agora Energiewende betonte außerdem, dass grüne Gase alleine kein Allheilmittel sind, wenn es darum geht, Europas Energieversorgung CO2-frei zu machen.

Auch die AK betrachtet den breiten Einsatz von Wasserstoff skeptisch, den die EU-Kommission bei der Dekarbonisierung vorsieht, denn die Potenziale für die Erzeugung von Biomethan und Wasserstoff in der Europäischen Union sind beschränkt. Wasserstoff und Biomethan sind wesentlich teurer als andere CO2-freie Energieträger – so zeigt eine AK-Studie für Österreich, dass die Nachfrage an grünen Gasen auch in Zukunft mindestens zu zwei Drittel durch Importe gedeckt werden muss. Aus Sicht der AK sollten Wasserstoff und alternative Gase deshalb nur in jenen Sektoren eingesetzt werden, für die es sonst keine Dekarbonisierungsmöglichkeiten gibt. Ferner sind beim Umstieg auf eine erneuerbare und leistbare Energieversorgung jegliche Lock-in-Effekte in fossile Erdgasversorgung zu vermeiden sowie ein detaillierter Plan für den Ausstieg aus fossilem Erdgas vorzulegen. Es gilt auch sicherzustellen, dass der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur nicht zu Lasten der Haushalte geht, da die Richtlinie eine Überwälzung der Kosten der Netznutzung für alternative Gase und Wasserstoff auf private Haushalte nicht ausschließt.

Die AK begrüßt, dass der Richtlinienvorschlag der EU-Kommission insbesondere die Verbaucher*innenrechte auf dem Gasmarkt stärkt, so wie sie auf europäischer Ebene bereits im Strommarkt verankert sind. Der Vorschlag sieht vor, dass auch regulatorische Eingriffe in den Gaspreis für einkommensschwache Haushalte zeitlich befristet zugelassen werden sollen. Ferner schlägt die EU-Kommission Maßnahmen für einkommensschwache Haushalte vor, wie etwa ein Abschaltverbot in „kritischen Zeiten“, beispielsweise vor Wochenenden oder Feiertagen. Der stärkere Fokus auf das Thema Energiearmut und die Stärkung der Konsument*innenrechte im Rahmen der Kommissionsvorschläge sind wichtig, um eine Zwei-Klassen-Energiegesellschaft zu verhindern. Zur längerfristigen Bekämpfung der Energiearmut fordert die AK zudem die Einrichtung eines Energie- und Klimafonds auf nationaler Ebene.

Der Richtlinienvorschlag legt darüber hinaus neue Informationspflichten der Energielieferant*innen gegenüber den Haushaltskund*innen ebenso fest wie die Einrichtung einer einheitlichen Anlaufstelle zur Beratung von privaten Kund*innen und eine außergerichtliche Streitschlichtungsstelle. Die AK kritisiert allerdings die vorgesehene Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten Ausnahmen für Unternehmen bei der Teilnahme an Schlichtungsverfahren vorsehen können.

Weitere Informationen:
Der gerechte Übergang zur Klimaneutralität – vor welchen Herausforderungen stehen wir?

Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), AK Wien, Europäische Kommission, Europäischer Rat/Rat der Europäischen Union, Europäisches Parlament;