„REPowerEU“: Plan für erschwinglichere, sichere und nachhaltige Energie
Am 8. März 2022 veröffentlichte die EU-Kommission ihre Mitteilung „REPowerEU“. Mit den vorgestellten Maßnahmen soll Europa deutlich vor 2030 von fossilen Brennstoffen aus Russland unabhängig gemacht und das Problem der aktuell extrem hohen Energiepreise angegangen werden.
Während Europa schon seit mehreren Monaten mit einem Anstieg der Energiepreise konfrontiert ist, wird das Problem durch die vorherrschende unsichere Versorgungslage aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine nochmals verschärft. Bereits im Oktober 2021 hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten mit der „Energiepreis-Toolbox“ Schritte aufgezeigt, wie die Mitgliedstaaten die hohen Energiepreise für vulnerable Gruppen abmildern können. Die nun vorgestellte Mitteilung sieht zusätzliche Leitlinien vor, welche unter anderem Preisregulierungen in Ausnahmefällen ermöglichen. Ferner spezifiziert der Mitteilungsentwurf, wie die EU-Staaten Einnahmen aus den hohen Gewinnen des Energiesektors und aus dem Emissionshandel an die Verbraucher*innen umverteilen können. Außerdem können Mitgliedstaaten nun auch staatliche Beihilfen an betroffene Unternehmen zur kurzfristigen Unterstützung gewähren.
Ferner möchte die EU-Kommission bis April 2022 einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen, der die gemeinsame Gasbeschaffung der Mitgliedstaaten fördert und vorsieht, dass die Gasspeicher in der EU bis zum 1. Oktober eines Jahres zu mindestens 90 % ihres Fassungsvermögens gefüllt sind. Die EU-Kommission wird auch weiter wegen möglicher Wettbewerbsverzerrungen gegen Unternehmen vorgehen, die auf den europäischen Gasmärkten tätig sind – hier im Besonderen Gazprom. Die EU-Kommission schließt auch weitere tiefgreifende Optionen für Notfallmaßnahmen nicht aus.
Mit „REPowerEU“ möchte die EU-Kommission die Diversifizierung der Gasversorgung durch höhere Importe von Flüssigerdgas (Liquified Natural Gas, LNG) und Gasimporten von anderen Ländern sowie durch höhere Mengen an Biomethan und Wasserstoff sicherstellen. Außerdem soll die Abkehr von fossilen Brennstoffen weiter vorangetrieben werden, vor allem in Wohn- und Geschäftsgebäuden und der Industrie. Zu diesem Zweck sieht die Mitteilung eine Steigerung der Energieeffizienz, den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Elektrifizierung sowie die Beseitigung von Infrastrukturengpässen vor. Laut dem Exekutivpräsidenten für den europäischen Grünen Deal, Frans Timmermans, könnte die EU durch die im Mitteilungsentwurf vorgestellten Maßnahmen schrittweise mindestens 155 Milliarden Kubikmeter fossiles Gas einsparen, um den Gasimport aus Russland bis Ende 2022 um nahezu zwei Drittel zu senken.
Weitere Maßnahmen im Kampf gegen hohe Energiepreise gefordert
Die AK begrüßt die von der EU-Kommission vorgestellten Maßnahmen, insbesondere jene zur Abschöpfung und Umverteilung von Überschussgewinnen sowie die Überwachung der Energiemärkte, wenn es um Wettbewerbsverzerrungen geht. Um die massiven Belastungen für die Bevölkerung aufgrund der hohen Energiepreise zu bekämpfen, fordert die AK die zeitlich befristete Halbierung der Mehrwertsteuer auf Energie. Ferner braucht es eine rasche Umsetzung des Energie- und Klimahilfsfonds – zur Unterstützung energiearmer Haushalte und als zentrale Drehscheibe für alle Stakeholder sowie die Forschung, bezüglich Energiearmut. Jeder Energieversorger sollte in seinem Produkteportfolio auch einen Tarif mit mittelfristig stabilen, verlässlichen Energiepreisen anbieten müssen, der nicht direkt an die Entwicklung der Groß- oder Börsenpreise gekoppelt ist. Auch eine Deckelung der Energiepreise sollte möglich sein, um die Energie leistbar zu halten, insbesondere für energiearme Haushalte.
Auch der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) beschäftigt sich intensiv mit den steigenden Energiepreisen, etwa in der u.a. von Thomas Kattnig, Mitglied des EWSA sowie des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, erarbeiteten Stellungnahme zu diesem Thema. Ein wichtiges Instrument ist in diesem Zusammenhang auch der von der EU-Kommission vorgeschlagene Klima-Sozialfonds, dessen Einrichtung vom EWSA begrüßt wird, wie aus der von Thomas Kattnig und Alena Mastantuono erarbeiteten Stellungnahme hervorgeht. Das Instrument zielt darauf ab, die negativen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der CO2-Bepreisung abzufedern. „Mit dieser Verordnung zeigt die Kommission glaubhaft ihren Willen, Energie- und Mobilitätsarmut zu bekämpfen, aber wir brauchen konkrete Maßnahmen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, einschließlich eines besseren Zugangs zu Beihilfen für thermische Sanierungen oder den Austausch von Heizungsanlagen für energiearme Haushalte“, so Kattnig. „Ganz besonders einkommensschwache Haushalte sind vom massiven Anstieg der Energiepreise, den wir gegenwärtig erleben, belastet, weil schlichtweg die Rechnungen für Benzin und Gas extrem teuer werden. Das verunsichert die Menschen“, gibt Kattnig zu bedenken. „Das darf jedoch keinesfalls zu der Frage ‚Klimaschutz oder sozialer Frieden’ führen. Denn wir brauchen beides und müssen die Menschen mitnehmen, und genau hier soll und kann der Klima-Sozialfonds eine entscheidende Rolle spielen.“
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: EU-Energiekommissarin Kadri Simson im EU-Parlament zu den Energiepreisen
AK EUROPA: Neue konkrete Vorschläge für ein klimaneutrales Europa
Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), Europäische Kommission, Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA);