Infomailing vom 13.06.2022
Schwerpunkte der EP-Plenartagung vom 6. – 9. Juni 2022
Im Rahmen der von 6. – 9. Juni 2022 stattfindenden Plenartagung des Europäischen Parlaments stehen u. a. folgende Themen auf der Tagesordnung:
Klimawandel: EU muss schneller handeln und Energieunabhängigkeit erreichen
Ein Großteil des EU-Klimapakets „Fit for 55“ steht zur Debatte und Abstimmung. Ziel ist die Bekämpfung des Klimawandels durch starke Senkung der Treibhausgasemissionen.
Ukraine: Ergebnisse des EU-Gipfels, Rada-Sprecher und Fragestunde mit Borrell
Debatte am Mittwoch über die Ergebnisse des vergangenen EU-Gipfels zur Ukraine. Am selben Tag wird der Präsident der ukrainischen Rada, Ruslan Stefantschuk, vor dem Plenum sprechen.
Irischer Premierminister Micheál Martin spricht vor dem Parlament
Die Abgeordneten werden am Mittwoch ab 09:00 Uhr mit dem irischen Premierminister Micheál Martin über die Europäische Union und ihre Zukunftsaussichten diskutieren.
Zukunft Europas: Vorschläge zur Änderung der EU-Verträge
Die Abgeordneten werden am Donnerstag eine erste Reihe von Änderungen der EU-Verträge fordern, um sicherzustellen, dass die Erwartungen der Bürger*innen erfüllt werden.
Gewinner des LUX-Filmpreises wird in Straßburg verkündet
Am Mittwoch, 8. Juni um 12:00 Uhr wird der Gewinner des europäischen LUX-Publikumsfilmpreises 2022 während einer feierlichen Sitzung im Plenarsaal bekanntgegeben.
Besorgnis über Freigabe von 35,4 Milliarden Euro an Polen durch EU-Kommission
Das Parlament wird Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Freigabe der Aufbaumittel für Polen befragen, obwohl die Rechtsstaatlichkeit dort weiterhin bedroht ist.
Krieg in der Ukraine: EU muss ihre außenpolitischen Verpflichtungen umsetzen
Als Reaktion auf Russlands Krieg in der Ukraine fordern die Abgeordneten eine schnellere Umsetzung der Erklärung von Versailles durch einen grundlegenden Wandel der EU-Außenpolitik.
Türkei: Menschenrechtslage verschlechtert sich weiter
Die Abgeordneten warnen die Türkei, dass sie ihre Menschenrechtsbilanz verbessern muss, wenn die Beitrittsgespräche fortgesetzt werden sollen.
Internationales Beschaffungswesen: Diskriminierung von EU-Firmen beenden
Am Donnerstag wollen die Abgeordneten das neue internationale Instrument billigen, das Drittländer dazu bringen soll, ihre Märkte für öffentliche Aufträge für die EU zu öffnen.
USA: Abgeordnete wollen mögliche Aufhebung der Abtreibungsrechte verurteilen
Das Parlament will die Rückschritte bei der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und damit verbundenen Rechte von Frauen in den USA und weltweit verurteilen.
Festakt zum 60. Jahrestag der Gemeinsamen Agrarpolitik
Am Montag, zu Beginn der Plenartagung, gedenken die Abgeordneten des 60-jährigen Bestehens der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU.
Parlament will vollwertiges Recht der gesetzgeberischen Initiative fordern
Die Abgeordneten wollen eine Überarbeitung des EU-Gesetzgebungsprozesses vorschlagen, um die Demokratie zu stärken, indem dem Parlament ein direktes Initiativrecht eingeräumt wird.
Weitere Themen:
- Ein neues Instrument zum Verbot von Produkten, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden – Anfrage zur mündlichen Beantwortung, Debatte und Abstimmung Donnerstag
- Fahrplan des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) für Klimawandel und Verteidigung – Bericht: Thomas Waitz, Debatte Montag, Abstimmung Dienstag
- Illegaler Holzeinschlag in der EU, Parlamentarische Anfrage, Debatte Donnerstag, Abstimmung auf der Juni-II-Plenarsitzung
Für mehr Information.
Live-Stream zur Sitzung.
Quellen:
Europäisches Parlament;
AK und younion: „Vorrang für Trinkwasser per Gesetz“
Aufgrund der hohen Hitze wird das Wasser zum knappen Gut – AK und younion fordern, Trinkwasser per Gesetz Vorrang zu geben
Es wird immer heißer. Die Anzahl der Hitzetage hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Der ausbleibende Regen in Verbindung mit hohen Temperarturen setzen der Grundwasserneubildung zu und die Grundwasserpegel sinken – Wasser wird somit zum knappen Gut. Dies stellt die Trinkwasserversorger, die Landwirtschaft und die Industrie vor große Herausforderungen. Bereits heute braucht die Landwirtschaft aufgrund der zunehmenden Trockenheit mehr Wasser, um die Äcker mit ausreichend Wasser zu versorgen. Eine Studie des Landwirtschaftsministeriums schätzt, dass sich der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft bis 2050 verdoppeln wird.
„Die Klimakrise stellt eine große Herausforderung für die Verfügbarkeit der Wassermenge dar. Sie wirkt sich aber auch auf die Wasserqualität aus, denn steigende Temperaturen in Flüssen, Seen sowie im Grundwasser verändern die mikrobielle Zusammensetzung und beeinträchtigten die Ökosysteme. Daher muss Trinkwasser ein rechtssicherer Vorrang gegenüber allen anderen Nutzungen eingeräumt werden und alle Anstrengungen unternommen werden, um die Klimakrise einzubremsen und Nutzungskonflikten vorzubeugen“, stellen Iris Strutzmann, Umweltexpertin der AK-Wien, und Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, fest.
Laut Wasserrechtsgesetz steht im Falle von Engpässen die Versorgung mit Trinkwasser an erster Stelle. Dazu braucht es derzeit langwierige Verfahren, damit Trinkwasserversorger ihre Rechte geltend machen können. Daher gilt es bereits jetzt vorzusorgen und das Wasserrechtsgesetz nachzubessern, um potentielle Nutzungskonflikte zu vermeiden.
„Es ist aufgrund der aktuellen Entwicklungen dringend notwendig, den Vorrang für Trinkwasser vor allen anderen Nutzungen gesetzlich abzusichern. Damit die Menschen auch im Krisenfall jederzeit mit ausreichend Trinkwasser versorgt werden“, so Strutzmann.
„Dieser Vorrang muss rasch gesichert werden und sollte jedenfalls entschädigungsfrei erfolgen.“ Die Initiative „Menschenrecht auf Wasser“ („Right2Water“) fordert seit Jahren einen universellen Zugang zu Trinkwasser und sanitäre Versorgung für alle Menschen. „Um die Städte und Gemeinden finanziell in die Lage zu versetzen, die entsprechenden Maßnahmen vorzunehmen, sind Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge und zur Erreichung der Klimaziele von den EU-Budgetregeln auszunehmen“, fordert Kattnig.
Antworten für Landwirtschaft
Gleichzeitig braucht es Antworten für die Landwirtschaft. Wie soll mit zunehmender Wasserknappheit in der Landwirtschaft gewirtschaftet werden? Welche Früchte sollen auf den Feldern angebaut werden? Auch Datenlücken in der Landwirtschaft müssen geschlossen und Forschung gestärkt werden.
Bereits vor vier Jahren wurden im Rahmen der Trinkwasserenquete im Bundesrat der notwendige Vorrang des Trinkwassers erkannt und rechtliche Lösungen vorgeschlagen. Das aktuelle Regierungsprogramm sieht eine solche Vorrangstellung der Trinkwasserversorgung bei Nutzungskonflikten vor. Dies sollte angesichts der rasanten Entwicklungen bei der Klimakrise rasch umgesetzt werden.
„Wasser muss jedenfalls in allen Lebensbereichen bewusster genutzt werden. In Zeiten der Klimakrise ist ein noch verantwortungsvollerer Umgang mit dem wertvollem Gut Trinkwasser notwendig. Das beginnt beim Einzelnen und endet bei der wirtschaftlichen Nutzung des Wassers. Mit Investitionen in Forschung und Entwicklung kann durch verbesserte Technik für mehr Wassereffizienz gesorgt werden. Damit auch in Zukunft ausreichend Wasser in sehr guter Qualität für alle da ist“, schließen Strutzmann und Kattnig.
Quellen:
Arbeiterkammer Wien, right2water.eu, younion _ Die Daseinsgewerkschaft;
EU-Kommission schlägt neue Maßnahmen gegen hohe Energiepreise vor
Als Reaktion auf die immer noch extrem hohen und volatilen Energiepreise stellte die EU-Kommission zusätzliche kurzfristige Eingriffsmaßnahmen in den Markt vor. Die AK begrüßt die vorgeschlagenen Maßnahmen, und es liegt nun an den Mitgliedstaaten, diese aufzugreifen und möglichst rasch umzusetzen. Insbesondere sollte – nach dem Vorbild von Spanien und Portugal – EU-weit ein Preisdeckel für stromerzeugende Gaskraftwerke eingeführt werden. Ein solcher würde den Strompreis deutlich senken und die gesamte Volkswirtschaft entlasten.
Mit der am 18. Mai 2022 vorgelegten Mitteilung zu kurzfristigen Energiemarktinterventionen und langfristigen Verbesserungen der Strommarktgestaltung präsentierte die EU-Kommission eine Reihe von Maßnahmen zur Bekämpfung der hohen Energiepreise sowie zur Bewältigung möglicher Gaslieferunterbrechungen aus Russland. Darüber hinaus soll der Strommarkt resilienter gegenüber Preisschocks gestaltet sowie Verbraucher*innen geschützt und mit leistbarem Strom versorgt werden. Bei dieser Mitteilung handelt es sich um die dritte Toolbox, die die EU-Kommission vorgestellt hat und die wichtige Möglichkeiten zur Abfederung der hohen Energiepreise umfassen. Die erste erfolgte im Oktober 2021, die zweite im März 2022.
Darüber hinaus hat die EU-Kommission den sogenannten „REPowerEU-Plan“ vorgelegt, dessen Ziel es ist, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland zu verringern und den ökologischen Wandel zu beschleunigen. Erreicht werden soll dies durch Energieeinsparungen, die Diversifizierung der Energieversorgung und den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien.
Kurzfristige Interventionsmaßnahmen auf den Gas- und Strommärkten
Zu den von der EU-Kommission vorgestellten Maßnahmen im Bereich der Gasmärkte zählt insbesondere die Möglichkeit für EU-Mitgliedstaaten, die Regulierung der Endverbraucher*innenpreise vorübergehend auf Haushalte und Industrie anzuwenden. Die Maßnahmen können in weiterer Folge auch auf den Strommärkten angewandt werden und nicht nur für Haushalte, sondern auch für kleine und mittlere Unternehmen reguliert werden. Bisher geltende zeitliche Befristungen wurden aufgehoben. So ist etwa die Abschöpfung krisenbedingter Übergewinne (sog. „Windfall Profits“) und deren Umverteilung an Verbraucher*innen auch nach dem 30. Juni 2022 möglich. Eine Obergrenze von Gaspreisen für Gaskraftwerke, um den Strompreis zu senken, soll unter bestimmten Bedingungen für Regionen mit begrenzter Verbindungskapazität möglich sein. Bei einer weiteren Zuspitzung der Situation ist aber auch eine EU-weite Umsetzung möglich.
Für den Fall einer vollständigen Unterbrechung russischer Gaslieferungen fordert die EU-Kommission die EU-Mitgliedstaaten zur Aktualisierung ihrer Notfallpläne auf. In diesem Zusammenhang möchte die EU-Kommission die Erstellung eines koordinierten EU-Plans zur Verringerung der Nachfrage mit präventiven freiwilligen Begrenzungsmaßnahmen erleichtern. So könnten weniger betroffene EU-Mitgliedstaaten ihre Gasnachfrage zugunsten der stärker betroffenen Mitgliedstaaten verringern.
AK fordert Entkoppelung der Gaspreise von den Strompreisen
Die AK begrüßt die vorgestellten Maßnahmen der EU-Kommission und fordert EU-weit oder zumindest gemeinsam für Österreich und Deutschland die Einführung eines Gaspreisdeckels nach spanisch-portugiesischem Vorbild. Obwohl fast 80 % des österreichischen Stroms aus erneuerbaren Energien kommt, schlagen sich die aktuell extrem hohen Gaspreise direkt in den Strompreisen nieder – mit entsprechend gravierenden Auswirkungen für Gas- und Stromkund*innen. Nach Ansicht der AK muss dieser Zusammenhang durchbrochen werden, um die Stromverbraucher*innen nachhaltig zu entlasten. Nach dem Vorbild Spaniens und Portugals gilt es daher, rasch einen Gaspreisdeckel für stromerzeugende Gaskraftwerke einzuführen, um den Strompreis zu senken. Beide Länder deckeln den Gaspreis für Gaskraftwerke von derzeit über 200 Euro pro MWh auf zunächst 40 Euro pro MWh und später 50 Euro pro MWh. Dies führt dazu, dass der Strompreis auf rund 100 Euro pro MWh sinkt. Entsprechend stark wären die positiven Auswirkungen der gesunkenen Strompreise für private Haushalte, Gewerbekund*innen, aber auch für die energieintensive Industrie. Niedrigere Strompreise würden auch sicherstellen, dass sich Investitionen in Wärmepumpen, Elektroautos oder die Erzeugung von grünem Wasserstoff lohnen und der elektrische Schienenverkehr konkurrenzfähig bleibt. Dennoch bleibt der Strompreis hoch genug, um ausreichend Anreize für Investitionen in Erneuerbare Energie zu schaffen – auch ohne Förderungen. Der finanzielle Aufwand wäre relativ gering, denn der Gaspreisdeckel müsste nur für eine kleine Anzahl preisbestimmender Gaskraftwerke eingeführt werden. Die Kosten dafür könnten durch eine Sondersteuer finanziert werden, die jene Unternehmen betreffen soll, die weiterhin hohe krisenbedingte Übergewinne erzielen.
Weiterführende Informationen
EWSA-Stellungnahme zum Thema Energiepreise – Berichterstatter Thomas Kattnig, Mitglied des Bundespräsidiums der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, Alena Mastantuono und Lutz Ribbe
REPowerEU: Ein Plan zur raschen Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland und zur Beschleunigung des ökologischen Wandels
AK EUROPA: EU-Gasmarkt – Wasserstoff gezielt einsetzen!
AK EUROPA Positionspapier: Verordnung und Richtlinien zum Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt
AK EUROPA Positionspapier: Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden
Europäische Kommission: Energiemärkte – Kommission stellt kurzfristige Soforthilfemaßnahmen und Möglichkeiten für langfristige Verbesserungen vor
Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), Arbeiterkammer Wien, derstandard.at, Europäische Kommission;
EU prüft Mitgliedstaaten: Länderbericht für Österreich veröffentlicht
Im Zuge des Europäischen Semesters veröffentlicht die EU-Kommission jährlich Länderberichte und Länderspezifische Empfehlungen mit dem Ziel, die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten besser aufeinander abzustimmen. Der am 23. Mai 2022 vorgelegte Länderbericht zu Österreich enthält aus AK-Sicht positive Ansätze in einigen Bereichen.
Die EU-Kommission legt mit ihrem Frühjahrspaket 2022 des Europäischen Semesters den Grundstein für die künftige wirtschaftspolitische Ausrichtung: So wird eine höhere öffentliche Verschuldung in der derzeitigen Situation (Corona- und Energiekrise) eher in Kauf genommen als in Zeiten der neoliberalen Sparprogramme nach der Finanz- und Wirtschaftskrise. Seit mehreren Jahren wird nun in den Länderberichten und den Länderspezifischen Empfehlungen nicht mehr nur auf wirtschaftliche Indikatoren Bezug genommen, sondern im Sinne der europäischen Säule sozialer Rechte auch auf sozialpolitische Aspekte: Im Falle Österreichs legte die EU-Kommission in diesem Jahr insbesondere Empfehlungen hinsichtlich der Erwerbsbeteiligung von Frauen, dem Bildungssystem und dem Steuersystem vor.
Erfreulich ist insbesondere, dass sich die von der AK oft vorgebrachte Kritik am mangelnden Angebot von Kinderbetreuungseinrichtungen in Österreich von der EU-Kommission aufgegriffen wurde. Insbesondere Müttern wird dadurch eine aktivere Teilnahme am Arbeitsmarkt erschwert. Statt den benötigten 1,6 Milliarden Euro für einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung sehe Österreich nur 28 Millionen Euro vor. Die Kritik der EU an den sehr geringen Investitionen in die institutionelle Kinderbetreuung sollte daher als ein weiterer Anreiz für die österreichische Regierung gelten, das gemeinsame Forderungspapier der Sozialpartner und der Industriellenvereinigung zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf umzusetzen und die öffentlichen Investitionen in diesem Bereich deutlich anzuheben. Das deckt sich auf mit der Langzeitforderung der younion _ Die Daseinsgewerkschaft nach mehr Investitionen in die Elementarpädagogik – denn auch die kürzlich von der österreichischen Bundesregierung angekündigte „Kindergarten-Milliarde“ entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als reine PR-Masche. Dass ein flächendeckender Ausbau der Kinderbetreuung gleichzeitig auch ein wesentlicher Beitrag zum Abbau der großen Lohnschere zwischen Frauen und Männern (Gender Pay Gap) und des daraus resultierenden hohen „Gender Pension Gap“ wäre, wird im Länderbericht ebenfalls hervorgehoben.
Ein weiterer Kritikpunkt der EU-Kommission ist das Steuersystem, welches nach ihrer Einschätzung in Österreich fairer und „wachstumsfreundlicher“ gestaltet werden könnte. Die EU-Kommission empfiehlt daher eine Steuerstrukturreform, welche die Abgaben auf Arbeit deutlich verringert. Dies könne ihr zufolge explizit durch die Einführung einer Erbschafts- oder Schenkungssteuer ermöglicht werden, was eine langjährige Forderung der AK darstellt. Im Gegensatz dazu lehnt die AK die von der EU-Kommission empfohlene Senkung der Lohnnebenkosten klar ab, weil dies einer Kürzung der Sozialstaatsbeiträge seitens der Unternehmen gleichkomme, die gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten besonders dringend benötigt werden.
Kritisch anzumerken ist auch, dass die EU-Kommission keinen Handlungsbedarf im Bereich der Armutsbekämpfung sieht. Die aktuellen Teuerungen bei Wohnen, Energie und Lebensmitteln verschärfen das Armutsrisiko nach der Pandemie, insbesondere für Alleinerzieher*innen, Arbeitslose und Pensionist*innen.
Fiskalregeln weiterhin ausgesetzt
Die EU-Kommission hat des Weiteren darüber informiert, dass die Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspaktes im Jahr 2023 bestehen bleibt und im Herbst 2022 Leitlinien für eine mögliche Reform der wirtschaftspolitischen Steuerung vorlegt werden sollen. Die erheblichen Abwärtsrisiken, die in Bezug auf die Wirtschaftsaussichten im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine bestehen, die in beispiellosen Energiepreissteigerungen und die anhaltenden Störungen der Lieferketten resultieren, rechtfertigen die Verlängerung, so die EU-Kommission.
Positive Bewertung von AK und Gewerkschaften
Die Arbeiterkammer sowie der europäische Gewerkschaftsbund begrüßen die erneute Aussetzung des neoliberalen Spardiktats. Dies sei der richtige Schritt für Millionen von Arbeitnehmer*innen, die um ihr Auskommen kämpfen und Hilfe benötigen. Die Arbeiterkammer und Finance Watch weisen zusätzlich darauf hin, dass die geltenden EU-Wirtschaftsregeln nicht zweckmäßig sind und einer Reform bedürfen. Vielmehr benötige es eine goldene Investitionsregel, um öffentliche Investitionen für den sozial-ökologischen Wandel zu ermöglichen.
Weiterführende Informationen:
AK EUROPA: Entscheidende Phase zur sozialen Neuausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik
Arbeiterkammer Wien: EU-Länderbericht – Positive Ansätze
Quellen:
AK EUROPA (Österreichische Bundesarbeitskammer Büro Brüssel), Arbeit & Wirtschaft Blog, Arbeiterkammer Wien, Europäische Kommission, Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB), Europäischer Rat, Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), Rat der Europäischen Union, younion _ Die Daseinsgewerkschaft;